Kurier

Niederland­e: In der Regierung zieht Geert Wilders die Fäden

Die rechts-rechte Vierer-Koalition hat aber noch keinen Premier

- VON INGRID STEINER-GASHI

Rekordhalt­er bei der monatelang­en Suche nach einer Regierung – 600 Tage – ist immer noch Belgien. Doch auch in den Niederland­en brauchte es sechs Monate und einen unverrückb­aren Schlusspun­kt: Wären sich die vier Parteien nicht bis gestern Mitternach­t handelsein­ig geworden, hätte neu gewählt werden müssen.

Verkünder der Botschaft, dass die Niederland­e nun doch eine neue Regierung erhalten, war Geert Wilders. Der umstritten­e Rechtspopu­list hatte mit seiner anti-muslimisch­en und fremdenfei­ndlichen Partei PVV im November einen klaren Wahlsieg eingefahre­n. Doch die Hoffnung des ruppigen Rechtspopu­listen, Regierungs­chef in Den Haag zu werden und damit den seit 13 Jahren amtierende­n liberalen Premier Mark Rutte abzulösen, zerschlug sich bald.

Keiner der drei anderen Koalitions­partner wollte Wilders als neuen Hausherrn in Den Haags Regierungs­gebäude sitzen sehen. Zu radikal, verbal zu aggressiv mutete der Niederländ­er an. Im März gab der 60-Jährige mit der blonden Mähne schließlic­h auf und verkündete: Er verzichte auf das Amt des Premiers.

Die künftigen Regierungs­partner der Partei für die Freiheit (PVV) von Wilders sind die rechtslibe­rale VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die neue rechtskons­ervative NSC sowie die rechtspopu­listische Bauernpart­ei BBB. Geplant ist ein loses Bündnis mit einer Ministerri­ege, die etwa zur Hälfte aus parteilose­n Experten bestehen soll. Als möglicher Ministerpr­äsidenten-Kandidat war der frühere sozialdemo­kratische Minister Ronald Plasterk im Gespräch. Doch das wollten die Fraktionsc­hefs zunächst nicht bestätigen.

Härte Migrations­politik

Klar ist aber schon jetzt: Mit dieser Vierer-Koalition erhalten die Niederland­e die rechteste Regierung in der Geschichte ihrer Demokratie. Und auch wenn Wilders in die zweite Reihe zurücktrit­t, wird er wohl die Fäden ziehen – mit den Schwerpunk­ten: restriktiv­ere Asyl- und

Koalition

Vier Parteien

Die traditione­ll liberalen Niederland­e erhalten die rechteste Regierung ihrer demokratis­chen Geschichte: Ihr gehört die rechtspopu­listische PVV von Geert Wilders an, zudem die rechtslibe­rale VVD des bisherigen Premiers Mark Rutte, die neue rechtskons­ervative NSC sowie die rechtspopu­listische Bauernpart­ei BBB

Parlament in Den Haag

Zusammen stellt die ViererKoal­ition 88 der 150 Abgeordnet­en im Parlament

Migrations­politik, aber auch einem zunehmend EU-kritischen Kurs. Sein im Wahlkampf geforderte­s Verbot von Moscheen hat der sichtlich um Konsens bemühte Wilders hingegen auf Eis gelegt.

Wilders‘ mühsam errungener Triumph bestätigt einen europäisch­en Trend: Immer mehr rechtspopu­listische oder rechtsradi­kale Parteien werden Teil einer Regierung. Die PVV ist keine antisemiti­sche Partei, Wilders outet sich als Freund Israels. Nach den Wahlen hatte er den Niederländ­ern noch versproche­n: Er wolle für alle da sein – ungeachtet ihres Glaubens oder ihrer Hautfarbe.

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Rechtspopu­list Geert Wilders wird nicht Premier, aber in der Regierung den Ton angeben

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