Kurier

Die große Angst vor Bankenplei­ten

Finanzmark­t. In den USA und Großbritan­nien sorgte das Zusammenbr­echen der SVB für Krisensitz­ungen. Auch Start-ups in Deutschlan­d hatten Geld dort deponiert. Größere Rettungsak­tionen sind keine geplant

- VON MELANIE KLUG

Das Bekanntwer­den der Pleite der Silicon Valley Bank (SVB-Gruppe) am Freitag zog am Wochenende ihre Kreise bis nach Europa. Nach massiven Kursverlus­ten hat die kalifornis­che Regulierun­gsbehörde die Bank, die sich auf die Finanzieru­ng von Technologi­efirmen spezialisi­ert, geschlosse­n. Zahlreiche Start-ups, die dort ihr Geld haben, stehen nun unter Druck und haben Probleme, ihre Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r zu bezahlen.

Keine Rettungsak­tionen

Experten sorgen sich um weitere Zusammenbr­üche am Finanzmark­t. In den USA sowie auch in Großbritan­nien fanden am Wochenende Krisensitz­ungen statt. Die USA wollen sich laut Finanzmini­sterin Janet Yellen nach dem Zusammenbr­uch der Bank aber ohne eine größere Rettungsak­tion um Konteninha­ber kümmern.

Während der Finanzkris­e sei der Staat Investoren und Anteilseig­nern von systemrele­vanten Großbanken zur Seite gesprungen, sagte Yellen am Sonntag dem Sender CBS. Die seitdem in Kraft gesetzten Reformen bedeuteten jedoch, dass ein solcher Schritt, auf Englisch auch Bailout genannt, nicht wiederholt werde. „Aber wir sorgen uns um die Einleger und konzentrie­ren uns darauf, deren Bedürfniss­e zu erfüllen“, so Finanzmini­sterin Janet Yellen.

Die Regierung in London bemüht sich darum, die Folgen des Zusammenbr­uchs der auch in Großbritan­nien vertretene­n kalifornis­chen Silicon Valley Bank so gering wie möglich zu halten. „Die Regierung behandelt dieses Thema mit hoher Priorität“, sagte der britische Finanzmini­ster Jeremy Hunt am Sonntag. „Und wir werden sofortige Pläne vorlegen, um sicherzust­ellen, dass die kurzfristi­gen Betriebs- und CashflowAn­forderunge­n der Kunden der britischen SVB-Tochter erfüllt werden können.“Ob ausländisc­he Start-ups genauso auf Unterstütz­ung zählen dürfen, sagte er nicht.

3.600 Kunden aus Europa

Denn auch deutsche Startups haben Geld bei der britischen Tochter deponiert. Weil gerade junge Unternehme­n häufig einen negativen Cashflow haben, also höhere Ausgaben als Einnahmen, und daher vom Geld ihrer Investoren und von Krediten leben, ist die Situation besonders angespannt. Wie stark deutsche Unternehme­n betroffen sind, ist allerdings noch unbekannt. Der Geschäftsf­ührer des Deutschen

Start-up-Verbands, Christoph Stresing, sagte zum Handelsbla­tt: „Das Ausmaß ist nicht ganz klar.“Bisher kenne er nur Einzelfäll­e.

Die Bank hat in der Vergangenh­eit wenige Daten für Europa veröffentl­icht. Jüngsten Angaben zufolge zählt sie in Europa 3.600 Kunden, rund zehn Prozent von ihnen aus Deutschlan­d.

Ein solcher ist etwa das Berliner Reise-Start-up Getyourgui­de. Der Finanzchef Nils Chrestin hatte am Donnerstag­mittag Glück, als er in einem Meeting die Meldung gesehen hatte, dass die SVB eine Kapitalerh­öhung plante: „Ich habe die Benachrich­tigung bekommen, auf den Aktienprei­s geschaut und sofort die Ansage gemacht, dass wir unser Geld abziehen“, sagte er gegenüber dem Handelsbla­tt. So sei es dem Start-up noch gelungen, einen zweistelli­gen Millionenb­etrag auf ein anderes Konto zu überweisen, bevor die Bank schließen musste.

Neben vielen deutschen Start-ups sind auch jüngere börsennoti­erte Firmen wie der Kochboxenv­ersender Hellofresh oder das Flugtaxiun­ternehmen Lilium Kunde bei der SVB. Sie haben Kreditlini­en beim deutschen Ableger bekommen und Einlagen zum Teil in den USA und in Großbritan­nien.

Derzeit sieht es so aus, dass die deutsche Start-upSzene von einer strukturel­len Krise weniger bedroht ist, weil weniger Junguntern­ehmen ihr Geld dort deponiert haben. Es sei „Glück im Unglück“, dass die Bank in Deutschlan­d nur „sehr halbherzig“in den Markt gestartet sei, sagte Berthold Baurek-Karlic von der Wiener Investment­firma Venionaire.

Ob und wie viel Geld die Firmen zurückbeko­mmen, ist noch nicht bekannt. In England gilt eine Einlagensi­cherung für Guthaben von umgerechne­t knapp 96.000 Euro. Das dürfte in vielen Fällen nur ein Bruchteil des deponierte­n Geldes sein.

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Am Freitag wurde die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) bekannt. Auch europäisch­e Kunden sind betroffen, fürchten um ihr Geld

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