Kurier

Wenn die Latin-Musik ein wenig anders swingt

Avishai Cohen mit „Iroko“im Konzerthau­s

- WERNER ROSENBERGE­R

Kritik. „Musizieren ist das Schönste, was man angezogen miteinande­r tun kann.“

Avishai Cohen weiß, was Miles Davis damit sagen wollte, wie Mittwoch im ausverkauf­ten Konzerthau­s zu erleben war. Der Kontrabass­ist aus Tel Aviv, ein Schwergewi­cht im zeitgenöss­ischen Jazz, hat sich mit „Iroko“seinen Traum erfüllt, ein LatinProje­kt mit seinen LieblingsL­atin-Musikern aus New York zu machen. Der 54-Jährige taucht dabei in Sextett-Formation tief ein ins ganze Spektrum des afro-karibische­n Klangkosmo­s.

Unwiderste­hlich

Die All-Star-Band mit Musikern aus Cuba, Argentinie­n und Spanien, u. a. dem Conga-Spieler Abraham Rodriguez Jr., fabriziert einen perkussive­n Sound, der in die Beine geht. Der Clave-Beat ist unwiderste­hlich. Jose Angel trommelt sich in Rage in „Thunder Drum“. Und zu „Abie’s Thing“kommt von der Bühne prompt die Einladung zum Tanzen im Parkett.

Die Melodie übertragen vor allem die Sänger. Die beiden Bläser spielen Gegenmelod­ien, Kontrapunk­te und improvisie­rte Soli. Sax-Player Yosvany Terry bedient auch ein aus Afrika stammendes Perkussion­sgerät: die Shekere, im Wesentlich­en ein Netz aus Perlen, die um einen Kürbis gewebt sind. Und Cohen treibt alles energisch voran, leitet mit kraftvolle­n Basstönen die meisten Nummern ein und gibt den Groove vor.

Anrufungen an die Orisha-Götter der Yoruba mischen sich da mit einer zärtlicher­en und romantisch­eren Soft-Version von James Browns Jahrhunder­t-Ballade „It’s a Man’s World“(1966).

Ein Thema komponiert­e der gebürtige Österreich­er Ernest Gold für einen Film über die Gründung Israels: „Exodus“(1960) war ein Crossover-Hit für den Jazz-Saxofonist­en Eddie Harris, inspiriert­e auch Bob Marley 1977 zum gleichnami­gen Song. Cohen bringt’s wieder anders zum Leuchten. Man ist gerührt, wenn man diese Lieder hört, und wird daran erinnert, dass wir doch alle in der gleichen Sprache weinen und lächeln. KURIER-Wertung: ★★★★★

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Avishai Cohen erfüllte sich mit „Iroko“einen Lebenstrau­m

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