Warnung vor der Herbstwelle
Covid-19. Offener Brief einer Ärztegruppe will Bewusstsein schaffen, dass einfache Virusinfektion zu langfristigen Problemen führen kann. Maßnahmen gefordert
Es ist immer wieder zu hören: Covid-19 sei doch mittlerweile nur wie ein Schnupfen. Dieser Aussage treten jetzt 15 Ärztinnen und Ärzte in einem offenen Brief an die Wiener Ärztekammer entgegen: „Es ist kein grippaler Infekt. Es ist eine systemische (den ganzen Organismus betreffende, Anm.) gefäßschädigende Erkrankung, die sich lediglich über den respiratorischen Weg, über Aerosole, ausbreitet.“
SARS-CoV-2 beschädige die innere Schicht der Gefäße und führe auch zu kleinen Blutgerinnseln. Auch neurologische Störungen (von Kopfschmerzen bis Erschöpfung) und Veränderungen im Immunsystem, die die Entstehung von Autoimmunkrankheiten begünstigen können, seien möglich. Und natürlich Langzeitfolgen.
Warnung vor Infektion
In dem Brief wird gewarnt, das seit dem Wegfall der offiziellen Schutzmaßnahmen im medizinischen Bereich Patienten, inklusive vulnerabler Personen, „sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in Spitälern dem Risiko einer Infektion mit SARSCoV-2 ungehindert ausgesetzt“werden.
Gefordert wird auch eine bessere Aufklärung der Bevölkerung: Ein Großteil „kann und will sich nicht vorstellen, dass eine einfache virale Infektion längerfristig zu schwerwiegenden Problemen führen kann“. Gleichzeitig gehörten Ärztinnen und Ärzte besser geschult, die Mehrheit sei nicht am aktuellen Stand der Wissenschaft.
Initiiert hat den Brief die Medizinerin Golda Schlaff. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern zählen u. a. auch Arschang Valipour, Vorstand der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie der Klinik Floridsdorf in Wien, Kathryn Hoffmann, Professorin für „Primary Care Medicine“sowie Leiterin der Abteilung für Primary
Care Medicine am Zentrum für Public Health der MedUni Wien und die Kardiologie-Professorin Mariann Pavone-Gyöngyösi von der MedUni Wien. Auf der Plattform X (vormals Twitter) haben sich unterdessen auch mehrere andere Medizinerinnen und Mediziner mit den Anliegen der Autorinnen und Autoren solidarisiert.
Als eine von mehreren Maßnahmen zur Infektionsvermeidung im Gesundheitswesen treten die Unterzeichner für FFP2-Masken ein. Valipour betont auf X, es gehe darum, Bewusstsein zu schaffen, da das Coronavirus und auch andere über die Luft übertragene Erreger langwierige Infektionen verursachen können.
Beispiele für den Alltag
Er plädiert für ein differenziertes Vorgehen: Bei einem zehnminütigen Besuch bei einem Orthopäden im Sommer mit geringen Infektionszahlen und einem Patienten ohne erhöhtes Risiko sei eine Maske nicht erforderlich. Anders sei dies, wenn im Spätherbst bei hohen Infektionszahlen ein 72-Jähriger mit Diabetes, Adipositas und leichtem Schnupfen zum Allgemeinmediziner kommt. Und auch der Arzt älter und vorerkrankt sei: „Dann sollten beide eine Maske tragen.“Und sonst? „Ganz simpel“, schreibt der Lungenfacharzt: Bei Schnupfen, Husten, Heiserkeit, Fieber zu Hause bleiben. Sollte ein sozialer Kontakt aber unvermeidbar sein, „dann in geschlossenen Innenräumen eine (FFP2)Maske tragen“.