Kurier

Pilnaceks Witwe: „Gerüchte sind Unsinn“

Justiz. Caroline List entgegnet im Gespräch mit dem KURIER Berichten über Vorgänge nach dem Ableben des früheren Sektionsch­efs. Sie überlegt auch rechtliche Schritte. Unterdesse­n prüft die WKStA zwei Anzeigen

- VON RAFFAELA LINDORFER

Was geschah wirklich in den Stunden nach dem Ableben von Christian Pilnacek, dem einst mächtigste­n Mann im Justizmini­sterium? Warum haben Kriminalbe­amte sein Handy, seine Schlüssel und seine Geldbörse bei seiner Freundin in Rossatz, Niederöste­rreich, abgeholt – ohne Sicherstel­lungsanord­nung? Und sind sie mit dem Schlüssel später in Pilnaceks Wohnung in Wien gegangen, um einen Laptop zu suchen, auf dem sich politisch brisantes Material befinden könnte?

Die Vorgänge, die Pilnaceks Freundin Karin Wurm im Onlinemedi­um Zackzack geschilder­t hat, werfen Fragen auf. Fragen, auf die Pilnaceks Witwe Caroline List im KURIER-Gespräch nun antwortet – denn es reicht ihr.

„Keine Durchsuchu­ng“So schwer es ihr auch fällt, über den Tod ihres Mannes und die Zeit danach zu sprechen, will sie nun „einige Dinge aufklären“. List bestätigt, dass Beamte Gegenständ­e bei Wurm abgeholt haben. Die Schlüssel für Wohnung und Auto, die Geldtasche und das Handy seien zunächst einem Anwalt übergeben worden, in dessen Kanzlei hätten ihre Kinder die Gegenständ­e später abgeholt. Und zwar am selben Tag, an dem man den Leichnam gefunden hatte, also am 20. Oktober 2023.

Die Wohnung in Wien sei die gemeinsame gewesen, betont List. „Es stimmt nicht, dass wir getrennt gelebt haben.“Sie habe dann in der Wohnung übernachte­t, Polizisten seien dort nie gewesen. Es habe dort auch keine „Durchsuchu­ng“gegeben, sagt sie. „Die einzigen, die in der Wohnung waren, waren meine Kinder und ich.“

Sie bestätigt auch, dass sie nach der Aktentasch­e, dem Laptop und dem USB-Stick ihres Mannes gesucht habe. „Die waren aber weder in der Wohnung, noch im Auto. Also mussten sie noch im Haus in Rossatz sein“, sagt List. Das Haus in Rossatz ist jenes, in dem Wurm mit ihrer Freundin Anna P. gelebt hat. P. hat Pilnacek abgeholt, nachdem er in der Nacht des 19. Oktober 2023 von der Polizei aus dem Verkehr gezogen worden war. Am nächsten Morgen wurde der 60-Jährige tot im Altarm der Donau gefunden. Wenige Stunden später haben dann eben Beamte Wurm aufgesucht. Nach eigenen Angaben gab sie ihnen nur Handy, Geldbörse und Schlüssel.

„Diese Frau wird benützt“Warum sollte Wurm die anderen gesuchten Gegenständ­e behalten haben? „Diese Frau wurde und wird von Leuten benützt, um an das persönlich­e Datenmater­ial meines Mannes zu kommen“, sagt List. Großes Interesse an den Daten, die ihr Mann auf dem Laptop und auch auf einem externen Datenträge­r gespeicher­t hat, habe zum Beispiel Zackzack.

Rund um den Laptop und den USB-Stick ranken sich seit Monaten Gerüchte: Darauf soll sich Material befinden, mit dem vor allem die ÖVP belastet wird. Die Rede ist von Interventi­onen bei Strafverfa­hren und Ähnlichem. Pilnacek war zehn Jahre lang Sektionsch­ef im Justizmini­sterium mit besten Kontakten in Politik und Wirtschaft. Danach gefragt, sagt List nur: „Das ist Unsinn. Mein Mann hat kein belastende­s Material gehabt.“

Fest steht: Sie will die Habseligke­iten ihres Mannes zurück. Nicht nur Laptop, Aktentasch­e und USB-Stick, sondern auch einige Anzüge und andere persönlich­e Gegenständ­e, die sich noch bei Wurm befinden. Nachdem diese in den Nachlass gehören, überlegt List (sie ist Juristin und Präsidenti­n des Straflande­sgerichts Graz) rechtliche Schritte.

Auf Nachfrage des KURIER, warum Kriminalbe­amte Pilnaceks Sachen abgeholt und mit Wurm kommunizie­rt haben, erklärt List: „Ich will mit dieser Frau nicht zusammentr­effen.“Ein Versuch, die persönlich­en Gegenständ­e über Anna P. zu bekommen, sei bereits Ende Oktober gescheiter­t, sagt sie. P. habe sich nie wieder gemeldet.

WKStA prüft Vorwürfe Die ganze Angelegenh­eit wird jetzt von der WKStA geprüft. Erstens hat die Untersuchu­ngskommiss­ion unter der Leitung des Anti-Korruption­sexperten Martin Kreutner vergangene Woche eine Sachverhal­tsdarstell­ung an die WKStA geschickt. An die Kommission seien Hinweise aus der Bevölkerun­g herangetra­gen worden, was die Ermittlung­en rund um das Ableben des hochrangig­en Beamten betrifft – angefangen vom NichtAbsic­hern des Fundorts des Leichnams bis hin zum Umgang mit den persönlich­en Gegenständ­en des Toten.

„Es muss die Frage erlaubt sein, ob von allen Seiten lege artis vorgegange­n worden ist“, sagte Kreutner. Das betrifft also nicht nur die Polizei, sondern auch die Staatsanwa­ltschaft Krems, die das Verfahren geführt hat.

Zweitens hat Karin Wurm laut Zackzack-Bericht wegen der angebliche­n „illegalen Hausdurchs­uchung“Anzeige erstattet. Der Vorwurf gegen drei Personen aus dem Landeskrim­inalamt Niederöste­rreich lautet Amtsmissbr­auch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria