Kurier

Schwedisch­es Brüderpaar im Dienste des Kremls

Männer jahrelang für Geheimdien­st tätig

- JENS MATTERN

Vom „schlimmste­n Spionagefa­ll Schwedens“spricht Joakim von Braun, ExGeheimdi­enstler des Königreich­es, gegenüber dem öffentlich-rechtliche­n Fernsehen svt: Seit Freitag werden zwei Brüder vor Gericht in Stockholm befragt. Der Vorwurf: zehn Jahre lang Spionage für Russlands Militärgeh­eimdienst GRU. Der Medienandr­ang ist enorm, die Gerichtstü­ren sind verschloss­en, die Zeugen geheim und viele Fragen offen.

Der Ältere, Peyman Kia (42), soll eine Karriere im schwedisch­en Militärgeh­eimdienst „Must“und im Inlandsgeh­eimdienst „Säpo“durchlaufe­n haben. Der Jüngere, Payam Kia (35), sei für den Kontakt mit Russland und die Abwicklung der Bezahlung zuständig gewesen; auch er war für „Säpo“tätig. Beide besitzen die schwedisch­e Staatsbürg­erschaft, stammen ursprüngli­ch aus dem Iran. Die Brüder wurden bereits im September 2021 gefasst.

Über Jahrhunder­te sieht sich Schweden durch Russland beziehungs­weise die Sowjetunio­n bedroht, im Juni wurde zusammen mit Finnland Antrag auf Mitgliedsc­haft in der NATO gestellt. „Russenfurc­ht“ist hier ein geflügelte­s Wort.

Kritik am Geheimdien­st

Fredrik Bynander, Dozent der Hochschule für Verteidigu­ng in Stockholm, kritisiert im Rahmen des Falles auch die Situation der Geheimdien­ste: Diese stünden zu sehr unter Druck, Resultate zu liefern und Kosten zu sparen, sodass die Sicherheit zu kurz komme. Kritisiert wird auch, wie eine Person in zwei Geheimdien­sten Karriere machen konnte. So soll einer der Inhaftiert­en auch für das „Büro für besondere Beschaffun­gen“(KSI) gewirkt haben, der geheimsten Abteilung der Streitkräf­te des Königreich­s. Dort wird versucht, Agenten anderer Länder mit wichtigem Dokumenten­zugang abzuwerben. Viele der Angeworben­en könnten nun „wertlos“sein, in Russland würden einige sogar in Lebensgefa­hr schweben.

Agententät­igkeit spielt sich heute oft auf digitaler Ebene ab. Im Falle der Brüder jedoch sollen die klassische­n „toten Briefkäste­n“zum Zuge gekommen sein: So sollen in einem mit einer Tür verschloss­enen Wasserzähl­er einer öffentlich­en Toilette in Uppsala geheime Dokumente hinterlegt worden sein.

Derzeit häufen sich Spionage-Affären in Schweden: Zuletzt wurde ein älteres Ehepaar in einem gediegenen Stockholme­r Vorort geschnappt, das lange eine schwedisch­e Durchschni­ttsexisten­z vorgelebt hatte. Die beiden waren in den 90ern aus Russland eingewande­rt und sind wohl vom Kreml als Agenten aufgebaut worden.

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