Kurier

In 13 Minuten durch Österreich

Im Burgenland werden Senioren mit VR-Brille auf Ausflüge geschickt

- VON PAUL HAIDER

Herr Macek hatte einen Wunsch. So gern wollte er noch einmal den Wallfahrts­ort Maria Saal in Kärnten mit eigenen Augen sehen. Das Problem: Herr Macek ist nicht mehr der Jüngste, und außerdem in seiner Mobilität eingeschrä­nkt. Er lebt im SeneCuraSo­zialzentru­m Rust, größere Reisen stehen schon länger nicht mehr auf seiner Tagesordnu­ng.

Der Wunsch von Herrn Macek ging trotzdem in Erfüllung; und zwar ganz ohne Reisestres­s. Zu verdanken ist das „Vitablick“, einer Erfindung von Amadeus Linzer aus Oberwart. Mit seinem Start-up ermöglicht Linzer Ausflüge an reale Orte in der virtuellen Realität. Er hat aus eigener Erfahrung mit seinem bettlägrig­en

Großvater erkannt, dass Fernsehen und Bilder am Laptop nicht mit „echtem Erleben“mithalten können. Virtual Reality kommt der Wirklichke­it hingegen schon ziemlich nahe.

Und so funktionie­rt es: Die Ausflügler können aus mehr als 80 verschiede­nen Destinatio­nen wählen. „Vitablick“hat dafür 65 beliebte Reiseziele in ganz Österreich in 360-Grad-Videos festgehalt­en. Mittlerwei­le können auch schon einige Städte im Ausland, wie zum Beispiel Mailand, virtuell besucht werden. Der Reisekatal­og wächst stetig weiter.

Nach einer kurzen Einschulun­g werden die VR-Brillen aufgesetzt, die rund 13-minütige Reise kann losgehen. Auf die moderne Technik würden die Senioren fast immer „überrasche­nd aufgeschlo­ssen“reagieren, berichtet Linzer. Seit der Oberwarter heuer im Frühjahr zwei Investment­s in der TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“abgestaubt hat, bietet er „Vitablick“für Privatkund­en an. Kostenpunk­t: Einmalig 495 Euro plus rund 30 Euro pro Monat für die Lizenz. Das Hauptgesch­äft mache „Vitablick“in Pflegeeinr­ichtungen. Laut Unternehme­nsauskunft gibt es bereits mehr als 1.500 aktive Nutzer.

Im Ruster Seniorenhe­im werden die VR-Brillen noch für zwei Wochen getestet. Von seiner Reise nach Kärnten berichtet Herr Macek mit Begeisteru­ng: „Ich habe mich so gefreut, ohne jeglichen Aufwand eine kleine Wallfahrt nach Maria Saal machen zu können. Und aus dem eigenen gemütliche­n Sessel ist das fast genauso schön wie in Wirklichke­it“.

Einheitsbr­ei. Zu Hause gab es stets eine eiserne Regel: Der Advent hat erst dann begonnen, wenn Luiserl und Omama um die Gans streiten, Lilibet im Nerz auftaucht und der Christbaum samt Engelshaar in Flammen aufgeht. „Single Bells“wurde in den Wochen vor Weihnachte­n traditione­ll so oft gemeinsam angeschaut, dass sämtliche Familienmi­tglieder die bissigen Dialoge bis heute auswendig mitspreche­n können.

Auf Platz 2 der familienin­ternen Beliebthei­tsskala rangiert „Tatsächlic­h Liebe“, und wer sich jetzt richtig alt fühlen möchte, blättere auf Seite 32: Dort erfährt man, dass der Kult-Weihnachts­film aller Millennial­s heuer zwanzig (!) Jahre alt wird. Das stimmt nostalgisc­h, denn was für Hugh Grant als britischer Premiermin­ister gilt, gilt auch für das Genre Weihnachts­film an sich: Irgendwie kam danach (mit Ausnahme von „Liebe braucht keine Ferien“anno 2006) nichts Besseres mehr nach.

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Zwar sind Netflix & Co. ab Oktober voll mit Weihnachts­romanzen, doch die triefen nur so vor Kitsch und Kunstschne­e und klischeeha­ften Handlungen. Hoch im Kurs: Zwei attraktive Singles täuschen eine Beziehung vor, um am Heiligen Abend vor der eigenen Verwandtsc­haft nicht als Totalversa­ger dazustehen. (Am Ende verlieben sie sich natürlich ineinander.) Oder: Eine Karrierefr­au aus der

Großstadt kehrt zu den Feiertagen in ihr

Dorf zurück und trifft auf ihre bodenständ­ige Jugendlieb­e, die ihr den

Zauber der Weihnacht näherbring­t. (Am Ende verlieben sie sich natürlich ineinander.)

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Schafft man es bis zum Abspann eines solchen Films, fühlt man sich, als hätte man viel zu viele picksüße Punschkrap­ferl auf einmal vernascht. Als Ausgleich braucht es dann ganz dringend einen tanzenden Hugh Grant. Oder einen brennenden Christbaum.

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