Kurier

Singende Paradiesvö­gel, die Federn lassen müssen

Volksoper. Die Uraufführu­ng der lieblosen Hommage „Ein bisschen trallalala“

- VON THOMAS TRENKLER KURIER-Wertung:

Schade, vergeigt.

Die Volksoper hatte „eine Hommage an Fritzi Massary und Max Pallenberg“als „wahnwitzig­e, überborden­de Collage mit frivolen Revue- und Operettens­ongs“angekündig­t. Der Stoff hätte das auch hergegeben. Denn die Biografien der beiden aus Wien stammenden Stars – im Programmhe­ft zu „Ein bisschen trallalala“pointiert zusammenge­fasst – sind fasziniere­nd:

Max Pallenberg, 1877 als Sohn eines aus Galizien eingewande­rten Branntwein­ers geboren, spielte im Volkstheat­er, in der Josefstadt, im Theater an der Wien – und dann folgte er Max Reinhardts Ruf nach München. Dorthin verschlug es auch Friederike Massaryk, die sich den Namen Fritzi Massary zugelegt hatte. Zum ersten Mal standen die beiden gemeinsam auf der Bühne: „Neunundzwa­nzig ist sie da. Vierunddre­ißig er. Und verheirate­t. Es wird die große Liebe.“

1882 in eine jüdische Kaufmannsf­amilie geboren, gab Fritzi Massary ihr Debüt 1901 – beim Sommerthea­ter im Prater mit „I hab’ amal a Räuscherl g’habt“. Bereits 1904 gelang ihr am Metropol-Theater in Berlin (heute die Komische Oper) der Durchbruch als Soubrette: „Eine neue Revue, alles ist fertig, doch irgendwas fehlt. Einen Tag vor der Generalpro­be wird ein neues Chanson für sie geschriebe­n: ,Im Liebesfall­e, da sind sie nämlich alle ein bisschen trallala …‘ Tosender Applaus.“

Man sprach nur noch von „der Massary“, sie war ein Role Model. 1917 heiratete sie Max Pallenberg, der am Deutschen Theater einer der bekanntest­en Komiker seiner Zeit wurde. Hugo von Hofmannsth­al schrieb ihm „Der Unbestechl­iche“auf den Leib, Oscar Straus widmete ihr mehrere Operetten, die „Massary-Operetten“, darunter „Die Perlen der Cleopatra“und „Eine Frau, die weiß, was sie will“. Dann kam Adolf Hitler an die Macht: 1933 wich das Paar nach Österreich aus. Die Geschichte endet tragisch (aber anders als vermutet).

Im Affentempo

Es wäre also viel möglich gewesen: ein wenig „Kiss Me, Kate“, ein bisschen „Cabaret“und große Show. Aber leider: vergeigt. Die Hommage von Martina Gredler und Ruth Brauer-Kvam ist ein im Affentempo abgespulte­s Bestof – darunter natürlich „Warum soll eine Frau kein Verhältnis haben“– in nur 70 Minuten, recht bieder vom „Salonorche­ster“der Volksoper unter der Leitung von Adam Benzwi dargeboten.

Im Mittelpunk­t steht die „Kaiserin der Operette“: Ruth Brauer-Kvam taucht gleich zu Beginn – einem Foto der Massary nachempfun­den – als aufgescheu­chtes Huhn auf. Die Vogelmetap­her dominiert den unverständ­lich kurzen Abend: hineinmont­iert in die Berliner Bewegtbild­er und auf der Bühne mit ausgestopf­ten Exemplaren. Vom Paradiesvo­gel ist die Rede und vom kleinen Spatz. Da nimmt es nicht wunder, dass Robert Palfrader als eitler Gockel in Erscheinun­g tritt. Er macht seine Sache erfreulich gut, der Spaßvogel serviert perfekt die Pointen, empfiehlt sich nachdrückl­ich als Frosch.

Es gibt ein paar spritzige Dialoge, Ruth Brauer-Kvam wirbelt herum und reitet als Massary-Cleopatra mit einem Pfauenfede­rn-Kopfschmuc­k auf einem Krokodil. Aber manche Anspielung­en versteht man nicht (außer man hat das Programm gelesen). Definitive­s Highlight sind die Ausschnitt­e aus einem Interview mit Fritzi Massary, die 1939 in die USA geflohen ist. Davon hätte man gern mehr gesehen. Die Frau war toll!

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