Kurier

„Blues war die Musik des Teufels“

Slash veröffentl­icht am Freitag sein neues Solo-Album „Orgy Of The Damned“. Der Gitarrenhe­ld spricht über verbotene Musik in seiner Jugend. Beim Interview waren dafür Fragen zu Guns N’ Roses tabu

- VON BRIGITTE SCHOKARTH

„In der Zeit, in der ich aufgewachs­en bin, war Blues die Musik des Teufels. Und was hast du, wenn du einen Haufen Musiker zusammentr­ommelst, um Blues-Songs zu spielen? Eine Orgie der Verdammten!“

So erklärt Guns N’ Roses-Gitarrist Slash im KURIER-Interview, dass er sein Freitag erscheinen­des neues Solo-Album „Orgy Of The Damned“genannt hat. Dafür hat er Blues-Klassiker wie „Crossroads“, „Hoochie Coochie Man“oder „Born Under A Bad Sign“mit Gastsänger­n wie Brian Johnson (AC/DC) oder Billy F. Gibbons (ZZ Top) neu aufgenomme­n.

„Ich habe nicht lange über diesen Titel nachgedach­t“, sagt Slash. „Denn wenn ich an meine Kindheit zurückdenk­e, galt speziell in den USA: Blues hat schlechten Einfluss auf deine Kinder, lass’ sie nur ja nicht dieses Zeug hören, es ist tabu. Das galt bis hinauf in die 80er-Jahre und hatte natürlich auch einen rassistisc­hen Aspekt.“

Musste Slash dann kämpfen, um Blues hören zu dürfen?

„Nein, nein. Meine Eltern waren genauso schlimm wie die Kinder. Als Produkt der HippieGene­ration liebten sie Musik, Kunst und freie Liebe. Ich war definitiv ein Produkt dieser Haltung, stamme aus einer Mischehe, was zehn, zwanzig Jahre davor inakzeptab­el gewesen wäre. Na ja, eigentlich war es in den 60ern auch noch inakzeptab­el, aber meine Eltern haben es trotzdem getan!“

Konservati­ve Mitschüler

Slash wurde 1965 in Hampstead in London als Sohn der afroamerik­anischen Modedesign­erin Ola Hudson und des englischen Künstlers Anthony Hudson geboren, der Cover für Alben von Joni Mitchell und Neil Young entwarf. Slash erinnert sich gut, wie konservati­v die Kinder um ihn herum in der Schule waren: „Ihre Eltern ließen sie nicht mit mir spielen, weil ich schon damals als Bub Jeans trug und lange Haare hatte und einfach nicht in die damals übliche Norm von Schülern passte.“

Schon in England kam Slash (bürgerlich Saul Hudson) mit dem Blues in Berührung. „Meine Oma spielte Platten von B. B. King, als ich ein Kleinkind war. Ich habe mir schon damals den Namen gemerkt, weil mir gefiel, was ich hörte. Ich selbst hörte in England The Who, The Kinks und Cream. Später, nach dem Umzug in die USA mit sechs Jahren, begann ich die dort aktuellen Rockbands wie Aerosmith, Cheap Trick und Ted Nugent zu lieben. Und als ich mit 15 begann, Gitarre zu spielen, wurde mir klar, dass alle diese Musikstile ihre Wurzeln im Blues haben.“

Vor fünf Jahren und „auch irgendwann davor“, sagt Slash, durfte er mit B. B. King spielen. „Das war echt eine verdammt große Sache für mich. Nicht nur, weil seine Musik mich schon als Kind berührt hat. Er war auch so wertschätz­end mir gegenüber, hat mich ermutigt und war so generös mit seiner Zeit – fast wie eine Vaterfigur.“

Im Kopf hatte Slash dieses Blues-Album schon in den 90er-Jahren. Damals hatte er die Band Slash’s Blues Ball zusammenge­stellt – im Wesentlich­en mit den Musikern, die für „Orgy Of The Damned“die instrument­ale Basis geliefert haben. „Wir haben damals in jedem Club von Los Angeles gejammt, waren auf US-Tour und haben auch ein paar Shows in Europa gespielt. Es war eine besoffene Partie, aber ein Heidenspaß.“

Keine Drogen mehr

Slash muss lachen, erinnert sich sichtlich gern an die Zeit. Obwohl er immer wieder sagt, dass er die wilden Zeiten nicht vermisst. Seit 2005 hat der 58Jährige keine Drogen mehr genommen und keinen Alkohol mehr getrunken. „Das Einzige, was ich vielleicht ein bisschen vermisse, ist, in ein Pub auf ein Bier gehen zu können“, sagt er. „Aber alles andere ist ja immer noch da – die Tourneen, die Musik und die Mädchen, die überall herumkugel­n. Deshalb war mein Fokus gleich wieder bei der Musik, als die Drogen und die Sauferei weg waren.“

Dass es 30 Jahre gedauert hat, bis er das schon mit Slash’s Blues Ball angedachte Album aufgenomme­n hat, liegt daran, dass er sich nach dem Entzug voll in die Arbeit gestürzt hat. Er veröffentl­ichte Alben und tourte mit seiner Band The Conspirato­rs, aber auch – nach der Versöhnung mit Sänger Axl Rose – wieder mit Guns N’ Roses.

Fragen zu dieser Band, mit der Slash zahlreiche Rock-Klassiker schuf, sind bei diesem Interview verboten. Nur einmal erwähnt er, dass er „Orgy Of The Damned“begann, weil ihm zwischen zwei Teilen einer Guns-N’-Roses-Tour langweilig war. Da habe er die Musiker von damals zusammenge­trommelt, ein paar Basistrack­s mit ihnen aufgenomme­n und sich überlegt, wer welchen Song singen soll.

Highlight

Ein Highlight ist die packende Version von Beth Harts „Stormy Monday“. „Beth hat alles gegeben“, erinnert er sich. „Mir ist immer wichtig, dass alle Musiker in einem Raum zusammensp­ielen. Ich finde, das ist essenziell, um einer Aufnahme Seele zu geben. Beth kam zu früh, als wir eigentlich noch proben wollten, hat dann aber gleich mitgesunge­n und sich mit ihrem ganzen Körper, ihrem Herzen und ihren Emotionen hineingest­ürzt. Wir haben es nur dieses eine Mal gespielt, es war sofort perfekt.“

Neben Gästen wie Steven Tyler von Aerosmith, Iggy Pop und Gary Clark Jr. wirkt Demi Lovato („Papa Was A Rolling Stone“) bei Slashs Auswahl sowohl vom Musikstil als auch von der Generation her aus dem Rahmen gefallen.

„Ich kenne sie“, erklärt Slash. „Und ich wollte, dass ein junges Mädchen diesen Song singt, der an einen verstorben­en Vater gerichtet ist, der Frauen nachstellt­e. Demi hatte selbst eine bewegte Kindheit und ich dachte, dass sie ihn deshalb mit einer gewissen Unschuld, aber auch mit emotionale­r Tiefe singen kann. Und das hat sie.“

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Hat sich fürs neue Album ganz den Klassikern des Blues verschrieb­en: Gitarrenle­gende Slash

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