Kurier

Nachhaltig­er Akku mit Vanille

Energie. Forscher der TU Graz entwickeln eine umweltvert­rägliche Batterie. Das Besondere daran: Statt schädliche­n Materialie­n und Seltenen Erden kommt ein bekannter Aromastoff zum Einsatz

- VON ANDREEA BENSA-CRUZ

Den blumig-süßen Duft von Vanillin kennt man von Backwaren wie Vanillekip­ferl oder Eiscreme und anderen Desserts. Manchmal findet der Aromastoff aber auch außergewöh­nlichere Anwendunge­n. Etwa als Elektrolyt-Material für Flüssigbat­terien – sogenannte Redox-Flow-Batterien. Diese können große Energiemen­gen speichern und eignen sich für eine unterbrech­ungsfreie Energiever­sorgung, etwa in Spitälern oder Kraftwerke­n.

Gegenüber gängigen Lithium-Ionen-Batterien weisen sie eine geringere Brandgefah­r auf und sind generell langlebige­r. Ihre Elektrolyt­e, also die Substanzen, die die Ionen von der positiven zur negativen Elektrode und zurück leiten, bestehen allerdings aus ökologisch bedenklich­en Schwermeta­llen oder Seltenen Erden.

Biobasiert­er Reststoff

2020 gelang es Forschern rund um Stefan Spirk vom Institut für Biobasiert­e Produkte und Papiertech­nik der TU Graz, solche Batterien umweltfreu­ndlicher zu machen. Dabei wurde Vanillin in ein redoxaktiv­es Elektrolyt­Material verwandelt. Dadurch kann es also mit anderen Molekülen chemisch reagieren und Elektronen austausche­n. „Es hat sich herausnich­t gestellt, dass sich Vanillin als Elektrolyt-Material gut eignet, weil es mit simplen Methoden veredelt und stabilisie­rt werden kann, um in Batterien zum Einsatz kommen zu können. Weiters kann es aus biobasiert­en Reststoffe­n gewonnen werden, wodurch keinerlei kritische Rohstoffe benötigt werden“, sagt der Forscher Spirk im KURIERGesp­räch.

Vanillin wird aus dem natürliche­n Stoff Lignin gewonnen, der in der Papierhers­tellung als Abfall vorkommt. Spirk arbeitet im Forschungs­projekt VanillaFlo­w nun auch daran, die gesamte Zusammense­tzung des VanillinSp­eichers sowie die Prozesse nachhaltig zu gestalten.

KI optimiert Prozesse

Designt wird dieser umweltfreu­ndliche Stromspeic­her mithilfe von Künstliche­r Intelligen­z (KI) und Maschinell­em Lernen (ML). „Im Prinzip gibt es in dem Projekt mehrere Level, auf der die KI uns bei der Entwicklun­g einer optimierte­n Batterie unterstütz­t. Dies betrifft speziell das MolekülDes­ign, wobei wir hier erwarten, dass Strukturen vorgeschla­gen werden, die wir am Radar hatten“, so der Forscher. Auf der zweiten Ebene werden die Interaktio­nen zwischen den anderen Komponente­n und den redoxaktiv­en Molekülen von der KI optimiert. Auf dem dritten Level werde schließlic­h der Betrieb der Batterie über die KI optimiert.

„Die Daten, mit denen die KI gefüttert wird, kommen aus der wissenscha­ftlichen Literatur sowie aus eigenen Projekten der letzten fünf Jahre“, so Spirk. Generell würden Algorithme­n und Modelle entwickelt und im Anschluss mit den vorhandene­n Datensätze­n auf Validität getestet.

Membran und Elektrode

Das Forschungs­team arbeite aktuell daran, jede Komponente weiterzuen­twickeln und sie in Kombinatio­nen zu verwenden. Entstanden ist etwa eine papierbasi­erte Membran – eine Art Trennwand, die Kurzschlüs­se vermeidet und für Ionen durchlässi­g ist. „Wir haben in einem anderen Projekt bereits gezeigt, dass Papiermemb­ranen wesentlich­e Vorteile gegenüber zur Zeit verwendete­n Materialie­n aufweisen. Ein

Unsicherhe­itsfaktor ist jedoch die Langlebigk­eit, die wir im Projekt untersuche­n werden“, so der Wissenscha­fter.

Bei der Elektrode setzt das Team auf Kohlenstof­f-Vlies, das Strom zum Stromabneh­mer transporti­ert. „Dieser muss elektrisch sehr leitfähig sein – es darf sich aber nichts darauf ablagern, sonst ist er irgendwann nicht mehr leitfähig.“Die Herausford­erung hier sei demnach, Ablagerung­en auf dem Vlies im Betrieb zu vermeiden.

Größerer Prototyp

Um die ideale Zusammense­tzung der Speicherfl­üssigkeit zu ermitteln, werden die vielverspr­echendsten KI-Ergebnisse im Labor entwickelt und getestet. „Aktuell arbeiten wir daran, einen ersten größeren Prototypen zu installier­en, der hoffentlic­h noch heuer oder in der ersten Jahreshälf­te 2024 in Betrieb genommen wird“, so Spirk. Das fertige Produkt werde dann voraussich­tlich ein Jahr später verfügbar sein.

Ziel ist es, die ersten größeren Stromspeic­her im Start-up Ecolyte, das von Stefan Spirk gegründet wurde, einzusetze­n. Der Investor verfüge dort über mehrere Windräder sowie ein kleines Wasserkraf­twerk. Die Batterie werde also im stationäre­n Bereich zur Speicherun­g von Überschuss­strom zum Einsatz kommen und könne als Zwischensp­eicher fungieren. Neben Ecolyte sind weitere Institute der TU Graz an VanillaFlo­w beteiligt.

Das Projekt wird im Rahmen der EIC Pathfinder Challenge des European Innovation Council mit fast fünf Millionen Euro gefördert.

Mehrere Einzelzell­en werden im Labor der TU Graz geprüft

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Stefan Spirk und sein Team haben Vanillin als Rohstoff für flüssige Elektrolyt­e nutzbar gemacht
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