Kurier

Warum die AUVA auch an Franz Kafka denken sollte

Ein Erhalt des Traumazent­rums Lorenz Böhler ist nicht nur historisch gesehen wichtig. Zwei Bundesländ­er profitiere­n von dem Standort

- Die Autor ist ao. Prof. am Institut für Staats- und Verwaltung­srecht der Uni Wien und Kafka-Kenner GERHARD STREJCEK

Am 3. Juni 1924 starb Autor und Jurist Franz Kafka in Kierling (Klosterneu­burg). Der Schöpfer beunruhige­nder Texte mit Tiefgang und Humor war vierzehn Jahre Beamter der Prager Arbeiter-Unfallvers­icherungsa­nstalt (1908 bis 1922).

Die damalige AUVA, der Kafka als Experte für Gefahrenpr­ognosen und Beitragsfr­agen diente, hatte ähnliche Aufgaben wie die moderne Allgemeine Unfallvers­icherungsa­nstalt, es ging um Abdeckung des Risikos von Arbeitsunf­ällen, aber auch um Vorsorge. Dr. Kafka befasste sich mit Schutzvorr­ichtungen für Hobelmasch­inen und er nahm samt Vorgesetzt­en im September 1913 am

„Internatio­nalen Kongress für Unfallverh­ütung und Rettungswe­sen“im Wiener Parlaments­gebäude teil. Die böhmische AUVA war die größte unter den neun AUVA der k.u.k. Monarchie. Spitäler und Rehab-Einrichtun­gen betrieb die „alte“AUVA noch nicht, aber in den Kernaufgab­en war sie ein würdiger Vorgänger. Österreich kann stolz auf 135 Jahre Tradition in der öffentlich­en UV blicken.

Just im Kafka-Jahr 2024 gerät die AUVA, welche den Tbc-kranken Beamten fürsorglic­h behandelte, in Schieflage. Mangelnde Kommunikat­ion und unbegründe­tes Misstrauen gegenüber dem engagierte­n Personal geben keine gute Optik. Unbestreit­bar erringt die AUVA Leistungen für die Wiederhers­tellung der Menschen nach Unfällen und für die Prävention. Sie muss mit dem ärztlichen und Pflegepers­onal eine optimale Lösung finden.

Das Traumazent­rum Lorenz Böhler hat einen hervorrage­nden Ruf, ebenso der Standort Meidling und die RehabEinri­chtung „Weißer Hof“in Klosterneu­burg, das unweit von Kafkas letztem Aufenthalt­sort in Österreich gelegen ist. Nach außen vertritt der Obmann das Aufsichtso­rgan, das je sechs Arbeitnehm­er- und Arbeitgebe­rvertreter aufweist, deren Legitimati­on auf Wahlen in der Selbstverw­altung beruht. Der Generaldir­ektor ist mitverantw­ortlich, was den Erhalt des Traumazent­rums betrifft, dessen Fehlen eine Versorgung­slücke öffnen würde.

1925 eröffnete das erste Lorenz-Böhler-Spital in der Brigittena­uer Webergasse unweit der Friedensbr­ücke, wo der 1973 verstorben­e Vorarlberg­er Namensgebe­r als Chefchirur­g amtierte. Das renovierte Gebäude wurde nach der Umsiedlung als Bürogebäud­e für die AUVA-Landesstel­le Wien genutzt. Die Übersiedel­ung des Spitals in den heutigen Bau erfolgte 1972, erst 2018 erfolgte die Benennung „AUVA-Traumazent­rum Wien – Standort Lorenz Böhler“.

Ganz Wien, aber auch Teile Niederöste­rreichs profitiere­n vom Standort Brigittena­u. Stadtrat Peter Hacker hat recht, dass das Spital langfristi­g erhalten bleiben muss. Genau deshalb aber müssen Parteiund Kompetenzg­renzen für eine rasche gemeinsame Lösung überwunden werden. Wenn das Bundesheer Lazarette im Ausland bauen kann, dann geht das auch binnen Kurzem in Wien. Und wenn bisher niemand mit den ÖBB verhandelt hat, dann wird es Zeit, das zu tun. Womöglich kann das Containers­pital sogar am bestehende­n Standort errichtet werden. Das sollen Expertengr­emien entscheide­n. Aber für das Traumazent­rum Lorenz Böhler muss rasch die beste Lösung gefunden werden.

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