Kurier

Ein Fußball-Idol mit politische­m Kick

Gary Lineker. Der 62-Jährige war verehrter Stürmer, Saubermann und hat sich als geschätzte­r TV-Experte selten ein Blatt vor den Mund genommen – jetzt stürzte er die in eine veritable Krise

- VON GÜNTHER PAVLOVICS

Die „Lineker Road“führt durch ein Arbeitervi­ertel mit Reihenhäus­ern aus roten Ziegeln zum Fußballsta­dion von Leicester. Der 62-jährige Gary Lineker ist einer der bekanntest­en Söhne der Stadt in den englischen East Midlands, mit 350.000 Einwohnern rund eine Stunde von London entfernt. Lineker ist mit Sicherheit der bekanntest­e Fußballer, den Leicester City hervorgebr­acht hat. Er galt in den 1980er-Jahren als bester englischer Stürmer und ist mit zehn Treffern Rekordtors­chütze der englischen Nationalma­nnschaft bei Weltmeiste­rschaften. Auf Vereinsebe­ne spielte er unter anderem für Leicester City, Everton, Barcelona und Tottenham.

Mit 33 Jahren beendete Lineker im Jahr 1994 seine Karriere und wechselte direkt vor die TV-Kameras. Auch dort erfreute er sich mit fundierter Expertise und spitzen Worten großer Beliebthei­t. Schon 1999 wurde er Frontmann von „Match of the Day“ bei der BBC. Der ehemalige Stürmer gilt mit einem Grundgehal­t von 1,35 Millionen Pfund (1,51 Millionen Euro) als bestbezahl­ter BBCExperte. Lineker hat auf Twitter mittlerwei­le 8,8 Millionen Follower. Im Herbst 2014 gründete er mit seinem 29jährigen Sohn Harry die TVProdukti­onsfirma Goalhanger Films.

Ohne gelb und rot

Während seiner 16 Jahre dauernden Profikarri­ere erhielt er weder eine gelbe noch eine rote Karte. Auch nach seiner Karriere praktizier­te er Fair Play und setzt sich für Mitmensche­n ein. Lineker engagiert sich als Botschafte­r für „Show Racism the Red Card“. Vielleicht hat ihn auch seine Jugend in Leicester geprägt. Neben London, Luton und Slough ist Leicester eine von vier Großstädte­n, in denen Einwandere­r und deren Nachfahren die Mehrheit bilden. Zwischen 2001 und 2015 sank der Anteil der „white Britons“ohne Migrations­hintergrun­d von

Asyl verwehren soll. Braverman hatte in diesem Zusammenha­ng von einer „Invasion“von Bootsflüch­tlingen gesprochen. Die britische Regierung will Migranten, die ohne offizielle Erlaubnis einreisen, zunächst in Unterkünft­en festhalten und dann nach Ruanda oder in andere Staaten ausweisen.

Kommentarl­os

Die BBC sah durch Lineker ihre Richtlinie­n zur Unabhängig­keit ihrer Mitarbeite­r verletzt. Der wollte für seine Wortwahl nicht entschuldi­gen. Die BBC hatte daher am Freitag mitgeteilt, dass Lineker die Sendung am Samstag nicht moderieren werde. Danach hatten auch die Experten und Ex-Fußballer Ian Wright und Alan Shearer angekündig­t, nicht in der Sendung erscheinen zu wollen. Weitere Fußballexp­erten und

BBC-Mitarbeite­r schlossen sich an. Die englische ProfiFußba­llergewerk­schaft PFA teilte am Samstag mit, sie unterstütz­e Spieler, die für die Sendung keine Interviews geben wollten.

Die wichtigste Fußballsen­dung Englands wurde zum Politikum über Flüchtling­spolitik und Pressefrei­heit. „Match of the Day“wurde Samstag und Sonntag als Spieltags-Zusammenfa­ssung ohne Moderation, Experten und Interviews gesendet. Andere Fußballsen­dungen der

BBC mussten abgesagt werden. Sonntag wurde das Frauen-Spiel Chelsea gegen Manchester United ohne

BBC-Kommentar übertragen.

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Star: Gary Lineker hat zehn Mal bei Weltmeiste­rschaften getroffen, so oft wie kein anderer Engländer
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