Schlappe sorgt für Kopfzerbrechen im Bund
Lässt das schlechte Votum für ÖVP, FPÖ und Neos Rückschlüsse auf die bevorstehende Nationalratswahl zu? Politologe Hofer warnt vor Überinterpretation
Mit der Interpretation von Regionalwahl-Ergebnissen ist es so eine Sache: Klarerweise lassen sich daraus nur wenige Schlüsse auf bundespolitische Entwicklungen ziehen – es sei denn, sie passen gerade ins Narrativ der einen oder anderen Partei.
So lässt sich wohl auch eine Wortmeldung des bei der Innsbruck-Wahl schwer geschlagenen ÖVP-Kandidaten Ex-Staatssekretär Florian Tursky am Montag erklären: Man müsse zwar strikt zwischen Wahlen im Bund und in Gemeinden unterscheiden, doch dass die FPÖ (minus 3,4 Prozent) vor der Wahl deutlich überbewertet worden sei, treffe für die anstehende Nationalratswahl sehr wohl zu.
Politik-Berater Thomas Hofer warnt vor einer Überinterpretation der InnsbruckWahl, erkennt aber doch Faktoren, die vor allem ÖVP, FPÖ und Neos gewisses Kopfzerbrechen bereiten dürften.
Allen voran der Kanzlerpartei, die nach den Niederlagen in Salzburg, in Innsbruck und angesichts der erwartbaren Schlappe bei der EU-Wahl mit einem sehr negativen Momentum zu kämpfen habe. „Natürlich wirkt sich so eine Serie von Niederlagen negativ auf die Stimmung der Funktionäre aus.“Deshalb hätten so viele auf eine Vorverlegung der Nationalratswahl gedrängt.
Wasser abgegraben
Doch lässt sich behaupten, dass die FPÖ angesichts der sehr ungenauen Umfragen für Innsbruck überbewertet wurde? Hofer sieht eine Parallele zur Salzburg-Wahl. In beiden Fällen habe es populistische Konkurrenten (KPÖ bzw. Johannes Anzengrubers Ja Innsbruck) gegeben, die den Blauen zumindest ein wenig das Wasser abgegraben hätten. Ob es bei der Nationalratswahl solche „Überlaufgefäße“
geben werde, ist noch nicht sicher.
Viel aufzuarbeiten hätten laut Hofer die Neos. „Dass sie nach Salzburg nun auch im studentisch geprägten Innsbruck so schlecht abschneiden, ist bemerkenswert.“Dass sie im Herbst aus dem Nationalrat fliegen, müssten sie laut Experten zwar nicht fürchten, „aber es geht um eine mögliche Regierungsbeteiligung. Mit einem Plus bei der Wahl können sie in den Verhandlungen wesentlich selbstbewusster auftreten“.
Intern gibt man sich bei den Neos selbstkritisch: Eine klarere Positionierung als systemferne Kontrollpartei wäre wohl klüger gewesen, um sich stärker von den bürgerlichen Innsbrucker Listen abzuheben, heißt es in Parteikreisen. Dass den Neos, ähnlich wie der deutschen FDP, kommunale und ländliche Strukturen fehlen, wird in der Partei schon länger als Problem wahrgenommen.