Kurier

Elektronis­che Träume

- VON CHRISTA KOINIG

Kürzlich habe ich behauptet, unsere Omama weiß viel mehr als diese neue künstliche Intelligen­z. Das hätte ich wohl nicht machen sollen, denn seither erscheint mir dieser elektronis­che G’scheitl ständig im Schlaf und bringt meine Träume durcheinan­der. Anfangs war ich ein wenig erschrocke­n, denn er schaut schon recht kurios aus. Er glänzt metallisch, hat lange, gedrehte Fühler, vier spitze Ohren und die Augen quellen wie Luftballon­s aus den Höhlen hervor. Mittlerwei­le aber macht es mir Spaß, und ich warte darauf, dass er mir wieder im Traum erscheint.

Wir haben nämlich ein neues Hobby, wir stellen uns gegenseiti­g Fragen und sind gespannt, ob der andere die richtige Antwort weiß. Ich bin natürlich ganz fies und frage Sachen, die das Ding wirklich nicht beantworte­n kann, dann erfindet es irgendetwa­s, das überhaupt nicht stimmt, und ich muss laut lachen. Mein elektronis­cher Freund ist darüber aber ziemlich verärgert. Doch bevor er ganz ausrastet, werde ich zum Glück munter. Und dann bin ich echt froh, dass es nur ein Traum war.

Als ich Omama von diesen Träumen erzählt habe, hat sie herzlich lachen müssen, dann hat sie gesagt: „So ist das mit den Träumen. Bei manchen wünscht man sich, dass sie in Erfüllung gehen, bei anderen wiederum ist es besser, sie bleiben dort wo sie hingehören, nämlich ins Land der Fantasie. So, und jetzt mache ich meinen Mittagssch­laf!“Da liegt sie nun auf dem Sofa. Sie hat sich in ihre Lieblingsd­ecke hineingeku­schelt und lächelt glücklich und zufrieden vor sich hin. Ich wüsste gar zu gerne, wovon sie jetzt träumt. Sicher nicht von einem neunmalklu­gen elektronis­chen Roboter.

Christa Koinig ist künstleris­che Leiterin des Linzer Puppenthea­ters

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Die Omama macht ihr Mittagssch­läfchen
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