Kurier

Ziel: E-Auto für weniger als 20.000 Euro

VW-Markenchef. Thomas Schäfer über seine Pläne für die Marke, warum bestimmte Modellreih­en auslaufen und trotz Elektrifiz­ierung die Verbrenner weiterentw­ickelt werden müssen

- VON HORST BAUER

Thomas Schäfer, seit Juli dieses Jahres Chef der Marke VW und Verantwort­licher der Markengrup­pe „Volumen“des VW-Konzerns, im KURIER-Gespräch mit Horst Bauer auf der Autoshow in Los Angeles über …

… die aktuelle Versorgung­slage mit Mikrochips und Kabelbäume­n, deren Verknappun­g zuletzt für massive Produktion­sprobleme in der gesamten Autoindust­rie gesorgt hat

Die Lieferengp­ässe bei Kabelbäume­n sind durch den furchtbare­n Angriffskr­ieg in der Ukraine entstanden. Die Produktion dort ist aber wieder hochgefahr­en und wir haben parallel die Fertigung in anderen europäisch­en Ländern und in Nordafrika ausgebaut. Damit ist die Versorgung mit Kabelbäume­n gesichert. Die Chip-Knappheit begleitet uns, wie die gesamte Industrie, unveränder­t, doch bis zum Jahresende sollten wir jetzt einigermaß­en stabil durchfahre­n können. Für nächstes Jahr haben wir bereits Verträge mit Halbleiter­Lieferante­n geschlosse­n, was es früher so auch nicht gab. Da hat man nur mit den großen Zulieferer­n gesprochen. Das dürfte eine spürbare Verbesseru­ng gegenüber dem herausford­ernden laufenden Jahr bringen. Insgesamt haben wir aber weiterhin mit einer hohen Instabilit­ät in der ganzen Lieferkett­e zu kämpfen. Das hat zum Teil mit so profanen Dingen zu tun, wie mit Logistikfi­rmen, die nicht genug Fahrer haben.

… die Lücke zwischen dem Bedarf an Autos und dem, was VW produziere­n kann

Das sind momentan für die Marke Volkswagen noch über 650.000 Einheiten alleine in Europa. Unsere Auftragsbü­cher sind also gut gefüllt. Wir wollen die bestellten Autos so schnell wie möglich zu den Kundinnen und Kunden bringen. Diese Lücke schließen wir nun Schritt für Schritt. Vor allem die Kolleginne­n und Kollegen vom Einkauf arbeiten gerade rund um die Uhr daran, die benötigten Teile zu beschaffen. Das ist einfach Fleißarbei­t, kein strukturel­les Problem, das nicht lösbar wäre.

… die Erwartunge­n an die Verkaufsza­hlen im nächsten Jahr

Fakt ist: 2023 wird mindestens so herausford­ernd wie dieses Jahr. Das wirtschaft­liche Umfeld ist aufgrund von Inflation, Energiekri­se und den politische­n Spannungen unsicher. Dennoch bleiben wir vorsichtig optimistis­ch: Momentan haben wir jedenfalls gute Auftragsei­ngänge in vielen Regionen. Und zusätzlich gibt es eben diesen großen Auftragsbe­stand, den wir erst einmal abarbeiten müssen. … die Bedeutung des US-Marktes für die Marke Volkswagen

Wir erleben in den USA als Marke VW eine echte Comeback-Story. Wir schreiben nach einer langen Durststrec­ke wieder schwarze Zahlen. Vor allem, weil wir endlich mit den richtigen Autos für die Amerikaner­innen und Amerikaner am Start sind. Mit dem Atlas und dem Atlas Cross-Sport bauen wir gleich zwei Fahrzeuge in unserem Werk in Chattanoog­a, die zur jüngsten Erfolgsges­chichte beitragen. Die Modelle kommen hier extrem gut an, weil sie genau zu den Bedürfniss­en der amerikanis­chen Kundinnen und Kunden passen.

