GROSSE NAMEN, IMPOSANTE TEMPEL
Wer war Meritneith? Wo genau liegt der Tempel der Nefertari? Und wie lange dauerte eigentlich die Zweite Zwischenzeit? Das Who-is-who und What-is-where des Alten Ägypten.
Berühmte und weniger bekannte Herrscher, friedliche und kriegerische Epochen: ein Überblick über das Alte Ägypten.
GROSSMACHT. Die Pioniere hatten noch keine Namen, zumindest sind sie uns nicht bekannt: Als um 3400 v. Chr. der erste Territorialstaat der Welt entstand und sich sein Häuptling zum ersten Pharao erhob, gab es zwar Zeichenkombinationen, die möglicherweise Namen darstellen. Sicher sind die Forscher aber nicht; zumindest sind die Zeichen schwer lesbar. Die Herrscher der prädynastischen Periode bleiben anonym. Ihre Nachfolger unterwarfen später das Delta und herrschten von Elephantine im Süden bis zum Mittelmeer. Das Reich war erstmals geeint und sollte es ein halbes Jahrtausend lang bleiben. Altertumsforscher nennen es heute das Alte Reich. Es wurde meist von Memphis aus von einer straffen Zentralregierung geführt – bis es in der Ersten Zwischenzeit in einem Bürgerkrieg unterging. Mehr als 100 Jahre dauerte es, ehe ein König aus Theben alle Widersacher bezwungen hatte und das Land erneut einte – im Mittleren Reich. Um 1800 v. Chr. zerfiel Ägypten er- neut. In der Zweiten Zwischenzeit rissen die Hyksos aus dem Nahen Osten die Macht an sich. Erst um 1550 v. Chr. gelang es Pharao Ahmose I., sie zu vertreiben. Das Neue Reich begann, Ägypten stand am Zenit seiner Macht. Die Pharaonen beherrschten die Welt vom Oberlauf des Euphrat bis nach Nubien.
Narmer ● um 3000 v. Chr. Ägyptens erster König
Oder doch nicht? Um den ersten König gibt es einen wissenschaftlichen Diskurs. Die einen setzen Narmer mit König Menes gleich, die anderen meinen, dass die Reichseinigung bereits vor ihm stattfand. Auch um seinen Namen herrscht Uneinigkeit: Narmer hieſs möglicherweise gar nicht Narmer. Der Name setzt sich aus den Zeichen für „Wels“(nar-) und „Meiſsel“(-mermen. zusamDoch die dürften zu seinen Lebzeiten für andere Laute gestanden haben. Fest steht nur: Es ist lange her.
Meritneith ● um 2900 v. Chr Zügel der Macht in der Hand einer Frau
Der alte König, Djet, war tot. Der neue, Den, noch ein Kind. Daher regierte seine Mutter Meritneith an seiner Stelle: Sie istdamit dieerstebezeugteregentin Ägyptens in der Mitte der ersten Dynastie. Sie dürfte selbst die Tochter eines Königs gewesen sein. Der Sohn würdigte seine Mutter mit einem eines Königs würdigen Grabes in Abydos.
Chasechemui ● um 2740 v. Chr. Legte die Basis für eine 500 Jahre währende stabile Periode im Alten Reich
Über kaum eine Dynastie und ihre Könige weiſs die Wissenschaft so wenig wie über die zweite. Eine Ausnahme bildet Chasechemui. Sein Name bedeutet „als Macht gekrönt“– eine durchaus prophetische Bedeutung, war er es doch, der die letzten Gegner im Niltal besiegte und das Reich endgültig einte.
Djoser ● etwa 2720 bis 2700 v. Chr. Leitete die Epoche der Pyramiden in Ägypten ein
Mehr als ein Jahrtausend nach seinem Tod stellte der Hof eine Königsliste zusammen, in der die Herrscher Ägyptens in historische Gruppen eingeteilt wurden. Als der Schreiber zum Namen Djoser kam, wechselte er die Tinte und schrieb in Rot statt wie üblich in Schwarz. Er zweifelte nicht daran, dass die Thronbesteigung des Sohns von Chasechemui eine neue Ära markierte – das Zeitalter der Pyramiden.
Cheops ● etwa 2620 bis 2580 v. Chr. Herr der groſsen Pyramide
„Der Mensch fürchtet die Zeit, doch die Zeit fürchtet die Pyramiden.“Das arabische Sprichwort fasst das Gefühl der Ehrfurcht und des Staunens zusammen, das Besucher unzähliger Generationen empfunden haben, wenn sie die Pyramiden sahen. Besonders die groſse des Cheops. Um die Groſstat zu verdeutlichen: Das Monument enthält 2.300.000 Kalksteinblöcke. Das bedeutet, dass die Erbauer bei einer Siebentagewoche und einem Zehnstunden-arbeitstag während 52 Wochen im Jahr über die Dauer der Regierungszeit von Cheops alle zwei bis drei Minuten einen Block an seinen Platz setzen mussten. Was für ein organisatorischer Aufwand – während Ägypten die Pyramide baute, baute die Pyramide Ägypten. Im Rückblick scheint es, als wäre Cheops’ ganze Staatsmaschinerie auf diesen einen Zweck ausgerichtet gewesen. Posthum brachte es ihm den Ruf eines Tyrannen ein.
