Beziehungen sind etwas für Schwächlinge
Miley Cyrus reicht dem Singlehit „Flowers“das Album „Endless Summer Vacation“nach
Kritik. Miley Cyrus pfeift drauf, und hat genau daraus eine beeindruckende Karriere gemacht.
Die Ex-Teenie-Schauspielerin („Hannah Montana“) ist derzeit Hauptbesetzung in der Popmarktkategorie „Chamäleon“. Sie nimmt sich aus den verschiedensten musikalischen Genres von Country bis Trap das, was sie gerade braucht, würzt es mit einer sehr heutigen Habt’s-michgern-Attitüde in den Songs und ist damit überaus erfolgreich: Ihre aktuelle Single „Flowers“rund um das Thema „Beziehungen sind was für Schwächlinge“ist ein veritabler Hit.
Vielleicht noch wichtiger als ihre Klangprodukte: Im Hauptberuf sticht Cyrus, auf hochwillkommene Art, jenen mit dem Mittelfinger ins Auge, die Frauen gern ruhig und klein haben.
Cyrus ritt einst nackt auf einer Abrissbirne, gibt dem Knackboulevard (sie singt auf dem neuen Album ganz, ganz sicher über ihren Ex Liam Hemsworth!) ebenso Stoff wie dem Feuilleton. Und beweist mit all ihren Eskapaden weniger so etwas Veraltetes wie „Frauenpower“. Sondern vielmehr, dass jene, denen ihr eigenwilliges Leben nicht passt, einerseits ihr völlig wurscht und andererseits weltanschauungsmäßig irgendwann vor vielen Jahren falsch abgebogen sind.
Das hat viel von der frühen Madonna – in einem ungleich schwierigeren Umfeld, nämlich im Social-MediaZeitalter, in dem Abweichlertum brutal abgestraft wird.
Da muss man sich mal leisten können, alles vom Neo-Hippietum bis zur routinemäßigen Nackigkeit durchzuprobieren. Cyrus kann sich das leisten. Das Konzept Miley Cyrus funktioniert jedoch nur, weil sie musikalisch konsequent abliefert.
Für immer Urlaub
Nun hat sie das Album „Endless Summer Vacation“nachgelegt. Keine Überraschung: Cyrus ist wieder zu Besuch bei all dem, was andere als taugliche Musikspielart etabliert haben. Das Spektrum auf dem Album reicht von großem, formatradiotauglichem Pop („Flowers“) bis zu elektronischen Verrücktheiten („Handstand“). Auch ihrer Stimme hört man an, dass Cyrus – bei all dem Kokettieren mit der eigenen Frischheit – längst ein etablierter Profi ist, sie röhrt und betört nach Belieben. Und ja, man findet auch die Abrechnung mit dem fremdgehenden Partner („Muddy Feet“), auf die manche für den Klatsch-und-Tratsch-Kick sehnsüchtig gewartet haben. Auf dem Cover turnt Cyrus an einem Trapez herum; ein passendes Bild: Sie ist die Zirkusartistin des Pop und des Lebens im Jahr 2023, sie schlüpft, wie wir alle, je nach Kontext in jene Rolle, die am besten passt. Bis man dessen müde ist.
KURIER-Wertung: ★★★★★