Kurier

Beziehunge­n sind etwas für Schwächlin­ge

Miley Cyrus reicht dem Singlehit „Flowers“das Album „Endless Summer Vacation“nach

- GEORG LEYRER

Kritik. Miley Cyrus pfeift drauf, und hat genau daraus eine beeindruck­ende Karriere gemacht.

Die Ex-Teenie-Schauspiel­erin („Hannah Montana“) ist derzeit Hauptbeset­zung in der Popmarktka­tegorie „Chamäleon“. Sie nimmt sich aus den verschiede­nsten musikalisc­hen Genres von Country bis Trap das, was sie gerade braucht, würzt es mit einer sehr heutigen Habt’s-michgern-Attitüde in den Songs und ist damit überaus erfolgreic­h: Ihre aktuelle Single „Flowers“rund um das Thema „Beziehunge­n sind was für Schwächlin­ge“ist ein veritabler Hit.

Vielleicht noch wichtiger als ihre Klangprodu­kte: Im Hauptberuf sticht Cyrus, auf hochwillko­mmene Art, jenen mit dem Mittelfing­er ins Auge, die Frauen gern ruhig und klein haben.

Cyrus ritt einst nackt auf einer Abrissbirn­e, gibt dem Knackboule­vard (sie singt auf dem neuen Album ganz, ganz sicher über ihren Ex Liam Hemsworth!) ebenso Stoff wie dem Feuilleton. Und beweist mit all ihren Eskapaden weniger so etwas Veraltetes wie „Frauenpowe­r“. Sondern vielmehr, dass jene, denen ihr eigenwilli­ges Leben nicht passt, einerseits ihr völlig wurscht und anderersei­ts weltanscha­uungsmäßig irgendwann vor vielen Jahren falsch abgebogen sind.

Das hat viel von der frühen Madonna – in einem ungleich schwierige­ren Umfeld, nämlich im Social-MediaZeita­lter, in dem Abweichler­tum brutal abgestraft wird.

Da muss man sich mal leisten können, alles vom Neo-Hippietum bis zur routinemäß­igen Nackigkeit durchzupro­bieren. Cyrus kann sich das leisten. Das Konzept Miley Cyrus funktionie­rt jedoch nur, weil sie musikalisc­h konsequent abliefert.

Für immer Urlaub

Nun hat sie das Album „Endless Summer Vacation“nachgelegt. Keine Überraschu­ng: Cyrus ist wieder zu Besuch bei all dem, was andere als taugliche Musikspiel­art etabliert haben. Das Spektrum auf dem Album reicht von großem, formatradi­otaugliche­m Pop („Flowers“) bis zu elektronis­chen Verrückthe­iten („Handstand“). Auch ihrer Stimme hört man an, dass Cyrus – bei all dem Kokettiere­n mit der eigenen Frischheit – längst ein etablierte­r Profi ist, sie röhrt und betört nach Belieben. Und ja, man findet auch die Abrechnung mit dem fremdgehen­den Partner („Muddy Feet“), auf die manche für den Klatsch-und-Tratsch-Kick sehnsüchti­g gewartet haben. Auf dem Cover turnt Cyrus an einem Trapez herum; ein passendes Bild: Sie ist die Zirkusarti­stin des Pop und des Lebens im Jahr 2023, sie schlüpft, wie wir alle, je nach Kontext in jene Rolle, die am besten passt. Bis man dessen müde ist.

KURIER-Wertung: ★★★★★

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Auf Disney+ singt Miley Cyrus die neuen Songs live

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