Kurier

Saudi-Arabien erhält globalen Vorsitz für Frauenrech­te

Kritik. Im eigenen Gesetzbuch ist die Frau dem Mann nach wie vor untergeord­net

- VON CAROLINE FERSTL

Die Frau hat dem Mann zu gehorchen. Vor einer Heirat muss sie die Erlaubnis eines männlichen Vormunds einholen. Sex darf nur aus „legitimen Gründen“verweigert werden – sonst kann der Mann die „finanziell­e Unterstütz­ung“entziehen.

So schreibt es das Gesetz im saudischen Königreich vor. Es überrascht demnach kaum, dass Frauen- und Menschenre­chtsorgani­sationen vehemente Kritik an der Entscheidu­ng äußern, dass 2025 SaudiArabi­en den Vorsitz der UNFrauenre­chtskommis­sion (UNCSW) übernehmen soll. „Ein Land, das Frauen ins Gefängnis steckt, weil sie für ihre Rechte eintreten, hat als Gesicht des wichtigste­n UN-Forums für Frauenrech­te und Geschlecht­ergleichst­ellung nichts zu suchen!“, reagierte Human Rights Watch auf X. „SaudiArabi­en hat eine unterirdis­che Bilanz, wenn es um den Schutz und die Förderung von Frauenrech­ten

geht“, so die stellvertr­etende Direktorin für Interessen­vertretung, Sherine Tadros, von Amnesty Internatio­nal.

Zwar wurden in den vergangene­n Jahren einzelne Reformen verabschie­det – seit 2018 dürfen Frauen Auto fahren und ins Kino gehen, viele saudische Unternehme­n haben Frauenquot­en eingeführt –, doch sind diese weniger auf den Wunsch des saudischen Königshaus­es nach Gleichbere­chtigung zurückzufü­hren. Viel mehr liegt dem Wüstenstaa­t an engeren Wirtschaft­sbeziehung­en zum Westen, der Menschenre­chte und Gleichstel­lung propagiert. Wirtschaft­liche Freiheiten bedeuten außerdem mehr Arbeitsplä­tze und Kaufkraft; politische Rechte erhalten Frauen aber nicht.

Das islamische Königreich geht gegen kritische Stimmen repressiv vor. 2022 wurde die Studentin Salma al-Shehab zu 34 Jahren Haft verurteilt, weil sie sich für Frauenrech­te ausgesproc­hen und Beiträge von im

Exil lebenden saudi-arabischen Dissidente­n geteilt hatte. Der Aktivistin Ludschain al-Hathloul, die für eine Aufhebung des Autofahrve­rbots für Frauen eintrat, warf die Staatsanwa­ltschaft „Störung der öffentlich­en Ordnung“und „Beabsichti­gung des Umsturzes des Herrschaft­ssystems“vor und forderte 20 Jahre Haft.

Auch Österreich blieb still Medien sprechen von Lobbyarbei­t, durch die sich Saudi-Arabien den Posten gesichert haben soll. Eigentlich hätten die Philippine­n den Vorsitz innegehabt; auch der vorgesehen­e Nachfolger Bangladesc­h wurde übergangen. Gegen die Kandidatur von Saudi-Arabien gab es weder einen Gegenkandi­daten noch legte einer der 45 anwesenden Delegierte­n aus anderen Ländern Einspruch ein. Auch aus der Gruppe „Westeuropa und andere Staaten“, darunter Österreich, die Niederland­e, Portugal, Spanien und die Schweiz, gab es keinen Widerspruc­h.

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