„Linz ist die große Schwester der Kulturhauptstadt Bad Ischl“Marie-Louise Schnurpfeil.
Die neue Leiterin des Linz Tourismus über den Schiffsverkehr, Nächtigungszahlen und internationale Vorbilder
Der Ausblick vom Büro im 9. Stock legt alles offen und Linz zu Füßen. Seit rund drei Monaten ist MarieLouise Schnurpfeil Geschäftsführerin des Linz Tourismus und somit Nachfolgerin von Georg Steiner. Im KURIER-Interview erklärt die 39-Jährige, was sie unter nachhaltigem Tourismus versteht, warum es Sinn macht, dass Schiffe in Linz anlegen und wo sich die Stadt 2024 zwischen Kulturhauptstadt und Brucknerjahr positionieren wird.
Wie ist der Status quo im Frühjahrstourismus? Das Wetter war ja schlecht. Hat sich das auf die Nächtigungen niedergeschlagen?
Wir erfreuen uns sensationeller Nächtigungszahlen. Seit Jänner ist es im hohen, zweistelligen Bereich, dass wir Nächtigungszuwächse haben, wenn wir sie zu den Monaten des Vorjahres vergleichen. Das hat für uns aber nicht die stärkste Aussagekraft und deswegen stellen wir Vergleiche zu 2019 an. Und selbst da ist das Nächtigungsplus im zweistelligen Bereich. Anfang des Jahres war es viel Geschäftstourismus, jetzt im Frühjahr mit den Zwickeltagen haben wir viele Freizeit- und Individualgäste. Auch das Fahrradwetter
bringt Leute zu uns. Die Frequenz ist auch aufgrund des wieder aufkommenden Schiffsverkehrs ganz klar da, da sind wir allerdings noch nicht auf dem Vor-Covid-Niveau, sondern bei rund 50 Prozent. Das hat auch mit dem mehrjährigen Planungsaufwand zu tun.
Der Schiffsverkehr in der Stadt ist ein zweischneidiges Schwert: Es gibt ja immer wieder Punkte, die zu Diskussionen führen, etwa der Müll.
Der Punkt ist, dass es durch den Schiffstourismus definitiv eine Wertschöpfung in der Stadt gibt. Jeder zweite Gast, der hier vom Schiff geht, macht eine Führung, schaut sich die Stadt an, konsumiert im Handel und der Gastronomie, sprich der Linzer Stadttourismus profitiert davon. Das muss man anerkennen. Das belegt auch eine Studie, die wir diesbezüglich mit dem Donau Tourismus gemacht haben. Man muss aufpassen, dass das Thema nicht aus Sicht der Einheimischen aus einer subjektiven Wahrnehmungsebene heraus diskutiert wird. Die Zuständigkeiten
sind alle klar geregelt und funktionieren auch.
Warum sollte jemand, der noch nie in Linz war, herkommen? Warum sollte jemand wiederkommen?
Weil Linz eine attraktive Verbindung aus Kultur, Natur und Stadterlebnis bietet. Das alles in einer sehr günstigen Verkehrslage und Erreichbarkeit. Weil es in diesem Spannungsbogen geografisch zwischen Salzburg und Wien eine tolle Ergänzung zum bewährten Kulturangebot ist. Weil Linz sich hier auch permanent beweist und überrascht. Somit gibt es bei jedem Besuch neue Facetten zu entdecken.
2024 wird ein aufregendes Jahr für Oberösterreich. Wie wird die Rolle von Linz zwischen Kulturhauptstadt und Brucknerjubiläum angelegt sein?
Was Letzteres betrifft, sehen wir uns als Dynamo und Kraftgeber im Sinne der eingeschlagenen Kooperation zwischen Stadt und Land. Wir wollen schauen, dass das Kulturangebot optimal mit dem Nächtigungsangebot verbunden wird. Wir wollen die Hardcore-Brucknerfans genauso erreichen wie die Medium- oder Light-Brucknerfans. Zur Kulturhauptstadt gibt es die Verbindung, dass es eine Besonderheit ist, dass zwei Kulturhauptstädte
im selben Bundesland beheimatet sind. Da sehen wir uns in der Rolle der großen Schwester und wollen einen bestmöglichen Austausch von Gästen gewährleisten, die zwischen dem Salzkammergut und Linz hin- und herpendeln.
Sie haben zuerst Tourismus für eine ländliche Region gemacht. Was sind nun die Unterschiede?
Allen voran natürlich das Produkt, das hier auf einer anderen Bühne stattfindet. Nach einer Eingewöhnungsphase von drei, vier Monaten ist aber schon alles in Fleisch und Blut übergegangen.
Was muss eine Stadt leisten und bieten, damit sie zukunftstauglich wird?
Nachhaltigkeit und Innovation sind wichtig. Ersteres gehört im touristischen Kontext auf jeden Fall über die Mobilität besprochen. Da sind wir in einer begünstigten Lage hier an der Bahn. Aber es geht auch darum, die Mobilität vor Ort so grün wie möglich zu halten, sei es zum Beispiel über die eCar
Marie-Louise Schnurpfeil wurde 1984 in Steyr geboren. Die Oberösterreicherin hat in Krems Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft studiert. In ihrer Diplomarbeit „Europäische Kulturhauptstadt 2009“beschäftigte sie sich bereits damals mit Linz
Die 39-Jährige, die ab 2018 Geschäftsführerin im Tourismusverband Pyhrn-Priel war, spricht sechs Sprachen und reist gerne