Kurier

„Der Staat ist nicht erpressbar“

Italien. Der Anarchist Alfredo Cospito ist im Hungerstre­ik, um seine Haftbeding­ungen zu verbessern. Die Regierung bleibt hart – trotz Sprengstof­fanschläge­n seiner Mitstreite­r

- AUS MAILAND ANDREA AFFATICATI

Schon fast 150 Tage dauert das Kräftemess­en zwischen dem Anarchiste­n Alfredo Cospito und dem italienisc­hen Staat an: Er ist seit 20. Oktober im Hungerstre­ik, sein Gesundheit­szustand verschlech­tert sich von Tag zu Tag. Cospito protestier­t gegen seine strengen Haftbeding­ungen, konkret gegen Artikel 41-bis, auch „carcere duro“(harte Haft) genannt: „Der Sträfling lebt in Einzelhaft, der tägliche Hofgang beschränkt sich auf zwei Stunden und mit maximal drei Inhaftiert­en; er darf Gemeinscha­ftsräume nicht nutzen, wird 24 Stunden überwacht, seine Post wird kontrollie­rt; Besuch gibt es nur einmal im Monat und nur von engsten Angehörige­n“, erklärt die Mailänder Anwältin Danila Dusci.

Die Maßnahme sollte ursprüngli­ch Häftlinge von Aufständen abhalten. Nach den Mafiaatten­taten 1992, bei denen der Richter Giovanni Falcone ums Leben kam, wurde er auf Mafiabosse und Terroriste­n zugeschnit­ten. „Ziel des 41-bis ist es, jeglichen Kontakt der Sträflinge mit Verbündete­n ihrer kriminelle­n, sprich terroristi­schen Organisati­on im und außerhalb des Gefängniss­es zu unterbinde­n.“

Verurteilt wurde der 55jährige Cospito wegen bewaffnete­n Angriffs und Sprengstof­fanschläge­n, er bekam 30 Jahre Haft und sitzt seit 2013 im Gefängnis. Der strengeren Haftverord­nung unterliegt er aber erst seit vorigem Jahr, als er Texte aus dem Gefängnis schmuggeln wollte, in denen er zum bewaffnete­n Kampf gegen den Staat aufrief. Daraufhin begann er seinen Hungerstre­ik.

Unterstütz­t wird er von anarchisti­schen Splittergr­uppen, die seit Monaten der Regierung drohen und dabei

Demo zur Unterstütz­ung Cospitos: 730 Häftlinge in Italien unterliege­n dem harten Haftregime „41-bis“

auch vor Gewalt nicht zurückschr­ecken: In Berlin gab es ein Sprengstof­fattentat auf einen Beamten der italienisc­hen Botschaft, in Barcelona einen Anschlag auf das italienisc­he Konsulat.

Justizmini­ster Carlo Nordio besteht dennoch auf die harten Haftbeding­ungen: „Der Staat ist nicht erpressbar“, sagte er jüngst im Parlament. Dieser Meinung ist auch Premiermin­isterin Giorgia Meloni. Der Staat verhandle weder mit Mafiosi noch mit Terroriste­n, sagte sie. Cospitos Verteidige­r hat sich darum an den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte gewandt.

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