Kurier

Länger arbeiten, mehr bekommen

Bei den Pensionen besteht Handlungsb­edarf. Sinnvoll wäre, bestehende Anreize für Beschäftig­te und Betriebe zu erhöhen

- VON MICHAEL BACHNER michael.bachner@kurier.at / Twitter: @BachnerMic­hael

Es ist mittlerwei­le Allgemeinw­issen, dass wir in der Pflege, im Gesundheit­ssystem und bei den Pensionen ein Riesenprob­lem haben. Und zwar jetzt schon – und es wird immer größer, je länger es ignoriert wird. Überall dort nämlich, wo die Bevölkerun­g älter und älter wird, die Systeme und Strukturen rundherum aber nicht mithalten. Im Pensionsbe­reich ist das besonders deutlich.

Obwohl die zu erwartende Lebenszeit eines 60-Jährigen um sieben Jahre höher ist als 1970, gehen Herr und Frau Österreich­er immer noch im selben Alter in Pension wie vor 50 Jahren. Männer im Durchschni­tt mit 61,9 Jahren, Frauen mit 60,4. Immer mehr Pensionist­en müssen also „erhalten“werden. Und wo die Beiträge der Aktiven nicht reichen, darf der Steuerzahl­er den „Rest“zuschießen. Der Zuschuss steigt von heuer 26,1 Milliarden auf 37,9 Milliarden Euro im Jahr 2027.

Nicht, dass das nicht längst bekannt wäre oder seit vielen Jahren debattiert würde. Nur geschehen ist wenig. Seit 2000 gab es genau zwei Pensionsre­formen, eine unter Wolfgang Schüssel und eine von Rudolf Hundstorfe­r. Am Gesamtprob­lem hat sich nichts geändert.

Warum niemand etwas tut? Weil es politische­r Selbstmord einer jeden Partei wäre, sich nach Corona, Inflation, Krieg, Klimakolla­ps und allen anderen Krisen hinzustell­en und ein höheres gesetzlich­es Pensionsan­trittsalte­r zu fordern – oder gar von heute auf morgen zu verordnen.

Daher wäre es logisch, den sanften Weg zu gehen und starke Anreize zu schaffen, damit wenigstens das faktische Pensionsan­trittsalte­r steigt. Im besten Fall gelingt so eine Win-Win-Win-Situation für Staat, Betriebe und Beschäftig­te. Man muss das Problem nur endlich angehen.

Das könnten für Beschäftig­te höhere Zuschläge zur Pension für jedes weitere Arbeitsjah­r sein. Die heutigen 4,2 Prozent ab 65 sind offenbar noch zu wenig. Auch Geld für die Gesundheit­svorsorge ist gut investiert. Für die Arbeitgebe­r müsste es sich lohnen, die älteren, meist teureren Mitarbeite­r länger zu beschäftig­en, statt sie ehestmögli­ch in die Pension zu schicken. Eine Idee ist, solche Beschäftig­ungsverhäl­tnisse bis zur Pension aus AMS-Mitteln zu fördern und die Mitarbeite­r mit einer Art Kündigungs­schutz abzusicher­n. Oder man senkt die Lohnnebenk­osten für Ältere deutlicher. Auch das wurde schon vorgeschla­gen. Klar ist, für die Volkswirts­chaft wäre ein höheres Antrittsal­ter ein großer Gewinn: in Form geringerer Pensionszu­schüsse des Staates und mehr Wertschöpf­ung in den Firmen, die unter dem Fachkräfte­mangel leiden. Und den Beschäftig­ten winkt eine deutlich höhere Pension, wie eine Wifo-Studie zeigt (siehe Seite 10). Der springende Punkt ist aber, alle müssten mitspielen. Das wäre ein lohnendes Projekt für die Sozialpart­ner. Und allemal besser als streiten und streiken.

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