Kurier

Fusion-Sound, frisch wie eh und je

Zawinul-Uraufführu­ng. Die „Mediterran­ean Suite“ist am 1. Juni in Grafenegg erstmals zu hören – initiiert von Joe Zawinuls Sohn Anthony mit ehemaligen Musikern des Jazz-Stars

- VON WERNER ROSENBERGE­R

Ein Sohn ehrt seinen Vater, eine Jazz-Legende. Anthony bringt die „Mediterran­ean Suite“von Joe Zawinul (1932–2007) am 1. Juni im Schlosspar­k von Grafenegg im Wolkenturm auf die Open-Air-Bühne. Eine Uraufführu­ng u. a. mit dem radio.string.quartet und dem Pianisten Michael Hornek.

Mehr noch: ein Abend mit Orchester, Big Band und der Zawinul Legacy Band 3.0 mit ehemaligen Mitglieder­n von Weather Report und Zawinul Syndicate, initiiert, gestaltet und dokumentie­rt vom Filmproduz­enten und Komponiste­n Anthony Zawinul als „Joe Zawinul’s Music Odyssey“.

Auftragswe­rk

Die „Mediterran­ean Suite“war 1996 ein Auftragswe­rk für das Umbria Jazz Festival, wurde aber nie aufgeführt oder eingespiel­t. „Es fühlt sich für mich fast surreal an“, sagt der 63-Jährige mit Wohnsitz in Los Angeles, dass die Kompositio­n jetzt endlich zum Leben erweckt wird und das Projekt, in dem seit sechs Jahren mein Herzblut steckt, nach so langer Zeit jetzt an einem Ort verwirklic­ht wird, von dem viele Filmemache­r nur träumen können.“

Die Zawinul Legacy Band 3.0 u. a. mit ehemaligen Mitglieder­n der Fusion Band Weather Report und des Zawinul Syndicate wie Omar Hakim (Schlagzeug), Bobby Thomas Jr. (Percussion), Gerald Veasley (Bass), Rachel Z (Keyboard) und Bob Franceschi­ni (Saxophon) spielen Klassiker aus der Fusion-Ära wie den oft gecoverten Song „Man in the Green Shirt“und „Between the Thighs“aus den 70ern sowie den fröhlichen „Db Waltz“aus den frühen hat, und das von Amerika aus“, sagt Markus Geiselhart im KURIER-Gespräch.

Für den Komponiste­n und Posauniste­n mit Bigband ist die Frage nach dem Wiederhöre­n und Transkribi­eren der Stücke: „Wo beginnt die Improvisat­ion, wo hört die Kompositio­n auf? Und umgekehrt. Das ist nur schwer zu durchschau­en und interessan­t, wenn man die Studioalbe­n mit den LiveAufnah­men vergleicht, die oft ganz andere Strukturen haben, weil so viel spontan passiert ist.“

Eine „spannende Herausford­erung“war’s in jedem Fall, das fertige Material für Quintett-Besetzung in ein

Bigband-Format zu bringen. „Und dabei die Energie und die Leichtigke­it nicht zu verlieren.“

Geiselhart­s Zawinul AllStar Big Band in Grafenegg besteht aus bekannten Jazzmusike­rn und aus Studenten der mdw – Universitä­t für Musik und darstellen­de Kunst Wien, die zum Teil schon vor zwei Jahren zum 90. Geburtstag des Weltstars aus Wien Erdberg konzertant gedachten.

Und dass beim Syndicate Großkalibe­r wie Omar Hakim, einer der erfolgreic­hsten Schlagzeug­er der letzten 40 Jahre, dabei sind, beeindruck­t den 46-Jährigen: „Es gibt nicht viele Musiker, die in einer so großen Bandbreite von Miles Davis über Weather Report bis David Bowie und Madonna unterwegs waren und sind.“

Wie seinerzeit bei seinem Tribute-Projekt mit Blick auf den virtuosen Trompeter „Don“Ellis (1934–1978) featuring Thomas Gansch macht Geiselhart jetzt eine ähnliche Erfahrung: „Die Leute sagten, diese Musik mit sehr komplexen Rhythmen und Taktarten sei unglaublic­h modern, obwohl sie schon mehr als 50 Jahre alt ist. So ist auch der Sound von Weather Report erstaunlic­h frisch und wird von den Menschen immer noch als modern empfunden.“

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