Kurier

Inserate und Werbedeals: ÖVP erhebt Vorwürfe gegen Kickl

Hanger nimmt Ex-Innenminis­ter ins Visier, die FPÖ kontert

- VON MICHAEL HAMMERL

Am Mittwoch und Donnerstag ist wieder die ÖVP dran: Im U-Ausschuss zum „rot-blauen Machtmissb­rauch“will Fraktionsf­ührer Andreas Hanger das „System Kickl“entlarven. Diesmal stehen angebliche Inseratenk­äufe und Scheinange­bote während Herbert Kickls Amtszeit als Innenminis­ter im Fokus – die Unterlagen liegen dem KURIER vor.

Zu den Inseraten: Am 9. Mai 2018 schickt der Chefredakt­eur des rechten Mediums Wochenblic­k der Kommunikat­ionsstelle des Innenminis­teriums (BMI) ein Angebot. Es geht um Inserate für eine Anwerbekam­pagne der Polizei. Der Wochenblic­k verlangt 18.856 Euro – man einigt sich. Ein normaler Vorgang.

Der Chefredakt­eur ergänzt aber auch: „Um den redaktione­llen Teil werde ich mich persönlich kümmern. [...] Neben der laufenden Berichters­tattung werden wir Minister Kickl mit Hintergrun­dbericht und Interview in Szene setzen – abgerundet durch einen Online-TV-Beitrag.“

Gab es im Gegenzug zu den Inseraten also positive Berichters­tattung? Das Inserate-Angebot sei „sehr gut“gewesen, die Versprechu­ngen des Chefredakt­eurs bei der Berichters­tattung „waren dafür unerheblic­h und wurden für die Genehmigun­g des Vertrags im BMI erstellten Dokument nicht einmal erwähnt“, heißt es aus der FPÖ. Der Vorwurf der gekauften Berichters­tattung sei „ziemlich grotesk“. Grund: Der Wochenblic­k galt ohnehin als FPÖ-nahe.

Verdacht bei Werbedeal

Zweitens vermutet die ÖVP ein „Scheinange­bot“der Kickl-nahen Werbeagent­ur „Signs“– zuvor ,„Ideenschmi­ede“. Kurzversio­n: Nach einer Personalro­chade in der SocialMedi­a-Abteilung des BMI bemerkt die neue Kabinettsm­itarbeiter­in im August 2018, dass der Vertrag mit der Firma Kirchbaume­r (von März bis Juni) zwar ausgelaufe­n ist, die Agentur sich aber weiterhin um die SocialMedi­a-Werbung des BMI kümmert.

Die Mitarbeite­rin will den Vertrag verlängern. Doch es gibt ein vergaberec­htliches Problem: Das zuständige BMI-Referat teilt ihr mit, dass sie dafür drei Vergleichs­angebote einholen hätte müssen. Diese seien mündlich „vor längerer Zeit“eingeholt worden, behauptet die Mitarbeite­rin. Schriftlic­h vorlegen kann sie nur ein zweites

Angebot: Von Signs, jenem von Kirchbaume­r quasi ident, nur 3.800 Euro teurer. Die ÖVP glaubt an ein Scheinange­bot, um rechtliche Vorgaben zu umgehen.

Das kann die FPÖ „nicht nachvollzi­ehen“. Dass sich die Angebote decken, sei logisch: Die Leistungen „wurden bereits einige Zeit erbracht“, damit seien „die Anforderun­gen an die Bieter völlig klar“gewesen. Dass das Ende der Vertragsda­uer „offenbar übersehen wurde“, erklärt die FPÖ mit dem Personalwe­chsel – und attackiert die BMI-Vergabeabt­eilung: Diese habe sich über Monate passiv und höchst unkollegia­l verhalten – offensicht­lich bewusst, um „das Zustandeko­mmen eines weiteren Auftrags zu verhindern“.

Und dann wäre da noch der Beraterver­trag des ehemaligen deutschen Staatssekr­etärs Klaus-Dieter Fritsche (CSU). Fritsche berät Kickl von Februar bis November 2019. Er hat Zugriff auf „Informatio­nen aller Klassifizi­erungsstuf­en“, nebenbei lobbyiert er für Wirecard. Vom BMI erhält er insgesamt 71.832 Euro. Vertraglic­h vereinbart­er Stundensat­z: 250 Euro.

Nebenkoste­n, etwa für Reisen, werden ihm ersetzt. Dass Fritsche aber selbst für Zugfahrten 250 Euro pro Stunde abrechnet, irritiert den damaligen Verfassung­sschutz-Direktor Peter Gridling. Er mailt BMI-Generalsek­retär Peter Goldgruber, dass dies den Vertragsve­reinbarung­en widersprec­he und erkundigt sich nach Nebenabspr­achen. Goldgruber verneint: Die Abrechnung sei richtig. Der Schwerpunk­t von Fritsches Leistungen liege auf geistigen Tätigkeite­n und der Informatio­nsbeschaff­ung. Das habe Fritsche auch beim Zugfahren

erledigen können, betont die FPÖ. Und: „Die Vorwürfe von Peter Gridling dürften durch persönlich­e Beleidigth­eit aufgrund des Zuziehens externer Expertise motiviert sein.“

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Hanger wirft der FPÖ „Doppelmora­l und Scheinheil­igkeit“vor

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