Nachhaltiger Akku mit Vanille
Energie. Forscher der TU Graz entwickeln eine umweltverträgliche Batterie. Das Besondere daran: Statt schädlichen Materialien und Seltenen Erden kommt ein bekannter Aromastoff zum Einsatz
Den blumig-süßen Duft von Vanillin kennt man von Backwaren wie Vanillekipferl oder Eiscreme und anderen Desserts. Manchmal findet der Aromastoff aber auch außergewöhnlichere Anwendungen. Etwa als Elektrolyt-Material für Flüssigbatterien – sogenannte Redox-Flow-Batterien. Diese können große Energiemengen speichern und eignen sich für eine unterbrechungsfreie Energieversorgung, etwa in Spitälern oder Kraftwerken.
Gegenüber gängigen Lithium-Ionen-Batterien weisen sie eine geringere Brandgefahr auf und sind generell langlebiger. Ihre Elektrolyte, also die Substanzen, die die Ionen von der positiven zur negativen Elektrode und zurück leiten, bestehen allerdings aus ökologisch bedenklichen Schwermetallen oder Seltenen Erden.
Biobasierter Reststoff
2020 gelang es Forschern rund um Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz, solche Batterien umweltfreundlicher zu machen. Dabei wurde Vanillin in ein redoxaktives ElektrolytMaterial verwandelt. Dadurch kann es also mit anderen Molekülen chemisch reagieren und Elektronen austauschen. „Es hat sich herausnicht gestellt, dass sich Vanillin als Elektrolyt-Material gut eignet, weil es mit simplen Methoden veredelt und stabilisiert werden kann, um in Batterien zum Einsatz kommen zu können. Weiters kann es aus biobasierten Reststoffen gewonnen werden, wodurch keinerlei kritische Rohstoffe benötigt werden“, sagt der Forscher Spirk im KURIERGespräch.
Vanillin wird aus dem natürlichen Stoff Lignin gewonnen, der in der Papierherstellung als Abfall vorkommt. Spirk arbeitet im Forschungsprojekt VanillaFlow nun auch daran, die gesamte Zusammensetzung des VanillinSpeichers sowie die Prozesse nachhaltig zu gestalten.
KI optimiert Prozesse
Designt wird dieser umweltfreundliche Stromspeicher mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen (ML). „Im Prinzip gibt es in dem Projekt mehrere Level, auf der die KI uns bei der Entwicklung einer optimierten Batterie unterstützt. Dies betrifft speziell das MolekülDesign, wobei wir hier erwarten, dass Strukturen vorgeschlagen werden, die wir am Radar hatten“, so der Forscher. Auf der zweiten Ebene werden die Interaktionen zwischen den anderen Komponenten und den redoxaktiven Molekülen von der KI optimiert. Auf dem dritten Level werde schließlich der Betrieb der Batterie über die KI optimiert.
„Die Daten, mit denen die KI gefüttert wird, kommen aus der wissenschaftlichen Literatur sowie aus eigenen Projekten der letzten fünf Jahre“, so Spirk. Generell würden Algorithmen und Modelle entwickelt und im Anschluss mit den vorhandenen Datensätzen auf Validität getestet.
Membran und Elektrode
Das Forschungsteam arbeite aktuell daran, jede Komponente weiterzuentwickeln und sie in Kombinationen zu verwenden. Entstanden ist etwa eine papierbasierte Membran – eine Art Trennwand, die Kurzschlüsse vermeidet und für Ionen durchlässig ist. „Wir haben in einem anderen Projekt bereits gezeigt, dass Papiermembranen wesentliche Vorteile gegenüber zur Zeit verwendeten Materialien aufweisen. Ein
Unsicherheitsfaktor ist jedoch die Langlebigkeit, die wir im Projekt untersuchen werden“, so der Wissenschafter.
Bei der Elektrode setzt das Team auf Kohlenstoff-Vlies, das Strom zum Stromabnehmer transportiert. „Dieser muss elektrisch sehr leitfähig sein – es darf sich aber nichts darauf ablagern, sonst ist er irgendwann nicht mehr leitfähig.“Die Herausforderung hier sei demnach, Ablagerungen auf dem Vlies im Betrieb zu vermeiden.
Größerer Prototyp
Um die ideale Zusammensetzung der Speicherflüssigkeit zu ermitteln, werden die vielversprechendsten KI-Ergebnisse im Labor entwickelt und getestet. „Aktuell arbeiten wir daran, einen ersten größeren Prototypen zu installieren, der hoffentlich noch heuer oder in der ersten Jahreshälfte 2024 in Betrieb genommen wird“, so Spirk. Das fertige Produkt werde dann voraussichtlich ein Jahr später verfügbar sein.
Ziel ist es, die ersten größeren Stromspeicher im Start-up Ecolyte, das von Stefan Spirk gegründet wurde, einzusetzen. Der Investor verfüge dort über mehrere Windräder sowie ein kleines Wasserkraftwerk. Die Batterie werde also im stationären Bereich zur Speicherung von Überschussstrom zum Einsatz kommen und könne als Zwischenspeicher fungieren. Neben Ecolyte sind weitere Institute der TU Graz an VanillaFlow beteiligt.
Das Projekt wird im Rahmen der EIC Pathfinder Challenge des European Innovation Council mit fast fünf Millionen Euro gefördert.
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