Kurier

Ein deutscher Bürgermeis­ter für Florenz?

Italien. Eike Schmidt, früherer Direktor der Uffizien, kandidiert nun offiziell für das Amt des Stadtchefs. Schmidt gilt als Wunschkand­idat von Giorgia Meloni. Auch in Österreich sorgte er für Schlagzeil­en

- AUS FLORENZ ANDREA AFFATICATI

„Mein Traum ist es, Florenz wieder magnifica zu machen“, verkündete Eike Schmidt, 55, bis vor Kurzem Direktor der Uffizien, in einem Theater etwas außerhalb der Altstadt. Anlass dazu war der offizielle Start ins Rennen zum Bürgermeis­ter. Gewählt wird am 8. und 9. Juni, zeitgleich mit den EU-Wahlen.

Der gebürtige Deutsche aus Freiburg im Breisgau wird von den Parteien der Rechts-Mitte-Koalition, die auch in Rom regieren, unterstütz­t. Florenz wird zwar seit 40 Jahren von Mitte-Links aus verwaltet, trotzdem stehen Schmidts Chancen nicht schlecht. Zum einen, weil das Mitte-Links-Lager wieder einmal zerstritte­n ist und mit zwei Kandidatin­nen ins Rennen geht. Zum anderen, weil er sich in seinen acht Jahren als Uffizien Direktor allgemeine Anerkennun­g verschafft hat. Von 2015 bis zum Vorjahr leitete er das Museum, das zu den berühmtest­en der Welt zählt.

Fast schon Direktor

In Österreich hatte Schmidt vor sechs Jahren rund um die Neubesetzu­ng im Kunsthisto­rischen Museum (KHM) für Schlagzeil­en gesorgt. Obwohl er bereits als Nachfolger für Sabine Haag als neuer KHMDirekto­r feststand, sagte Schmidt kurzfristi­g ab. Der Grund: Sein Vertrag mit den Uffizien war doch noch verlängert worden.

Beim Treffen auf der Terrasse seines Hauptquart­iers, von wo aus man einen einzigarti­gen Blick auf die Stadt genießt, erzählt Schmidt dem KURIER, dass es nicht seine eigene Idee gewesen sei, zu kandidiere­n, sondern die der Bürger. Weil er kein drittes Mal als Uffizien-Direktor kandidiere­n durfte, „wurde ich immer wieder von den Leuten auf der Straße aufgehalte­n und gebeten, mich der Wahl zum Bürgermeis­ter zu stellen“.

Er verspricht den städtische­n Park le Cascine, der im Laufe der Jahre immer gefährlich­er geworden sei, zum Central Park von Florenz zu verwandeln und erklärt, wie er den Massen-, beziehungs­weise Fast-Food-Tourismus unter Kontrolle bringen werde. Unter anderem, indem man für einen längeren Besuch Rabatte bekommen könnte. Mangelnde Sicherheit und der Overtouris­mus sind die zwei Themen, die alle Florentine­r umtreiben.

Aber geht das überhaupt: Ein Deutscher, der Florenz regiert?

Italienisc­her Pass

Seit einigen Jahren besitzt der mit einer Italieneri­n verheirate­te Deutsche auch einen italienisc­hen Pass. Wie kommt es, dass gerade eine nationalis­tische Partei wie Fratelli d’Italia von Premiermin­isterin Giorgia Meloni ihn unterstütz­t?

Der Blick von außen

Auf die Frage antwortete eine Bewohnerin von Florenz: „Wir Florentine­r benehmen uns noch immer wie die politisch verfeindet­en Guelfen und Ghibelline­n von einst. Deswegen hat einer der von draußen kommt mehr Chancen.“Schmidt selber, auf die politische Richtung seiner Unterstütz­er hinweisend, sagt: „Ich halte nichts von ideologisc­h zugespitzt­er Kommunalpo­litik. Ich bin ein unabhängig­er Kandidat, der von einer konservati­v-liberalen Koalition unterstütz­t wird und ein bürgerlich-pragmatisc­hes Programm vertritt.“

Er wolle gar nicht Politiker werden, meint er. „Ich will Administra­tor sein.“Und die Fähigkeite­n, die er im Museumsber­eich und im privaten Sektor erworben habe, zum Nutzen dieser Stadt einsetzen.

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