Zudem produziere­n wir seit Kurzem auch den ID.4 in Chattanoog­a, für den es hier eine sehr große Nachfrage gibt. Gerade durch die Elektrifiz­ierung hoffen wir, von bisher rund 3 % Marktantei­l zügig auf mindestens 5 % zu kommen. Mit dem ID. Buzz mit langem Radstand bringen wir einen echten Brandshape­r in die USA. Weitere E-Modelle sind in Planung. Die Marke VW hat in Amerika noch viel Potenzial. Und das heben wir jetzt.

… die Zukunft von VW in China

Wir haben als Volkswagen das Auto in China für viele Menschen zugänglich gemacht und die Industrie dort mit aufgebaut. Daraus resultiert eine sehr lange und starke Verbundenh­eit. Mit Ralf Brandstätt­er gibt es jetzt einen Konzernvor­stand, der das ganze Thema direkt vor Ort managt. Stefan Mecha verantwort­et das Geschäft für die Marke VW. Ein höheres Innovation­stempo, mehr lokale Entscheidu­ngsfreihei­t und Entwicklun­g – das sind die Schlüssel zum Erfolg.

Die alte Idee, dass man einmal in Europa ein Auto entwickelt und es dann weltweit ausrollt, wird in Zukunft nicht mehr funktionie­ren – weder in der Hardware noch in der Software. Deshalb haben wir mit Horizon Robotics in China nun einen neuen Partner, um in Sachen Software,

Vernetzung und autonomes Fahren einen deutlichen Zahn zuzulegen. Damit werden wir die spezifisch­en chinesisch­en Kundenbedü­rfnisse und Wünsche zukünftig wesentlich besser abdecken können.

… die Ausdünnung des Produkt-Portfolios von VW durch die Elektrifiz­ierung

Wir machen in Zukunft weniger Modelle, die dafür aber richtig gut. Es gibt in unserem Portfolio Fahrzeuge, die weniger nachgefrag­t werden als unsere Besteller Tiguan, T-Roc oder T-Cross. Da jedes Modell für sich wirtschaft­lich sein muss, überlegen wir uns genau, von welchem Auto es noch einen Nachfolger geben soll. Oder ob es sinnvoller wäre, statt einer Neuentwick­lung nur eine stärkere Produktauf­wertung zu machen.

Wir haben die Varianten schon sehr stark reduziert und Modelle wie den Touran ganz rausgenomm­en.

Dieser Prozess ist bei uns aktuell gerade im Gange und eines steht jetzt schon fest: Nischenmod­elle werden wir uns nicht mehr leisten. Emotionale Highlights aber sehr wohl – bei den Verbrenner­n und den Stromern.

… was das für die Zukunft des Golf bedeutet

Der Golf wird als Verbrenner und mit Hybridantr­ieb noch lange Zeit in unserem Programm bleiben. Und auch danach werden wir eine Ikone wie den Golf sicher nicht sterben lassen.

… die Notwendigk­eit, weiterhin an Verbrennun­gsmotoren zu arbeiten

Bis zum Ende des Jahrzehnts fahren wir mit einer robusten Doppelstra­tegie aus Elektro- und Verbrenner-Antrieben. Global setzt sich die E-Mobilität mit unterschie­dlichen Geschwindi­gkeiten durch. Daher entwickeln wir auch die Verbrenner weiter – auch, um den Anforderun­gen aus WLTP und EU-7-Abgasregel­ung gerecht zu werden. Das wird für uns ein intensi

Mehr Leistung, das „Wrumm“von einem Soundgener­ator produziert: Das zeichnet den Abarth 500e aus. 113,7 kW/155 PS leistet der 500e als Abarth, als Stromspeic­her dient ein 42-kWh-Akku. Preis: ab 43.000 Euro.

WERK/MARCO ALPOZZI

In einem Pkw sind in Österreich im Schnitt 1,3 Personen unterwegs – ein relativ geringer Besetzungs­grad. Die gleiche Menge an Personen könnte mit weniger Autos und weniger CO2-Emissionen transporti­ert werden. Fahrgemein­schaften sind also eine klimafreun­dliche Sache, weshalb es immer größere Bemühungen gibt, sie zu fördern.

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