Wie Sturm im Millionenspiel Rapid enteilt ist
Meistergruppe. Die Grazer konnten mit Sportchef Schicker die Wiener in der Tabelle, bei den Transfers und beim Wert des Kaders überholen. Rapid bastelt mit Sportdirektor Katzer am Comeback
Es wird kalt beim Vorspiel zum Cupfinale Rapid – Sturm. Trotzdem wird es beim Bundesliga-Klassiker ab 20.30 Uhr heiß hergehen in Hütteldorf. Garantiert.
Der sonst zurückhaltende Robert Klauß freut sich zwar, dass Cvetkovic nach seinem Kreuzbandriss erstmals wieder im Kader steht, verheimlicht aber nicht, dass er aus zwei Gründen sauer ist. Weil auch Grgic nach einem harten Foul beim 0:1 im „Hinspiel“in Graz angeschlagen ist. Und weil die Grazer laut dem Rapid-Coach rund um die direkten Duelle stets das Training der Wiener aus der näheren Umgebung mit ungebetenen Zaungästen ausspionieren. Da neben Grgic auch Burgstaller und Kongolo fraglich sind, außerdem Querfeld noch verletzt ist, kann es sich durchaus lohnen, die Not-Elf der Rapidler vorzeitig auszukundschaften.
Wo könnten sich die Rapidler etwas von Sturm abschauen? Eindeutig bei der Transferperformance der Grazer und der Marktwertentwicklung des Kaders seit dem Amtsantritt von Sportchef Andreas Schicker vor vier Jahren (siehe Grafik).
Yeboah veränderte alles
Mehr als drei Mal so wertvoll ist das Sturm-Team heute, während es bei Rapid nach Corona lange bergab ging. Kein Wunder, dass Sportdirektor Markus Katzer beim Potenzial der Neuen und dem erhofften Wiederverkaufswert seit seinem Start Anfang 2023 die größten Veränderungen vorgenommen hat. Das Schlüsseldatum in der unterschiedlichen Entwicklung war der 6. Februar 2021.
Ein Blick zurück: Der damalige Rapid-Trainer Kühbauer will ebenso wie sein Gegenüber Ilzer von der WSG das Stürmertalent Kelvin Yeboah verpflichten. Während in Graz mitten im Lockdown die letzten finanziellen Reserven angezapft werden, bremst laut KURIER-Recherchen die damalige RapidSpitze: Die Bundesregierung hat zwar entschieden, den Vereinen den Corona-Schaden auszugleichen, allerdings gibt es keinen Ersatz für Geisterspiele im Europacup. Den Hütteldorfern sind dadurch rund drei Millionen an Einnahmen entgangen, im Budget klafft ein Loch, es soll kein Risiko genommen werden.
Yeboah wechselt schließlich um rund 600.000 Euro nach Graz – es wird die einzige Saison mit einem Transferminus für einen der beiden Kontrahenten (siehe unten).
Weil der Neffe von Tony Yeboah bei Sturm einschlägt und die WSG am Weiterverkauf beteiligt ist, verdoppelt sich die Ablöse für die Tiroler nur ein Jahr später. Um satte 6,5 Millionen wechselt der Sprinter nach Genua.
Damit kommt ein bemerkenswertes Millionenspiel in Gang: Schicker unternimmt alles, um Rasmus Hojlund um zwei Millionen von Kopenhagen zu bekommen. Der Däne explodiert, mit der Zwischenstufe Atalanta Bergamo wird der heutige Angreifer von Manchester United insgesamt 20 Millionen brutto für die Steirer einbringen.
Sturms Millionensturm
Nachfolger Emanuel Emegha kostet 2022 bereits mehr, wird aber ebenso in nur einem Jahr zum Jackpot: Straßburg zahlt 13 Millionen für den schnellen Niederländer. Bei solchen Summen stört es kaum, dass die um insgesamt fünf Millionen eingekauften Stürmer Jatta und Wlodarczyk (noch) nicht perfekt funktionieren. Die nötigen Tore schießt dann eben der im Winter von Arsenal geliehene Biereth.
Zum Vergleich: Rapid hat nach dem geplatzten YeboahDeal nur noch einen richtig teuren Einkauf getätigt. Druijf kam als Wunschspieler von Ex-Trainer Feldhofer um 1,5 Millionen. Das Bauchweh des damaligen Sportchefs Barisic war berechtigt: Druijf ist selten fit und nach einer KnieOP bei seinem Leihverein Zwolle noch monatelang out.
Alles geht auch in Graz nicht auf. So waren die monatelangen Bemühungen um Vertragsverlängerungen mit den Stammspielern Kiteishvili und Affengruber erfolglos. Nach sechs bzw. drei Jahren droht ein ablösefreier Abgang des Duos. „Das gehört zum Geschäft, das allerletzte Wort ist aber noch nicht gesprochen. Das Ergebnis der Saison könnte noch ein Argument werden“, sagt Schicker zum KURIER und hofft auf ein Umdenken im Fall des Meistertitels samt Qualifikation für die Champions League.
Davon ist Rapid mit Katzer weit entfernt. Sein Blick in die Zukunft ist aber betont positiv: „Wir haben so viel verändert: Trainer, Kaderplaner, Chefscout, Scouting durch Datenanalyse. Der Kader wurde massiv verjüngt, aber besser. Das Potenzial steigt, das Wiederverkaufspotenzial ebenso. Wir machen große Schritte. Und im Sommer folgt der nächste.“
So landete U-17-WM-Teilnehmer Ousmane Thiero bereits zum Probetraining. Die Verpflichtung des Mittelfeldspielers aus Mali steht bevor.
Weitere Einkäufe wären nach der fixen Qualifikation für eine Europacup-Gruppenphase einfacher – das geht durch Platz drei in der Liga oder mittels Cupsieg. Der nächste Gegner in beiden Bewerben ist ebenso bekannt wie stark: Sturm Graz.