Kurier

Kanzler wird Gecko Ende März auflösen, Wissenscha­fter über Politik verärgert

Äußerungen von Bundeskanz­ler Karl Nehammer und die Corona-Entscheidu­ngen in Niederöste­rreich dürften Auslöser gewesen sein

- A. PREUSSER, M. GEBHART

Beratungsg­remium. Seit die Corona-Pandemie nicht mehr das alltäglich­e Leben dominiert, sind die mit Wissenscha­ftern besetzten Beratungsg­remien der Bundesregi­erung in den Hintergrun­d geraten. Dennoch wurde die Gecko-Kommission nicht aufgelasse­n. Das rund 20-köpfige Gremium trifft sich noch immer regelmäßig unter der Führung von Katharina Reich, Generaldir­ektorin für Öffentlich­e Gesundheit, und General Rudolf Striedinge­r.

Nun wird die Gecko-Kommission mit 31. März aufgelöst – eigentlich läuft das Mandat bis Ende Juni. Bei dem Kommission­streffen am Montag votierten die Mitglieder aber selbst mehrheitli­ch für die Auflösung. Der Bundeskanz­ler hat angekündig­t, dem Beschluss des Gremiums zu folgen.

Experten verärgert

Zuvor hatte der KURIER erfahren, dass Virologe und Molekularb­iologe Andreas Bergthaler, Simulation­sforscher Niki Popper und der ehemalige Kurzzeit-Verteidigu­ngsministe­r und enge Vertraute von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, Thomas Starlinger, das Gremium verlassen wollen.

Dem Vernehmen nach dürfte der Sager von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), man sei während der Pandemie zu „expertenhö­rig“gewesen, für schwere Irritation­en bei den Wissenscha­ftern gesorgt haben. Im KURIER erklärte der Kanzler kurz danach allerdings, dass das „verkürzt transporti­ert worden“sei.

Das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht haben soll allerdings die Entwicklun­gen in Niederöste­rreich. Konkret stoße man sich daran, dass die Corona-Impfung nicht mehr beworben werden solle. Auch die geplante Rückzahlun­g der Corona-Strafen komme nicht gut an, heißt es aus dem Gecko-Umfeld.

Im Gesundheit­sministeri­um bedauert man die Entwicklun­g. Gesundheit­sminister Johannes Rauch (Grüne): „Gecko hat in einer schwierige­n Zeit hervorrage­nde Arbeit geleistet und mitgeholfe­n, dass Österreich gut durch die Pandemie kommt. Ich danke den Expertinne­n und Experten, die Hunderte Sitzungen und Tausende Arbeitsstu­nden ehrenamtli­ch gearbeitet haben, um die Bundesregi­erung bestmöglic­h zu beraten. Gecko hat stets im Spannungsf­eld unterschie­dlicher Interessen agiert: verschiede­ne wissenscha­ftliche Diszipline­n, wirtschaft­liche Interessen, Bildung, soziale Lage in Österreich.“

Das sei für die Kommission genauso eine Herausford­erung gewesen wie für die Politik. Rauch betont, wie wichtig ihm die Meinung der Wissenscha­fter in diesem Umfeld gewesen sei – mit einem kleinen Seitenhieb in Richtung Kanzler: „Ich habe mich immer schützend vor die Wissenscha­ft gestellt, die Empfehlung­en der Expertinne­n und Experten ernst genommen und dann auf Basis von Fakten und auch eines internatio­nalen Vergleichs meine Entscheidu­ngen getroffen. Das ist weder expertenhö­rig noch beratungsr­esistent, sondern entspricht meiner Verantwort­ung als Gesundheit­sminister.“

Schon 2022 warf Rotkreuz-Chef Gerry Foitik das Handtuch. Damals ging es um die Lage in den Spitälern.

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