Pepi II. ● von 2245 bis 2180 v. Chr. Ägyptens längstregierender König
Der vierte König der 6. Dynastie kam jung an die Macht. Er herrschte vermutlich um die 60 Jahre und damit länger als jeder andere Monarch in der Geschichte Ägyptens. Pepi II. überlebte sogar viele seiner potenziellen Nachfolger. Er sah zehn Wesire kommen und gehen, doch über ihn selbst ist kaum etwas bekannt. Ein Gerücht besagt zwar, er habe eine homosexuelle Beziehung mit einem seiner Generäle gehabt. Doch diese Geschichte brachten erst seine Nachfolger auf.
Mentuhotep II. ● von 2061 bis 2010 v. Chr. Begründer des Mittleren Reiches, der ganz Ägypten vereinte
Spätere Generation würdigten Mentuhotep II., der bereits als Teenager an die Macht kam, als einen der groſsen Gründerherrscher Ägyptens, als den Mann, der die beiden Länder wiedervereinte und der Schande politischer Uneinigkeit ein Ende setzte.
Hatschepsut ● von 1479 bis 1458 v. Chr. Ein weiblicher Pharao war eine der wichtigsten Herrschergestalten
Als Thutmosis I. und seine Hauptfrau Ahmose eine Tochter bekamen, nannten sie diese „Vornehmste der edlen Frauen“– ein prophetischer Name. Hatschepsut war mit ihrem Bruder Thutmosis II. verheiratet, der aber nach zwei Regierungsjahren starb. Formal folgte ihm sein Sohn Thutmosis III. aus der Verbindung mit einer Nebenfrau. Doch es war Hatschepsut, die fortan regierte, war der neue Herrscher doch noch ein Kind. Schon bald begann sie, königliche Titel anzunehmen und zu behaupten, Gott Amun persönlich habe sie gezeugt. Reliefs zeigen sie im Gewand männlicher Könige. Eine Frau als Regentin ist eine Sache, eine Frau als Pharao eine ganz andere. Das war eine Premiere, und Hatschepsut triumphierte Kraft ihrer Persönlichkeit. »
Thutmosis III. ● von 1479 v. Chr. bis 1425 v. Chr. Er begründete die Weltmacht Ägypten
Er musste Jahrzehnte warten, ehe er regieren durfte, denn seine Stiefmutter hielt ihn von der Macht fern. Doch dann entwickelte sich der umfassend gebildete Thutmosis III. zu einem brillanten Feldherrn und zum mächtigsten Pharao der Geschichte. 53 Jahre, zehn Monate und 26 Tage hat er die Doppelkrone Ägyptens getragen. Und fast 32 Jahre davon hat er nach dem Tod Hatschepsuts alleine regiert. Als Gottkönig und als Feldherr, der die Vormacht in Vorderasien errang. 1500 Jahre lang gab es einen regelrechten Kult um Thutmosis III. Seinem Namen – auf Skarabäen und Amulette geschrieben – wurde magische Kraft zugeschrieben. Ganz ohne Zweifel war er der gröſste aller Soldaten-pharaonen.
Amenhotep III. ● etwa 1388 bis 1351 v. Chr. Tutanchamuns Groſsvater regierte in einem goldenen Zeitalter
Ganz anders als die Zeit seiner Vorgänger war die Regentschaft von Amenhotep III. frei von Feldzügen. Er hatte keine Neigung für das Heeresleben, dafür eine stattliche Anzahl von Gattinnen, darunter zwei babylonische Prinzessinen, die Tochter des Königs von Mitanni und jene des Königs von Arsawa. Trotzdem war seine erste Ehefrau Teje die unumstrittene Favoritin und einflussreichste Frau am Hof. Unter Amenhotep III. erlebte die Sonnenverehrung eine Blüte, sein Palast in Theben nannte sich „Glanz Atons“. Immer mehr setzte er sich mit dem Sonnengott gleich und erschient zum Jubiläumsfest seiner Thronbesteigung von Kopf bis Fuſs mit Goldschmuck bedeckt.
Echnaton ● ca. 1351 bis 1334 v. Chr. Erfinder des Monotheismus
Kein Pharao veränderte Ägypten so wie Echnaton und ruft derartige widersprüchliche Reaktionen hervor: Religiöser Visionär oder fanatischer Eiferer? Aufgeklärter Herrscher oder tyrannischer Despot? Fest steht: Amenhotep IV., wie er eigentlich hieſs, zwang seinem Land seine Glaubensvorstellungen auf, erhob den Sonnengott Aton zum alleinigen Gott, baute eine neue Hauptstadt und revolutionierte die Kunst. Nach siebzehn Jahren war der Spuk vorbei, Echnaton tot.
Tutanchamun ● von 1332 bis 1323 v. Chr. Kindkönig mit Prachtgrab
Lange als unbedeutender Pharao verkannt, wird immer klarer, dass Tutanchamun, der als Tutanchaton geboren wurde, eine Schlüsselrolle zukommt: Er ist es, der den Amunpriestern wieder an die Macht verhalf und die Residenz nach Theben zurückverlegte.
Ramses II. ● von 1279 bis 1213 v. Chr. Der Gröſste aller Pharaonen
Er ist der personifizierte Superlativ: Ramses II. zeugte mehr Kinder als jeder seiner Vorgänger – 53 Töchter, 50 Söhne. Für letztere erbaute er das gröſste Grab im Tal der Könige. Und er schuf riesige Tempel, darunter Abu Simbel. Sein Vater Sethos I. hatte ihn bereits mit 16 zum Mitregenten gemacht und hinterlieſs einen für das Regieren gut vorbereiteten Sohn. ■