Goldene Imagepolitur
Es ist hoch an der Zeit, dass wir das Narrativ des schlechten Images der Lehre endlich hinter uns lassen
Es sind fulminante Leistungen, die das österreichische Team bei den EuroSkills in Danzig vollbracht hat: kein anderes Land hat bei der Europameisterschaft der Fachkräfte so viele Medaillen errungen. In 38 Berufen holten die Österreicherinnen und Österreicher 7 Gold-, 6 Silber-, 5 Bronzemedaillen sowie 9 Exzellenz-Auszeichnungen.
Wir sind die Besten in Europa – wieder einmal, denn bei allen Europa- und Weltmeisterschaften der vergangenen Jahre sind unsere Fachkräfte ganz vorne dabei. Die Basis dieses Erfolgs legt das österreichische Modell der dualen Ausbildung, die Lehre. Unternehmen und Berufsschule bilden im Gespann aus, praktisch und theoretisch. Heraus kommen umfassend gebildete, hoch qualifizierte Facharbeiter.
Und trotzdem: Man wird in diesem Land nicht müde, seit Jahrzehnten das schlechte Image der Lehre immer und immer wieder zu betonen. Selbst Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm erklärt zwar, „wir sind eine Weltmacht bei den Fachkräften“, sagt aber bei der Pressekonferenz in Danzig gleichzeitig: „Die Lehre hat ein nicht allzu positives Image. Es muss den Lehrern und vor allem auch den Eltern klar gemacht werden, dass eine Lehre kein Plan B ist.“
Nun: Sie ist ein Plan A – war sie immer schon für rund 40 Prozent der Jugendlichen eines Jahrgangs, die diesen Weg einschlagen. Sie ist eine Ausbildung, die alle Möglichkeiten im Leben bietet. Nach der Gesellenprüfung steht der Weg zum Meister offen, es gibt die Lehre mit Matura (und damit sogar die Berechtigung, auf die Uni zu gehen), die verkürzte Lehre nach der Matura. In manchen Branchen locken stark erhöhte Lehrlingseinkommen – Diskonter Hofer etwa zahlt im ersten Lehrjahr 1.190 Euro im Monat, im dritten sogar 1.720 Euro und ermöglicht eine Karriere bis ins Management. Auch die Gründung oder Übernahme eines eigenen Unternehmens ist ein logischer Weg. Hinzu kommt: Fachkräfte sind begehrt wie nie, in einer Zeit, in der sich in den heimischen Betrieben die besten Leute in die Pension verabschieden, aber zu wenige Junge nachfolgen.
Andere Länder haben die hohe Güte der dualen Ausbildung nach österreichischem Modell längst erkannt, beneiden uns um unsere exzellenten, motivierten Fachkräfte und wollen das System sogar kopieren. Es ist an der Zeit, dass wir das Narrativ des schlechten Images der Lehre endlich hinter uns lassen. Diese tradierte Erzählung ist nicht nur nicht richtig, sie rückt unsere Europa- und Weltmeister in ein berufliches Licht, in dem sie sich selbst nie sehen würden. Unsere Fachkräfte sind gut, sehr gut sogar. Darauf stolz zu sein und das auch so zu benennen, fällt im Titelsucht-Land Österreich schwer. Aber „Karriere mit Lehre“: das gilt heute doch mehr denn je.