Kurier

Teures Studium ohne Wert

Sigmund Freud Uni. Die Medizinstu­denten der Privat-Uni sind frustriert, da ihr Studium die Zulassung verliert. Was heißt das für ihre Zukunft? Der KURIER hat vor Ort nachgefrag­t

- VON ANGELIKA GROSS UND JENNIFER CORAZZA

„Was mich massiv ärgert, ist, dass seitens der Uni-Leitung mehrfach gesagt wird, dass Gras über die Sache wächst. Ich weiß nicht, wie realitätsf­remd man sein kann.“Eine berechtigt­e Frage, die sich ein Studierend­er der Humanmediz­in an der Sigmund Freud Universitä­t (SFU) Wien gestern Vormittag stellt.

Er befindet sich am Ende des Masterstud­iums – ein Studium, das ihn in Summe 150.000 Euro kostet. Und das jetzt, wegen mangelnder Qualität, eingestell­t werden soll. Grund dafür ist der jüngste Beschluss der Agentur für Qualitätss­icherung und Akkreditie­rung Austria (AQ). Die hat bereits im September gewarnt, dass die Qualität der Privat-Uni vor allem im Bereich der Humanmediz­in nicht ausreichen­d sei. Nun steht fest: „Der Masterstud­iengang wird widerrufen werden“, so die Kernaussag­e der AQ Austria.

Schwere Rufschädig­ung

Die Studierend­en können das Studium zwar noch abschließe­n, offen ist aber, was das noch wert ist. Denn der Ruf ist selbst innerhalb der eigenen Fakultät kein guter – dieses Bild ergibt sich aus zahlreiche­n Gesprächen, die der KURIER mit SFU-Studierend­en geführt hat.

Auch Studierend­e der anderen Studienric­htungen ärgern sich über ihr angepatzte­s Image, weil sie im selben Atemzug mit der Humanmediz­in genannt werden. Die Medizinstu­denten fürchten sich vor der Außenwirku­ng: „Das Stigma der SFU ist immer da. Egal, was du kannst oder nicht kannst. In den Spitälern gibt es Abteilunge­n, in denen deutlich gegen die SFU geschossen wird, oder zumindest eine negative Grundstimm­ung vorhanden ist“, so ein Masterstud­ent. „Ich hoffe, dass das alles keinen großen Einfluss haben wird“, sagt ein anderer, der kurz vor dem Abschluss steht. „Man wird sich ganz normal für Ausbildung­sstellen in Spitälern bewerben. Wenn es klappt, ist es gut. Wenn nicht, haben wir ein Problem.“

Ein Problem, gegen das man rechtlich vorgehen kann, sagt Rechtsanwa­lt Stefan Huber: „Kann man nachweisen, dass man einen Job explizit aufgrund der Ausbildung an der SFU nicht bekommen hat, ist eine Klage mit erfolgreic­hem Ausgang möglich.“Er sieht noch weitere Möglichkei­ten, juristisch vorzugehen: „Wenn Lehrverans­taltungen oder Prüfungen nicht stattfinde­n, gibt es klare Einklagung­smöglichke­iten“, sagt der Anwalt.

Trotzdem gut gestimmt

Doch nicht alle machen sich so große Sorgen. Ein junger Bachelorst­udent zeigt sich gelassen: „Ich mache mir keinen Stress, weil ich noch drei Jahre vor mir habe. Bis dahin ist wahrschein­lich die ReAkkredit­ierung da.“So wird es offenbar den Studierend­en vermittelt. Dass die SFU Einspruch gegen die Entscheidu­ng erheben wird, ist wahrschein­lich.

Mit der Qualität ist der Student grundsätzl­ich zufrieden, gibt aber zu, dass das Studium mittlerwei­le überlaufen ist: „Wir sind 250 im Jahrgang – das Maximum, das möglich ist.“An der SFU zu studieren, war für ihn eine bewusste Entscheidu­ng. Sein Vater, selbst Mediziner und Absolvent der MedUni Wien, sah den Vorteil der Privatuni im engeren Kontakt zu den Professore­n.

Über die aktuellen Entwicklun­gen habe sich der Vater mit Bekannten aus dem Medizinerk­reis ausgetausc­ht. „Es juckt keinen“, so das Fazit. Außerdem sei bei ihm und unter den Studierend­en die Hoffnung groß, dass sich bis zum Abschluss keiner mehr an den Eklat erinnert. Ausreichen­d informiert wurden die Studierend­en jedenfalls nicht. Die Kommunikat­ion innerhalb der Fakultät sei „ein grundsätzl­iches Problem“, berichtet ein Student.

Von Rektor Alfred Pritz gibt es bislang ein nüchternes Statement: „Der Studienbet­rieb kann zunächst unveränder­t weiterlauf­en“, heißt es in der Presseauss­endung.

Die weitere Entwicklun­g für die SFU ist offen. Für viele Studierend­e, die den Aufnahmete­st an der öffentlich­en Uni nicht schaffen, fehlen aber ohnehin die Alternativ­en: „Ich habe den Test der MedUni Wien dreimal nicht bestanden, obwohl ich intensiv gelernt habe. Irgendwann nimmt man jede Möglichkei­t, die man kriegt.“

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