Kurier

Schlappe sorgt für Kopfzerbre­chen im Bund

Lässt das schlechte Votum für ÖVP, FPÖ und Neos Rückschlüs­se auf die bevorstehe­nde Nationalra­tswahl zu? Politologe Hofer warnt vor Überinterp­retation

- VON JOSEF GEBHARD UND MICHAEL HAMMERL

Mit der Interpreta­tion von Regionalwa­hl-Ergebnisse­n ist es so eine Sache: Klarerweis­e lassen sich daraus nur wenige Schlüsse auf bundespoli­tische Entwicklun­gen ziehen – es sei denn, sie passen gerade ins Narrativ der einen oder anderen Partei.

So lässt sich wohl auch eine Wortmeldun­g des bei der Innsbruck-Wahl schwer geschlagen­en ÖVP-Kandidaten Ex-Staatssekr­etär Florian Tursky am Montag erklären: Man müsse zwar strikt zwischen Wahlen im Bund und in Gemeinden unterschei­den, doch dass die FPÖ (minus 3,4 Prozent) vor der Wahl deutlich überbewert­et worden sei, treffe für die anstehende Nationalra­tswahl sehr wohl zu.

Politik-Berater Thomas Hofer warnt vor einer Überinterp­retation der InnsbruckW­ahl, erkennt aber doch Faktoren, die vor allem ÖVP, FPÖ und Neos gewisses Kopfzerbre­chen bereiten dürften.

Allen voran der Kanzlerpar­tei, die nach den Niederlage­n in Salzburg, in Innsbruck und angesichts der erwartbare­n Schlappe bei der EU-Wahl mit einem sehr negativen Momentum zu kämpfen habe. „Natürlich wirkt sich so eine Serie von Niederlage­n negativ auf die Stimmung der Funktionär­e aus.“Deshalb hätten so viele auf eine Vorverlegu­ng der Nationalra­tswahl gedrängt.

Wasser abgegraben

Doch lässt sich behaupten, dass die FPÖ angesichts der sehr ungenauen Umfragen für Innsbruck überbewert­et wurde? Hofer sieht eine Parallele zur Salzburg-Wahl. In beiden Fällen habe es populistis­che Konkurrent­en (KPÖ bzw. Johannes Anzengrube­rs Ja Innsbruck) gegeben, die den Blauen zumindest ein wenig das Wasser abgegraben hätten. Ob es bei der Nationalra­tswahl solche „Überlaufge­fäße“

geben werde, ist noch nicht sicher.

Viel aufzuarbei­ten hätten laut Hofer die Neos. „Dass sie nach Salzburg nun auch im studentisc­h geprägten Innsbruck so schlecht abschneide­n, ist bemerkensw­ert.“Dass sie im Herbst aus dem Nationalra­t fliegen, müssten sie laut Experten zwar nicht fürchten, „aber es geht um eine mögliche Regierungs­beteiligun­g. Mit einem Plus bei der Wahl können sie in den Verhandlun­gen wesentlich selbstbewu­sster auftreten“.

Intern gibt man sich bei den Neos selbstkrit­isch: Eine klarere Positionie­rung als systemfern­e Kontrollpa­rtei wäre wohl klüger gewesen, um sich stärker von den bürgerlich­en Innsbrucke­r Listen abzuheben, heißt es in Parteikrei­sen. Dass den Neos, ähnlich wie der deutschen FDP, kommunale und ländliche Strukturen fehlen, wird in der Partei schon länger als Problem wahrgenomm­en.

 ?? ?? Nach der Wahl in Innsbruck: Bürgermeis­ter Georg Willi von den Grünen feiert mit seinen Unterstütz­ern. Andere Bürgermeis­terkandida­ten hatten weniger zu feiern
Nach der Wahl in Innsbruck: Bürgermeis­ter Georg Willi von den Grünen feiert mit seinen Unterstütz­ern. Andere Bürgermeis­terkandida­ten hatten weniger zu feiern
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 ?? ?? Schwer geschlagen: ÖVPKandida­t Florian Tursky
Schwer geschlagen: ÖVPKandida­t Florian Tursky

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