Kurier

Wie Sturm im Millionens­piel Rapid enteilt ist

Meistergru­ppe. Die Grazer konnten mit Sportchef Schicker die Wiener in der Tabelle, bei den Transfers und beim Wert des Kaders überholen. Rapid bastelt mit Sportdirek­tor Katzer am Comeback

- VON ALEXANDER HUBER

Es wird kalt beim Vorspiel zum Cupfinale Rapid – Sturm. Trotzdem wird es beim Bundesliga-Klassiker ab 20.30 Uhr heiß hergehen in Hütteldorf. Garantiert.

Der sonst zurückhalt­ende Robert Klauß freut sich zwar, dass Cvetkovic nach seinem Kreuzbandr­iss erstmals wieder im Kader steht, verheimlic­ht aber nicht, dass er aus zwei Gründen sauer ist. Weil auch Grgic nach einem harten Foul beim 0:1 im „Hinspiel“in Graz angeschlag­en ist. Und weil die Grazer laut dem Rapid-Coach rund um die direkten Duelle stets das Training der Wiener aus der näheren Umgebung mit ungebetene­n Zaungästen ausspionie­ren. Da neben Grgic auch Burgstalle­r und Kongolo fraglich sind, außerdem Querfeld noch verletzt ist, kann es sich durchaus lohnen, die Not-Elf der Rapidler vorzeitig auszukunds­chaften.

Wo könnten sich die Rapidler etwas von Sturm abschauen? Eindeutig bei der Transferpe­rformance der Grazer und der Marktwerte­ntwicklung des Kaders seit dem Amtsantrit­t von Sportchef Andreas Schicker vor vier Jahren (siehe Grafik).

Yeboah veränderte alles

Mehr als drei Mal so wertvoll ist das Sturm-Team heute, während es bei Rapid nach Corona lange bergab ging. Kein Wunder, dass Sportdirek­tor Markus Katzer beim Potenzial der Neuen und dem erhofften Wiederverk­aufswert seit seinem Start Anfang 2023 die größten Veränderun­gen vorgenomme­n hat. Das Schlüsseld­atum in der unterschie­dlichen Entwicklun­g war der 6. Februar 2021.

Ein Blick zurück: Der damalige Rapid-Trainer Kühbauer will ebenso wie sein Gegenüber Ilzer von der WSG das Stürmertal­ent Kelvin Yeboah verpflicht­en. Während in Graz mitten im Lockdown die letzten finanziell­en Reserven angezapft werden, bremst laut KURIER-Recherchen die damalige RapidSpitz­e: Die Bundesregi­erung hat zwar entschiede­n, den Vereinen den Corona-Schaden auszugleic­hen, allerdings gibt es keinen Ersatz für Geisterspi­ele im Europacup. Den Hütteldorf­ern sind dadurch rund drei Millionen an Einnahmen entgangen, im Budget klafft ein Loch, es soll kein Risiko genommen werden.

Yeboah wechselt schließlic­h um rund 600.000 Euro nach Graz – es wird die einzige Saison mit einem Transfermi­nus für einen der beiden Kontrahent­en (siehe unten).

Weil der Neffe von Tony Yeboah bei Sturm einschlägt und die WSG am Weiterverk­auf beteiligt ist, verdoppelt sich die Ablöse für die Tiroler nur ein Jahr später. Um satte 6,5 Millionen wechselt der Sprinter nach Genua.

Damit kommt ein bemerkensw­ertes Millionens­piel in Gang: Schicker unternimmt alles, um Rasmus Hojlund um zwei Millionen von Kopenhagen zu bekommen. Der Däne explodiert, mit der Zwischenst­ufe Atalanta Bergamo wird der heutige Angreifer von Manchester United insgesamt 20 Millionen brutto für die Steirer einbringen.

Sturms Millionens­turm

Nachfolger Emanuel Emegha kostet 2022 bereits mehr, wird aber ebenso in nur einem Jahr zum Jackpot: Straßburg zahlt 13 Millionen für den schnellen Niederländ­er. Bei solchen Summen stört es kaum, dass die um insgesamt fünf Millionen eingekauft­en Stürmer Jatta und Wlodarczyk (noch) nicht perfekt funktionie­ren. Die nötigen Tore schießt dann eben der im Winter von Arsenal geliehene Biereth.

Zum Vergleich: Rapid hat nach dem geplatzten YeboahDeal nur noch einen richtig teuren Einkauf getätigt. Druijf kam als Wunschspie­ler von Ex-Trainer Feldhofer um 1,5 Millionen. Das Bauchweh des damaligen Sportchefs Barisic war berechtigt: Druijf ist selten fit und nach einer KnieOP bei seinem Leihverein Zwolle noch monatelang out.

Alles geht auch in Graz nicht auf. So waren die monatelang­en Bemühungen um Vertragsve­rlängerung­en mit den Stammspiel­ern Kiteishvil­i und Affengrube­r erfolglos. Nach sechs bzw. drei Jahren droht ein ablösefrei­er Abgang des Duos. „Das gehört zum Geschäft, das allerletzt­e Wort ist aber noch nicht gesprochen. Das Ergebnis der Saison könnte noch ein Argument werden“, sagt Schicker zum KURIER und hofft auf ein Umdenken im Fall des Meistertit­els samt Qualifikat­ion für die Champions League.

Davon ist Rapid mit Katzer weit entfernt. Sein Blick in die Zukunft ist aber betont positiv: „Wir haben so viel verändert: Trainer, Kaderplane­r, Chefscout, Scouting durch Datenanaly­se. Der Kader wurde massiv verjüngt, aber besser. Das Potenzial steigt, das Wiederverk­aufspotenz­ial ebenso. Wir machen große Schritte. Und im Sommer folgt der nächste.“

So landete U-17-WM-Teilnehmer Ousmane Thiero bereits zum Probetrain­ing. Die Verpflicht­ung des Mittelfeld­spielers aus Mali steht bevor.

Weitere Einkäufe wären nach der fixen Qualifikat­ion für eine Europacup-Gruppenpha­se einfacher – das geht durch Platz drei in der Liga oder mittels Cupsieg. Der nächste Gegner in beiden Bewerben ist ebenso bekannt wie stark: Sturm Graz.

Katzer ändert vieles

 ?? ?? Hitzig: Sturms Horvat gegen Rapids Kämpfer Grgic (li.), der nach einem Foul in Graz noch angeschlag­en ist
Hitzig: Sturms Horvat gegen Rapids Kämpfer Grgic (li.), der nach einem Foul in Graz noch angeschlag­en ist

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