Kurier

Rücktritt ohne Reue

Fußball. Vor drei Wochen hatte Luis Rubiales Weltmeiste­rin Jennifer Hermoso gegen ihren Willen auf den Mund geküsst, nun legte der spanische Verbandsch­ef sein Amt zurück. Von Einsicht war nichts zu merken

- VON FLORIAN PLAVEC

21 Tage danach hat er es also doch noch getan. Luis Rubiales ist nicht mehr Präsident des spanischen Fußballver­bandes (siehe Chronologi­e). Doch sogar seinen Rücktritt im Kuss-Skandal habe der 46Jährige vermasselt, kommentier­te die spanische Zeitung Sport. Seine Entscheidu­ng versah Rubiales mit der Erklärung, dass er nicht mehr im Amt bleiben könne, weil bestimmte Kräfte dies verhindern wollten. „Ich vertraue auf die Wahrheit und werde alles dafür tun, dass sie sich durchsetzt“, schrieb er und prangerte erneut eine „maßlose Kampagne“an, die „Lügen“über ihn verbreite.

Rubiales hatte bei der Siegerehru­ng der spanischen Weltmeiste­rinnen am 20. August in Sydney den Kopf von Jennifer Hermoso mit beiden Händen gepackt und sie auf den Mund geküsst.

„Macho, wie im Buche“

Sein übergriffi­ges Verhalten ordnete Rubiales selbst jedenfalls nicht als solches ein. Da gehen die Meinungen auseinande­r. Er sei ein Macho, wie er im Buche stehe, der typische Vertreter einer immer noch latent vorhandene­n Dominanz von Männern in vielen Bereichen, schrieb etwa die Zeitung El Pais. „Ein weiterer Beweis, dass er in einer irrealen Welt lebt. Unglaublic­h“, befand Sport. Vize-Regierungs­chefin Yolanda Diaz sprach von einem Erfolg des Feminismus in Spanien und einem Fortschrit­t. „Wir sind bei dir, Jenni, alle Frauen.“

Bei ihr waren auch die anderen Frauen der Fußball-Nachef tionalmann­schaft, die aus Protest gegen Rubiales’ Übergriff – aber auch aus Protest auf seine Reaktion darauf – so lange nicht mehr für das Team spielen wollten, bis der Präsident zurückgetr­eten ist.

Diesen „beispielha­ften“Kampf würdigte der geschäftsf­ührende Regierungs

Pedro Sanchez schon vor einer Woche als Vorbild für die ganze Welt. „Unsere Spielerinn­en haben zweimal gewonnen. Auf dem Spielfeld und indem sie der Welt eine Lehre in Sachen Gleichheit zwischen Mann und Frau erteilt haben.“Die Sportlerin­nen und ganz Spanien hätten gesagt: „Es ist Schluss“mit der Unterwerfu­ng der Frauen unter Männer. „Spanien ist ein feministis­ches Land“, sagte der Sozialist.

Sogar die spanische Männer-Nationalma­nnschaft hatte sich zuletzt gegen Rubiales gewandt. Stürmer Álvaro Morata las ein Statement vor, in dem sich das Team mit den Frauen solidarisi­ert.

Indes beantragte die Staatsanwa­ltschaft die Einleitung eines Ermittlung­sverfahren­s gegen Rubiales. Sollte es zu einem Prozess und einer Verurteilu­ng kommen, droht eine Haftstrafe von bis zu vier Jahren.

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Mit dem Rücken zur Wand: Nach einer „maßlosen Kampagne“gegen ihn trat Rubiales zurück

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