Kurier

KonzertKri­tik

- VON KARL HOHENLOHE office@hohenlohe.at

Am letzten Freitagnac­hmittag veranstalt­ete die Caritas einen bunten Nachmittag im Hof des erzbischöf­lichen Palais in Wien. Im Publikum saßen ältere Menschen, tranken Apfelsaft und Mineralwas­ser und als der Tenor Martin Mairinger „Dein ist mein ganzes Herz“intonierte, schlossen manche von ihnen die Augen: Die einen, um sich zu erinnern, die anderen, um zu vergessen.

Dann erzählte der Caritas-Direktor Martin Bodmann von den großen Herausford­erungen, also der Pflege und weiters von Etwas, das den Jüngeren vollkommen selbstvers­tändlich erscheint, im Alter aber ungeheuren Wert besitzt: die Selbstbest­immung. Ein älterer Herr im Rollstuhl ist selbstbest­immt. Als die Musik wieder Fahrt aufnimmt, fordert er seine junge Pflegerin zum Tanz auf. Sie drehen sich im Kreis und nicht nur er sieht glücklich aus.

Und nun ein weiterer Höhepunkt: Die Jazz Gitti tritt auf. Sofort sind alle Hände oben, klatschen, rufen, lachen, schunkeln – hier sitzt das beste Publikum der Welt. Die Jazz Gitti hat die Massen fest im Griff. Zwischen den Liedern ein paar Scherze, manche knapp oberhalb der Gürtellini­e und die Damen und Herren lachen, wie wahrschein­lich schon lange nicht mehr. Die Jazz-Gitti ist eine Tochter von Celine Dion und Trude Maly, vollkommen unverwüstl­ich. Viele ihrer Lieder sind vertraut, man muss nicht zwingend textsicher wirken, aber trotz aller Widrigkeit­en guter Laune sein, das ist hier das Credo und wenn man die Jazz Gitti beobachtet, kann man nur eines sagen: Hier ist eine Frohnaturg­ewalt am Werk.

Die älteren Menschen freuen sich – einfach so – niemand regt sich über die Kostümieru­ng der Jazz-Gitti auf, niemand stößt sich an der Inszenieru­ng und niemand bekrittelt ihre Tagesverfa­ssung. Ganz am Schluss gibt es eine Tanzformat­ion der Pflegerinn­en. Ganz Thailand rockt den Hof, inmitten Michael Huber, der Festorgani­sator und die älteren Damen und Herren feuern ihre Helfer an. Das ist ein wunderschö­nes, generation­sverbinden­des Bild.

Und vielleicht denken sich manche der unbezahlte­n Festakteur­e, dass sie an diesem bunten Nachmittag viel mehr verdient haben, als man ihnen jemals hätte bezahlen können

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