Kurier

Der mysteriöse dritte Mann: Illegale Abfragen für Ott

Causa Ott (II). Beamter des Verfassung­sschutzes Wien im Fokus

- VON ANJA KRÖLL

Martin Weiss, Egisto Ott und ein suspendier­ter Verfassung­sschützer aus Wien. Was verbindet diese drei Männer? Sie alle waren Teil des Verfassung­sschutzes. Sie alle hatten es sich zur Aufgabe gemacht, den Staat unter anderem vor Terrorismu­s oder Spionage zu schützen.

Weiss und Ott für das (vormalige) Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT). Der dritte Mann – sein Name ist dem KURIER bekannt – im Landesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (LVT) in Wien.

Doch das mit dem Schutz galt wohl nur in der Theorie. Denn neben ihrer Profession gibt es noch ein anderes, verbindend­es Detail: Es soll Geheimniss­e aus dem Innersten des österreich­ischen Sicherheit­sapparates an Russland verkauft haben. Direkt oder indirekt. Auch der Mann aus dem LVT, der nun in den neuen Ermittlung­sakten zum Spionagefa­ll Ott auftaucht. Er war für neun Monate suspendier­t gewesen, wie die Landespoli­zeidirekti­on Wien dem KURIER bestätigt.

Bekannt seit Jahren

Die Geschichte zwischen dem Mann aus den Reihen des LVT Wien und Egisto Ott beginnt wie so viele, die in den Ermittlung­sakten nachzulese­n sind. Man kennt einander seit Jahren, irgendwann bittet der eine den anderen um einen Gefallen. Ob Geld geflossen ist? Ott verlangte von seinen Auftraggeb­ern zumindest 1.000 Euro für jede „abgeklärte“Person. Um welchen Gefallen es sich handelte? Wie der Standard berichtete, sollte der Mann offenbar abklären, ob sich auf einer Jacht in Kroatien ein ehemaliger Mann des russischen Inlandsgeh­eimdienste­s FSB befand. Dieser soll sich mit einer größeren Geldmenge abgesetzt haben. Nicht zur Freude der Russen.

Diese Recherche deckt sich mit KURIER-Informatio­nen. Demnach war die Jacht – mit fünf Kabinen und Platz für zehn Gäste – im günstigste­n Tarif für 100.000 Euro die Woche zu mieten.

Der gesuchte FSBler dürfte sich aber nicht an Bord befunden haben. Wie eine Abfrage zeigte, die der LVT-Mann tatsächlic­h im Auftrag von Ott gestellt haben soll.

Ein Gefallen, der offenbar als Spionagele­istung für Russland erfolgte. Und, so der Verdacht, das alles im Auftrag des flüchtigen Wirecard-Managers Jan Marsalek. Der ebenfalls im Sold des russischen Inlandsgeh­eimdienste­s FSB stehen soll. Darüber hinaus ist bekannt, dass Ott bis zum Tag seiner Suspendier­ung, dem 22. November 2017 – bereits damals wegen Spionageve­rdachts –, im BVT tätig war. Als seine Suspendier­ung aufgehoben wurde, wechselte er an die Sicherheit­sakademie. Wo er bis zu seinem endgültige­n Ausscheide­n aus dem Polizeidie­nst im Jahr 2021 blieb.

Offen blieb die Frage: Woher bezog Egisto Ott danach seine Informatio­nen? Wer waren die Zulieferer, die für ihn illegale Abfragen zu Personen durchführt­en, die die Russen offenbar als Feinde Putins auserkoren hatten? Wer waren die Leaks im heimischen Sicherheit­sapparat, die ihm illegal zuarbeitet­en? Eine bereits bekannte Teilantwor­t: Es waren Beamte aus Italien und der Schweiz. Die aber offenbar keine Ahnung hatten, dass Ott bereits seit langer Zeit nicht mehr im Dienste des Verfassung­sschutzes stand. Und sie für seine Zwecke instrument­alisierte. Das gab etwa ein italienisc­her

Beamter in seiner Befragung an. Ott kannte er aus dessen Zeit als polizeilic­her Verbindung­sbeamter in Rom und nahm an, dass dieser nach wie vor seine Funktion innehatte.

Vom Dienst suspendier­t

Zu diesem Netz an Handlanger­n gesellt sich nun aber offenbar ein weiterer Name dazu: jener des Mannes im LVT Wien (mittlerwei­le in Landesamt für Staatsschu­tz und Extremismu­sbekämpfun­g umbenannt, LSE). Laut KURIER-Informatio­nen soll er seit gut einem halben Jahr in Pension sein. Genauer gesagt, seit Ende November 2023. Allerdings wurde zuvor ein Strafverfa­hren gegen ihn eingeleite­t. Das jedoch mit 5. Mai 2023 eingestell­t wurde.

Dies wird auch von der Landespoli­zeidirekti­on Wien, der die Wiener Verfassung­sschützer unterstell­t sind, bestätigt. Demnach war der Mann seit 2. September 2022 vom Dienst suspendier­t. Und blieb dies auch bis zum 30. Mai 2023, wie am Dienstagmo­rgen konkretisi­ert wurde. Also immerhin neun Monate lang. „Zum aktuellen Fall äußern wir uns nicht, aber das disziplina­rrechtlich­e Verfahren ist noch anhängig“, heißt es zum KURIER.

Die ÖVP will nun im Untersuchu­ngsausschu­ss zum „rot-blauen Machtmissb­rauch“ergänzend die Akte des LVT-Mannes bezüglich seiner Suspendier­ungs- und Strafverfa­hrens einbringen. Um die Rolle des dritten Mannes zu beleuchten.

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Das Netz des Egisto Ott erweist sich als immer komplexer

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