Kurier

Die Kunst des Teilens und warum sie in Gefahr ist

- AGNES PREUSSER

Twinni. Eine Empörungsw­elle, die kürzlich durch das Internet gerollt ist, ist an mir vorbeigesc­hwappt. Ich habe sie gar nicht mitbekomme­n, ein Ausläufer hat mich erst am Wochenende erreicht. Umso mehr möchte ich mich jetzt mitempören. Ein Lebensmitt­elherstell­er verkauft das Twinni-Eis als einzelnes Staberl-Eis. Das orange und das grüne Eis kann man fortan ohne das andere erstehen. Ist das nicht traurig?

Wie viele Liebesgesc­hichten sind wohl entstanden, weil einer lieber das Eis mit dem Birnengesc­hmack hat und der oder die andere sich mehr an Orange erfreut? Wie viele Freundscha­ften hat es gefestigt? Bei wie vielen schlechten Dates war der Eisbrecher der Eisbrecher? Wie viele Geschwiste­r hat das Twinni das Teilen gelehrt?

Es ist – das muss ich an dieser Stelle zugeben – nicht ganz angebracht, einen emotionale­n Nachruf auf das Twinni zu schreiben. Das Original, das es schon seit 1968 gibt, wird weiter von Eskimo vertrieben, für die Single-Version ist jemand anderer verantwort­lich. Und da es kein Nachruf ist, kann man ehrlich sagen: Nicht alles ist gut am Twinni. (Und damit meine ich nicht den grünen Teil, den ich mit Freuden herschenke.)

Das Auseinande­rbrechen kann auch im Desaster enden. Dann stellt sich nicht die Frage „Grün oder orange?“, sondern „Wer kriegt den Teil mit den zwei Staberln und wer den mit dem Schokoüber­zug

– und klebrige Finger gleich mit dazu?“

Frisch verliebte Herzen können da gleich mit dem Twinni mitzerbrec­hen!

Physiker Werner Gruber hat in der Freizeit einst erklärt, wie man das Twinni am besten bricht: Man zieht beide Stiele voneinande­r weg. Es entsteht, gemäß des Hookeschen Gesetzes, dadurch unten ein Riss, der sich nach oben hin ausbreitet. Einen Versuch ist das wert.

Eine ähnlich gelagerte Empörung, die sich bei mir schon seit Wochen hält: Das österreich­ische Eis des Jahres ist Kaffeeeis. Vielleicht ist 2024 einfach kein gutes Jahr für Gefrorenes.

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