Berühmt gewordene Lehrer
Große Karrieren. Thomas Gottschalk, Alexander Graham Bell, Anna Freud, Ludwig Wittgenstein, Stefan Weber, Sylvester Stallone, Hugh Jackman, Joanne K. Rowling und Stephen King begannen als Pädagogen
Kaum ein anderer Beruf steht derzeit so im Mittelpunkt wie der der Lehrerinnen und Lehrer. Denn um keinen anderen Beruf herrscht ein solches Griss wie um diesen, fehlen in Österreich doch rund 8.000 Pädagogen. Für einen Beruf, der das Leben künftiger Generationen entscheidend formt. Nicht jeder Lehrer blieb bei seinen Leisten. So mancher schaffte die ganz große Karriere.
So war Anna Freud Lehrerin an der privaten Wiener Volksund Mittelschule Cottage-Lyzeum, Vorgängerin des heutigen Billrothgymnasiums. Sigmund Freuds Tochter unterrichtete im Schuljahr 1917/18 in der 1. Volksschulklasse das Fach „Schreiben“– in einer Klasse mit 51 Schülerinnen! Im Archiv der Schule findet sich der Brief einer Schülerin, die sich an Anna Freud als „sehr liebe Lehrerin“erinnert. Ihre Erziehungsmethode blieb für die Schülerin prägend. Da sie sehr scheu war, bestärkte sie die Lehrerin, sich insbesondere von den Buben nichts gefallen zu lassen. „Der Erfolg dieser Therapie war durchschlagend“, schreibt die Schülerin. „Als ich nach der Volksschule in ein vorwiegend von Buben besuchtes Gymnasium übertrat, warnte ein Professor die Buben mit den Worten: ,Mit der fangt’s euch nichts an, die pickt euch an die Wand.’“
Auch als Anna Freud nicht mehr Lehrerin war, widmete sie sich der Kinderbetreuung mittels Kindergärten und Psychoanalyse. 1938 begleitete sie ihren Vater in die Emigration nach England.
Der vielleicht berühmteste aller Lehrer war der aus Edinburgh stammende Alexander Graham Bell, der Erfinder des Telefons. Er unterrichtete an einer Taubstummenschule und kam 1876 auf die Idee, den „Fernsprechapparat“zu entwickeln. Gerade weil er sich im Umgang mit Gehörlosen
intensiv der Erforschung der menschlichen Sprache widmete, entdeckte Bell das Prinzip des „sprechenden Telefons“: Aus den beim Sprechen verursachten Schallüber wellen entstehen – eine eingebaute Membrane – Vibrationen, die am anderen Ende der Leitung wieder in Schallwellen umgewandelt werden. Es dauerte eine Zeit lang, bis sich seine revolutionäre Erfindung durchsetzte, da die britische Regierung das Gerät mit dem Hinweis ablehnte: „Es besteht kein Bedarf für eine derartige Einrichtung, da die Postbehörde über genügend Botenjungen verfügt, die in der Lage sind, schriftliche Mitteilungen persönlich zu überbringen.“
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Ludwig Wittgenstein war, ehe er einer der bedeutendsten Philosophen des 20. Jahrhunderts wurde, Volksschullehrer. Nach der Lehrerbildungsanstalt wurde der 1889 in Wien geborene Industriellensohn als Lehrer in Trattenbach bei Neunkirchen eingestellt. Doch er fühlte sich als Pädagoge nicht wohl, hatte Auseinandersetzungen mit Kindern und Eltern, wechselte nach Puchberg am Schneeberg und Otterthal.
Seine Tätigkeit als Lehrer endete mit einem Skandal:
Wittgenstein schlug einem elfjährigen Schüler auf den Kopf, der daraufhin das Bewusstsein verlor. Immerhin erkannte er jetzt, dass er als Lehrer für kleine Kinder nicht geeignet war. Er kündigte, wurde Gärtner, ehe er sich seines früheren Philosophiestudiums erinnerte. Er ersann aufsehenerregende Theorien, zuletzt auch der Mathematik und der Psychologie und starb 1951 in Cambridge, wo er zuletzt gelehrt hatte.
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Wer die Auftritte des „Skandalrockers“Stefan Weber mit Drahdiwaberl, „der wildesten Band von Wien“, je gesehen hat, kann sich nur schwer vorstellen, dass der Mann gleichzeitig Gymnasialprofessor war. Und doch: Nach dem Grafikstudium unterrichtete Weber 30 Jahre lang Zeichnen und Werken am Wiener Realgymnasium Waltergasse. „Die Konservativen“, sagte er, „wollten mich als Lehrer abschießen“. Aber der Direktor schützte ihn und ließ Weber seine Skandalauftritte absolvieren. Mit einer Einschränkung: „Ich hab’s vermieden, auf der Bühne nackt zu sein.“Dafür zertrümmerte er Mikrofonanlagen und andere Gerätschaften. Weber musste im Jahr 2000 wegen seiner Parkinsonkrankheit als Lehrer in Frühpension gehen, er starb 2017 im Alter von 71 Jahren.
Als Sportlehrer finanzierten die Filmstars Sylvester Stallone und Hugh Jackman ihre Studien.
Auch Thomas Gottschalk
war Lehrer, ehe er der beliebteste Showmaster im deutschen Sprachraum wurde. Der 1950 in Bamberg geborene Sohn eines Rechtsanwalts studierte in München Geschichte und Germanistik für das Grund- und Hauptschullehramt, nachdem er schon im Gymnasium Nachhilfeunterricht gegeben hatte. Mit 21 Jahren jobbte er nebenbei als Radiomoderator bei Bayern 3,
fünf Jahre später entdeckte ihn die ARD fürs Fernsehen, worauf er sich vom Lehramt endgültig verabschiedete.
„Wäre ich nicht Entertainer geworden“, sagte er einmal, „stünde ich jetzt vor einer Tafel mit Kreidestaub in meinen Locken und mehr als 20 Kinder würden mir mehr oder weniger zuhören“. Bei Wetten, dass . . ? hörten ihm dann bis zu 15 Millionen Menschen pro Sendung zu.
Die britische Schriftstellerin Joanne K. Rowling schuf mit Harry Potter eine der erfolgreichsten Romanfiguren aller Zeiten. Sie hatte 1987 an der Universität von Exeter ihr Studium für Französisch und Klassische Altertumswissenschaften abgeschlossen und war dann zwei Jahre in Paris und Lissabon als Englischlehrerin tätig, wo sie in ihren freien Stunden an ihrem ersten Buch zu schreiben begann. J. K. Rowling, die als alleinerziehende Mutter eine Zeit lang von der Sozialhilfe lebte, hat mittlerweile weltweit 500 Millionen Bücher verkauft, ihr Vermögen wird auf 920 Millionen Euro geschätzt.
Ein anderer Bestsellerautor ist Stephen King. Er unterrichtete in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Maine Englisch, verdiente aber zu wenig, um seine Familie ernähren zu können, weshalb er nachts als Bügler in einer Wäscherei arbeitete. Diese Tätigkeit inspirierte ihn zu seinem ersten Roman mit dem Titel Der Wäschemangler. Heute zählt der 75-Jährige zu den meistgelesenen Autoren der Welt, er ist vor allem durch seine Horrorromane bekannt.
Lehrer zu sein ist ein wunderbarer Beruf. Es soll allerdings Tätigkeiten geben, in denen man über ein etwas höheres Einkommen verfügt . . .