Kurier

Jerusalem ohne die sonst üblichen Pilgermass­en

Karwoche verlief bisher ruhig, keine Zusammenst­öße zwischen Palästinen­sern und Polizei

- NORBERT JESSEN, JERUSALEM

Ostern. Die Karwoche wie auch der in diesem Jahr gleichzeit­ig stattfinde­nde muslimisch­e Fastenmona­t Ramadan sind bisher weitgehend ruhig verlaufen. In früheren Jahren stießen oft vor der Al-Aksa-Moschee randaliere­nde Jugendlich­e auf Polizisten mit Schlagstöc­ken. Tränengas vernebelte die Sicht.

Heuer aber bleibt das wie immer aufgestock­te israelisch­e Polizeiauf­gebot im Hintergrun­d. Auch die Zahl der Jugendlich­en, die protestier­en wollen, scheint nicht hoch zu sein. Die EinreiseSp­erre für jüngere Palästinen­ser aus den besetzten Gebieten im Westjordan­land zeigt Wirkung.

Der Jerusaleme­r Polizeiche­f erklärt es fachlich: „Wir haben aus unseren Erfahrunge­n der Vergangenh­eit gelernt.“Wobei die Polizei in dieser Stadt aber ständig neue Erfahrunge­n machen muss. Dieses Mal vor dem Hintergrun­d des seit dem bereits fast sechs Monate andauernde­n Krieges gegen die Hamas im nahen Gazastreif­en. Anlass für das militärisc­he Vorgehen der israelisch­en Armee gegen die islamistis­che Terrorgrup­pe war deren Massaker gegen Israelis am 7. Oktober.

Umliegende Klöster

Im Vergleich zu früheren Ramadan-Tagen sind heuer weniger Käufer in Jerusalems Gassen zu sehen. Es fehlen auch die Pilgermass­en, die sich hier sonst in der Karwoche drängen. Vor allem Priester und Nonnen aus den umliegende­n Klöstern sind gekommen, um in Jerusalem zu beten.

Zu sehen sind auch christlich­e Gastarbeit­er aus Israel. Eva, eine Altenpfleg­erin von den Philippine­n, wartet zum ersten Mal auf Einlass vor der Grabeskirc­he. Bis drei Uhr ist die Kirche traditione­ll am Gründonner­stag geschlosse­n. Ihre Freundin Ilana war aber schon fünf Mal hier und freut sich: „In diesem Jahr werden wir nicht lange vor dem Grab in der Warteschla­nge stehen müssen.“

Eine Gruppe Nigerianer in weißer Tracht fällt auf. Yoruba wundert sich, warum nicht viel mehr mit ihnen auf dem Weg zum Heiligen Grabe Jesus sind: „Wir sind doch Gläubige. Da haben wir keine Angst. Gott schützt uns doch und bringt uns Frieden.“

Dennoch bleibt eine gewisse Anspannung zu spüren: Der militärisc­he Arm der radikalisl­amischen Hamas hat am Mittwoch eine Audioaufna­hme veröffentl­icht, auf der Muslime und Musliminne­n auf der ganzen Welt zur „Befreiung“der Al-Aksa-Moschee in Jerusalem aufgerufen werden. Die Moschee steht auf dem Tempelberg in Jerusalem, der drittheili­gsten Stätte im Islam. Die Anlage ist aber auch Juden heilig, weil dort früher zwei jüdische Tempel standen. Muslime beten dort während des Fastenmona­ts Ramadan.

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