Flugscham versus Turbinenfoto
Bei mir braucht es nicht viel, um wieder Kind zu sein. Ich finde ja: Wenn einem das
Leben unvermittelt anbietet, plötzlich noch einmal sieben und kindisch sein zu dürfen, sollte man im Zweifel immer annehmen.
So können Sie sich vorstellen, wie es mir ging, als ich kürzlich auf dem Flughafen unter einem der Riesenflugzeuge stehen durfte. Unter! einem! Flugzeug! Mit der ausgestreckten Hand den Fliegerbauch berühren. Dann durfte ich in den Laderaum schauen (in dem ein Einsfünfundachtziggroßer nicht stehen kann), in das Cockpit (so viele Knöpfe!), neben den Reifen stehen (gehen etwa bis zu den Brustwarzen), und alle Funktionen der First-Class-Sitze ausprobieren durfte (ich glaube, die gibt es nur deshalb nur auf Mittel- und Langstrecke, weil man so viele Sachen an dem Platz machen kann, dass man auf kurzen Flügen nicht dazu kommen würde). Der Halbhuber war wieder der zehnjährige Axelbub, der zum ersten Mal in ein Flugzeug steigt.
Die Möglichkeit zu dieser Besichtigung (inklusive Betreten des heiligen, gesicherten „Vorfelds“) bot sich im Rahmen eines ausführlichen Hintergrundgesprächs mit der Österreich-Chefin der Fluglinie Emirates, die mit über zweihundertsechzig Fliegern (ausschließlich große) zu den größten und erfolgreichsten Fluggesellschaften der Welt gehört. Nun spricht man mit Flugchefinnen und -chefs natürlich all das an, wofür die Aviationbranche geprügelt wird: Es wäre wegen Klimawandel und Arbeitsbedingungen. Natürlich haben Fluglinien in der Größenordnung einer Emirates darauf längst Antworten parat – von Umweltschutzbemühungen bis Sozialverantwortung. Aber die Probleme, die unser derzeitiges Flugverhalten verursacht, wird man nur mit völlig neuen Technologien oder deutlich eingeschränkter Anzahl an Flügen lösen.
Paradoxerweise schadet die mannigfaltige Kritik am Fliegen der Faszination daran wenig. Noch immer glänzen Augen, wenn so ein Blechtrumm beschleunigt, abhebt oder landet. Noch immer ist den Menschen das Mini-Essen in den hübsch arrangierten Schälchen extrem wichtig, noch immer wird Pilot und Pilotin, Flugbegleiterin und Flugbegleiter im Vorbeigehen angeschaut wie Popstars.
Ich verstehe das zwar nicht. Aber ein Foto vor der Turbine hab ich natürlich schon auch gemacht.