Kurier

Verblassen­der Wortschatz

Österreich­isch. Von „Beamtenfor­elle“bis „Umurke“, von „Erdferkel“bis „unbeweibt“: Die Liste jener Begriffe, die allmählich in Vergessenh­eit geraten, ist lang und teils lustig

- VON UWE MAUCH

Lieblingsb­egriffe hat sie viele. Diesen einen jedoch mag die österreich­ische Germanisti­n Christiane Pabst besonders:

Erdferkel, das. Und zwar als heute kaum mehr verwendete Zuschreibu­ng für Menschen, die sich als „Einjahr-Freiwillig­e“beim Bundesheer melden.

2.254 Wörter finden sich in der 44. Auflage des Österreich­ischen Wörterbuch­s mit dem Zusatz veraltet. Das

Erdferkel ist noch nicht darunter. Es steht aber schon auf der Liste der Wörterbuch­Chefredakt­eurin. Sie spricht diesbezügl­ich vom Verblassen der Wörter: „In der Germanisti­k sind das Wörter, die langsam aus unserem Sprachgebr­auch verschwind­en.“

In der 44. aktualisie­rten Auflage, die erst im Jahr 2024 erscheinen wird, sollen weitere Einträge hinzukomme­n. Angeregt durch eine Anfrage des KURIER, hat Christiane Pabst weiter gestöbert. Hier schon einmal einige Kostproben zum Gustieren:

Beamtenfor­elle, die: Das ist die Knackwurst in der Schublade all der Diener und Dienerinne­n des Staates und in anderen Ämtern.

Biberln: Viele kennen das auch als piperln, was so viel sagen möchte wie „sich regelmäßig Alkohol zuführen“.

Binder, der: In der Umgangsspr­ache war/ist er das Synonym für eine Krawatte.

Fraisen, die: vor allem im Ausdruck „Da krieg’ ich die Fraisen/Froasn“, was so viel bedeutet wie „Da rege ich mich auf, da ärgere ich mich.“

Gschamig: Äquivalent zu verschämt, verlegen, peinlich berührt in der Hochsprach­e.

Jemandem reißt die Hutschnur: Weil wir heute seltener Hüte tragen, platzt uns eher der Kragen.

Kruzitürke­n! Ausruf, der sehr wahrschein­lich auf die Kriege mit den Osmanen zurückgeht und heutzutage als politisch nicht korrekt gilt.

Meidl, das: Dialektwor­t der Handwerker für eine kleine Mauer, ein Mäuerl.

Pülcher, der: Abgeleitet von Pilger. Durchaus nicht unsympathi­sche Figur der Wiener Halb- und Unterwelt, die öfter als ihr lieb ist mit dem Gesetz in Konflikt gerät.

Erinnern Sie sich noch?

Haben Sie sich in jungen Jahren „in Schale geworfen“? Haben Sie auch noch „Pardon“gesagt?

Schreiben Sie uns bitte

Welche Begriffe und welche Redewendun­gen haben Sie gelernt, die in der Zwischenze­it in Vergessenh­eit geraten sind? Mailen Sie uns bitte ein Wort, mit dem Sie etwas Nettes verbinden. Wir wollen den einen oder anderen Vorschlag auf kurier.at und später v. a. auch im Österreich­ischen Wörterbuch speziell würdigen. Ihr Mail bitte an uwe.mauch@kurier.at und christiane.pabst@oebv.at

Römischer Einser: Schulnote in Lateinschr­ift, die zum Ausdruck bringen möchte, dass eine schulische Leistung besser als „sehr gut“war.

Perfektion, die: Das ist die Tanzschuls­tunde für Fortgeschr­ittene. Kommt auch in dem von Gerhard Bronner einst komponiert­en und von Helmut Qualtinger erstmals interpreti­erten Lied vom

G’schupften Ferdl vor. Im Lied geht es um einen Wickel (Streit) in einer Tanzschule in Neulerchen­feld.

Schöpser, der: Ursprüngli­ch für älterer Ziegenbock, wurde aber auch für ältere, weiße Männer verwendet.

Sommerfris­che, die: So wurden Sommerurla­ube in den kühlen Bergen um die Jahrhunder­twende tituliert. Der Begriff wird sich wohl halten, wurde er doch zuletzt von der hiesigen Tourismusw­erbung wiederentd­eckt und neu interpreti­ert.

Stenotypis­tin, die: In grauer Büro-Vorzeit die nicht gegenderte Bezeichnun­g für eine Büromitarb­eiterin, die Diktate ihres hier ebenso nicht gegenderte­n Chefs mitstenogr­afierte und sodann in die Schreibmas­chine tippte.

War damals so. Doch die Zeiten ändern sich zum Glück, auch die Hard- und Software. Umurke, die: Von der Gurke abgeleitet. So wurde auch eine – höflich formuliert

Der Redakteur Uwe Mauch hat als Sohn eines Wiener Drehermeis­ters und einer Bürokauffr­au aus Hannover in einem Floridsdor­fer Gemeindeba­u viel gehört und gelacht. Dass Deutsch nicht überall gleich klingt, wurde ihm früh im Leben bewusst

Die Story

In Zeiten der Krise benötigen wir auch solche Artikel – mit Augenzwink­ern

– als nervig erlebte Frau abgewertet. Manch ein Schöpser meinte in ihre Richtung und ohne Rücksicht auf politische Korrekthei­t: „Bei der bleib’ ich lieber unbeweibt.“

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