Beseelte Nachtwandlerin
Pretty Yende triumphiert in Bellinis „La Sonnambula“im Repertoire der Staatsoper
Musikalische Momente, die ganz in ihren Bann ziehen, sind in der aktuellen Aufführungsserie von Vincenzo Bellinis „La Sonnambula“im Repertoire an der Wiener Staatsoper (Reprise am 13. 9.) zu erleben. Verantwortlich dafür ist die Sopranistin Pretty Yende bei ihrem Hausrollendebüt als Amina. Puristen sollen darüber diskutieren, was bei ihrer Interpretation korrekter Belcanto-Praxis entspricht. Wer auf Emotionen und Authentizität Wert legt, wird Yendes Nachtwandlerin nicht hoch genug schätzen können.
Beseelt, mit einzigartiger Innigkeit intoniert sie mit ihrem zwischen warmen honigfarbenen und erfrischend lichten Schattierungen changierenden Sopran ihre Sehnsucht, klagt über ihr verloren geglaubtes Glück und triumphiert am Ende mit naiver, überbordender Freude.
Javier Camarena überzeugt als Elvino mit geschmeidigen Phrasierungen und fein schattiertem Timbre. Seine Tenorstimme erreicht die Höhen und auch ihre Grenzen. Maria Nazarova demonstriert, dass sie ihre Koloraturentechnik beherrscht, setzt auf Kraft, was etwas angestrengt wird.
Roberto Tagliavini besticht mit dem schönen Timbre seiner Bassstimme und gibt den Grafen mit Gelassenheit. Szilvia Vörös ist eine idealtypische Teresa. Ihr samtiger, kraftvoller MezzoSopran setzt sich famos über alles hinweg.
Lieber spielen lassen
Giacomo Sagripanti geht im Graben der Wiener Staatsoper keine Risiken ein, am Besten klingt es, wenn er die Philharmoniker spielen lässt, wie im zweiten Akt, wo ein famoses Hornsolo aufhorchen lässt. Einziges Ärgernis: Marco Arturo Marellis Inszenierung in einem Einheitsbühnenbild, dem Speisesaal eines Sanatoriums in den Bergen. Jubel für das Ensemble.