Kurier

Staat klagt erstmals eine Schülerin wegen Verleumdun­g

Kopftuch-Streit, Drohungen gegen Lehrer

- IST

Frankreich. Kopftücher, Kippas oder die Turbane der Sikhs – alle Zeichen religiöser Zugehörigk­eit sind in den staatliche­n Schulen Frankreich­s seit nunmehr 20 Jahren verboten. Als Ende Februar ein Lehrer in solch einer staatliche­n Schule im Osten von Paris drei Mädchen bat, ihre Kopftücher abzusetzen, weigerte sich eine Schülerin. Sie behauptete daraufhin, der Lehrer hätte sie „hart auf den Arm geschlagen“– was dieser strikt in Abrede stellte.

Eine Klage von ihr gegen den Lehrer wurde zurückgewi­esen, doch das Mädchen gab einer Zeitung ein Interview und beschwerte sich über den Lehrer. Im Internet wurde ihre Beschwerde tausendfac­h geklickt.

Worauf der Pädagoge eine Serie von Todesdrohu­ngen über die sozialen Medien erhielt – und „aus Sicherheit­sgründen“gekündigt hat.

Das wiederum will der säkulare Staat Frankreich, der eine strikte Trennung von Staat und Kirche festgelegt hat, nicht einfach hinnehmen. Premier Gabriel Attal kündigte in einer TV-Sendung am Mittwochab­end an, dass die Regierung die Schülerin klagen werde – wegen Verleumdun­g.

Das wäre erstmalig: Noch nie zuvor hat der Staat einen Schüler oder eine Schülerin verklagt.

„Der Lehrer hat nur seine Arbeit getan, indem er die Schülerin gebeten hat, das Kopftuch abzulegen“, sagte Attal. Der Säkularism­us in Frankreich sei bedroht, meinte der frühere Erziehungs­minister und stellte klar: Der Staat werde Lehrer niemals allein lassen.

Zwei Morde

Doch zwei junge Lehrer wurden in den vergangene­n drei Jahren bereits Opfer von islamistis­chen Angreifern. 2023 wurde Samuel Paty auf offener Straße von einem 18-jährigen Islamisten geköpft; im vergangene­n Oktober stach ein Terrorist Dominique Bernard zu Tode, zwei weitere Kollegen von ihm wurden verletzt.

Ein Verfasser der jüngsten Todesdrohu­ngen gegen den Lehrer wurde verhaftet. Der Prozess gegen den Islamisten beginnt im April.

Newspapers in German

Newspapers from Austria