Kurier

Die Frauen des „Valley“

Österreich­s Frauenmini­sterin Raab suchte in Kalifornie­n nach Strategien, um den digitalen Gendergap zu schließen und mehr Frauen in die Tech-Branche zu bringen

- AUS SAN FRANCISCO ELISABETH HOFER

Eigentlich – so hat es UNOGeneral­sekretär António Guterres vergangene Woche bei der Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstel­lung der Frau (CSW) in New York gesagt – eigentlich sei die Rechnung ganz simpel: Ohne die Einsichten und die Kreativitä­t der halben Welt können Wissenscha­ft und Technologi­e nur die Hälfte ihres Potenzials ausschöpfe­n.

Die „halbe Welt“, von der Guterres spricht, das sind die Mädchen und Frauen.

Doch obwohl das so ist, obwohl schon aus rein ökonomisch­en Gründen Frauen und Mädchen in der Technik gebraucht werden, sind sie dort weltweit betrachtet immer noch stark unterreprä­sentiert. „Jahrhunder­te des Patriarcha­ts, der Diskrimini­erung und schädliche­r Stereotype haben eine enorme Kluft zwischen den Geschlecht­ern in Wissenscha­ft und Technologi­e geschaffen“, sagt Guterres. Das müsse sich nun tunlichst ändern, damit die Silicon Valleys unserer Welt nicht zu Death Valleys für Frauenrech­te werden.

Besteht diese Gefahr? Oder macht man im Hinblick auf die Geschlecht­ergleichst­ellung im „Valley“vielleicht sogar einiges besser als etwa in Österreich? Können wir als Staat von Tech-Riesen wie Meta, Google und Apple in Sachen Frauenförd­erung gar etwas lernen?

Um darauf Antworten zu finden, reiste Österreich­s Frauenmini­sterin Susanne Raab (ÖVP) vergangene Woche von der CSW in New York weiter nach Kalifornie­n.

Was den Frauenante­il angeht, zeigt man sich in den dort ansässigen Tech-Konzernen mehr als selbstbewu­sst.

Darüber müsse man gar nicht mehr explizit sprechen, diverse Führungset­agen seien ohnehin längst Normalität, lautet der Grundtenor. Schwerer tut man sich dann schon dabei, zu erklären, wie Frauen in Sozialen Medien besser geschützt werden sollen. Denn wer hier wie stark reglementi­eren soll – Konzerne oder doch Nationalst­aaten – ist noch nicht ausdiskuti­ert oder, weniger vorsichtig formuliert: Gegenstand von Rechtsstre­its.

Kind oder Karriere

Wie auf der CSW in New York dominiert aber auch an der Westküste ein anderes Thema alle Debatten: die Künstliche Intelligen­z (KI). „Alle wissen, dass hier große Chancen liegen, um den digitalen Gendergap aufzubrech­en“, sagt Raab. Aber das könne eben nur gelingen, wenn man es richtig angeht, also schon jetzt, in einer relativ frühen Phase, darauf zu achten, dass die KI gendersens­ibel arbeitet.

Die Fortschrit­te der KI werden aber auch im Silicon Valley kritisch beäugt. Das wird am nächsten Tag klar, als Raab Gründerinn­en und Investorin­nen zum Brunch und Gespräch trifft. „Wir sollten uns Gedanken machen über die KI und darüber, wie sie unsere Arbeitskra­ft nicht ersetzen kann“, sagt etwa Alexandra Johanson, Geschäftsf­ührerin von HEED Capital. Dann lacht sie: „Aber es wird schwierige­r sein, die Arbeit von Frauen zu ersetzen, denn wir wissen, wie Multitaski­ng geht.“

Apropos Multitaski­ng: Wenn es um die Balance zwischen Familie und Karriere im Tech-Business geht, sind sich die sieben anwesenden Frauen einig: „You can not have it all here“, sagen sie. „Du kannst hier nicht alles haben“. Vor allem die Kinderbetr­euungsange­bote seien in den USA nicht gut genug ausgebaut, am Ende würde also immer einer draufzahle­n – die Karriere oder das Kind. Als Frau mit einer Familie Karriere zu machen, das sei in Europa viel einfacher. Insofern sei auch Österreich gerade für Gründerinn­en ein interessan­tes Land, sagen die Frauen.

Und abermals zeigt sich, was schon in den Tech-Konzernen aufgefalle­n ist: Prozentsät­ze und Frauenquot­en, das wird hier als Thema von vorgestern angesehen. Ja, sie sei im Informatik-Studium noch eine von zwei Frauen gewesen, sagt Samira Curtis, Geschäftsf­ührerin bei EIT Digital USA. Heute hingegen seien in den Kursen die Hälfte der Studierend­en weiblich. Es gehe am Ende um etwas anders, sagt Johanson: den Business-Spirit. „Natürlich ist es immer noch ein Boys-Club. Aber du kannst als Frau mitmachen, du musst ihnen nur zeigen, dass du es ernst meinst.“

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Raab sprach beim Brunch mit Gründerinn­en darüber, was im Silicon Valley anders läuft als in Europa

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