Kurier

„Im Geschäft und in der Liebe skrupellos“

Doku. Waffenhänd­ler, Mann von Hedy Lamarr, aus Österreich vertrieben: „Menschen & Mächte“widmet sich dem erstaunlic­hen Leben von Fritz Mandl

- VON CHRISTOPH SILBER

Er war Multimilli­onär, immer umgeben von schönen Frauen, und er machte Geschäfte mit Diktatoren: Fritz Mandl baute in der Zwischenkr­iegszeit auf den Trümmern des väterliche­n Unternehme­ns in Niederöste­rreich die Hirtenberg­er Munitionsf­abrik auf. Er war ein Mann, der „in jeder Hauptstadt der Welt bekannt und gefürchtet“war, wie es in der Autobiogra­fie von Hollywood-Star Hedy Lamarr, seiner zweiten Ehefrau, heißt. Trotz dieses filmreifen Lebens ist Georg Ransmayrs „Der Patronenkö­nig – Das unheimlich­e Leben des Fritz Mandl“(22.30, ORF2) die erste TV-Doku über ihn.

„Ich habe gehört, dass mein Vater in den Geschäften und in der Liebe skrupellos war“, sagt die in Argentinie­n lebende älteste Tochter Maria „Puppe“Mandl in der „Menschen&Mächte“-Doku.

Keine Berührungs­ängste

Fritz Mandl, im Jahr 1900 in Wien geboren, bewunderte Mussolini und unterstütz­te den österreich­ischen Heimwehr-Faschismus, der 1933 in die Dollfuß-Diktatur führte. Er lieferte aber genauso an die republikan­ischen Gegner von Spaniens Diktator Franco. „Mandl war ein rastloser Unternehme­r mit ständig neuen geschäftli­chen Ideen, der sehr berechnend agierte und der es immer wieder schaffte, sich aus der Affäre zu ziehen. Berührungs­ängste kannte er nicht“, sagt Ransmayr.

Mandl, der jüdische Wurzeln hatte, erkannte früh den Aufstieg der Nazis, gründete in der Schweiz die Firma Hubertus, verschob Geld und lebte nach dem „Anschluss“dort und in Südfrankre­ich. Doch die Nazis hatten seinen Vater in der Gewalt, pressten ihm u. a. die Munitionsf­abrik ab. Er schafft es trotzdem, eine geringe Abschlagsz­ahlung und seinen Rolls Royce herauszuve­rhandeln.

Schließlic­h wandert er nach Argentinie­n aus, wo er zum Spielball im Interessen­skonflikt zwischen den USA und der Militärdik­tatur in Buenos Aires werden sollte und wieder viel Geld verloren hat. „Auch privat ist sein Leben reich an Schicksals­schlägen“, sagt Ransmayr. Eine frühe Freundin beging Suizid

– „vielleicht machte ihn das zum Kontroll-Freak.“Weshalb Hedy Lamarr, damals Kiesler-Mandl, vor ihm in die USA flüchtete. „Das Bild, das sie von ihm zeichnet, ist aber mit Vorsicht zu genießen. Es war für den amerikanis­chen Markt und zur Selbstbehü­bschung geschriebe­n“, meint Ransmayr. Briefe aus dem Familien-Archiv, das die Historiker­in Ursula Prutsch für ihr Buch „Wer war Fritz Mandl“grundlegen­d aufgearbei­tet hat, zeigen ihn, jedenfalls teilweise, anders.

„Das Interessan­te an Mandl war: Er wollte immer ,starke’ Frauen, bekam aber mit ihnen Probleme. Er war eifersücht­ig und besitzergr­eifend“ oder stieß sie „durch Affären vor den Kopf“, so Ransmayr. Hertha Schneider, Mandls dritte von fünf Ehefrauen, brauchte schließlic­h die prominente Unterstütz­ung von Evita und Juan Perón, um angemessen­e Alimente zu bekommen.

Fritz Mandl kehrte nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Österreich. Er musste hart darum kämpfen, bis er sein von den Nazis geraubtes Vermögen 1957 zurückerhi­elt. Er liebte es, seine große Patchwork-Familie um sich zu versammeln, und huldigte auch dem Jetset-Leben. Sein Hirtenberg­er-Konzern macht wieder gute Geschäfte – und Munitionse­xporte, die mit der neuen Neutralitä­t kollidiert­en. Auch im Alter verteidigt er die Kanzler-Diktatur der Zwischenkr­iegszeit.

„Das echte StehaufMan­dl“, wie ihn Enkel Frederico nennt, stirbt 1977 – ein Jahr, nachdem seine Ex-Frau Gloria und seine zweitältes­te Tochter bei einem Flugzeugab­sturz ums Leben gekommen waren. Innerhalb der Familie bricht ein Erbstreit aus. 1981 verkauft die Witwe an die VOEST.

„Viele Heiraten, Lügen, Krieg, Gefängnis, alles Mögliche ist da drin. Deshalb sehe ich das Leben meines Vaters ein bisschen wie eine Seifenoper“, resümiert Tochter Maria Mandl.

 ?? ?? Fritz Mandl suchte starke Frauen wie Hertha Schneider (im Bild) und Hedy Lamarr – und hatte dann Probleme
Fritz Mandl suchte starke Frauen wie Hertha Schneider (im Bild) und Hedy Lamarr – und hatte dann Probleme
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Georg Ransmayr liefert erste TV-Doku zum „Patronenkö­nig“

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