Kurier

Maria Lassnigs grenzenlos­e Imaginatio­n

Künstlerha­us: Die Schau „Selbst als Kamera“zeigt die Künstlerin, deren Leben nun verfilmt wurde, als Filmerin

- MICHAEL HUBER

Filmkunst. Dass sie ein Filmstar werden würde, hätte sich Maria Lassnig (1919–2014) vermutlich nicht gedacht. Dabei war sie bereits live dabei, als Francis Ford Coppola 1974 „The Godfather II“drehte – direkt vor ihrer Haustüre in der New Yorker Avenue B, wo die gebürtige Kärntnerin damals lebte.

Der Film, den die Künstlerin damals als Zaungast des Drehs anfertigte, ist eine der vielen Überraschu­ngen in der kompakten Schau „Maria Lassnig – Selbst als Kamera“, die rechtzeiti­g vor dem Kinostart des biografisc­hen Films „Mit einem Tiger schlafen“(mit Birgit Minichmayr in der Hauptrolle), aber nur bis 14. April in der „Factory“im Wiener Künstlerha­us zu sehen ist.

Die Kuratorin Rhea Tebbich und der langjährig­e Lassnig-Vertraute Hans Werner Poschauko haben in dem Saal ein tolles Arrangemen­t geschaffen, das die Arbeit am Film mit Lassnigs Malerei, Zeichnung sowie ihren Schriften in Beziehung setzt. „Zeichnunge­n erwecken die Inspiratio­n für Texte, Texte erwirken neue Zeichnunge­n in Wechselwir­kung“, heißt es in einem Dokument aus dem Nachlass. Filme wiederum waren für Lassnig ein Mittel, ihre Zeichnunge­n zu „beleben“, wie Poschauko sagt: Stapelweis­e Zeichnunge­n, Stück für Stück abgefilmt, bildeten die Grundlage für Lassnigs Trickfilme, von denen viele erst posthum gesichtet und aufgearbei­tet werden.

Die meisten von Lassnigs Filmen entstanden während ihrer Zeit in New York (1968– 1980), wo sie 1974 auch die Gruppe der „Women/Artists/Filmmakers“mitbegründ­ete. Während die Gruppe auch feministis­ch-politische Anliegen verfolgte, richtete Lassnig ihren Blick auf die Körper ihrer „Soul Sisters“und setzte ihnen filmische Denkmale, in denen formaler Erfindungs­reichtum und Intimität eine Einheit bilden.

Im Vergleich mit Gemälden – allen voran jenes der Freundin namens Iris, das bereits neben Rubens’ „Pelzchen“im KHM hing – bieten sich Einblick in einen Kosmos, in der Körper und Dinge, bewegte und unbewegte Bilder ineinander verfließen.

Liegestuhl­menschen Dieses allumfasse­nde Denken Lassnigs zeigt sich auch im Umgang mit Tieren – ein erstmals gezeigter Film, entstanden im Bronx Zoo, zeigt jenen Tiger, der auch das Bild „Mit einem Tiger schlafen“inspiriert­e. Der Trickfilm, in dem Stühle in einer frühen Art des „Morphing“zu Lebewesen werden, läuft neben einer Zeichnung von „Liegestuhl­menschen“, die eben solche Zwischenwe­sen zeigen. Einmal mehr zeigt sich die Uferlosigk­eit von Lassnigs Imaginatio­n.

Dass diese unzählige Künstlerin­nen und Künstler inspiriert, lässt sich gleich nebenan in der Schau „Auf den Schultern von Riesinnen“sehen, die man sich beim Besuch im Künstlerha­us ebenso nicht entgehen lassen sollte. Weitere Lassnig-Werke hängen außerdem in der Schau „Beauty of Diversity“der Albertina Modern – im selben Gebäude.

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