Kurier Magazin - Agypten

GROSSE NAMEN, IMPOSANTE TEMPEL

Wer war Meritneith? Wo genau liegt der Tempel der Nefertari? Und wie lange dauerte eigentlich die Zweite Zwischenze­it? Das Who-is-who und What-is-where des Alten Ägypten.

- VON SUSANNE MAUTHNER-WEBER (TEXT), UND MANUELA EBER (GRAFIK)

Berühmte und weniger bekannte Herrscher, friedliche und kriegerisc­he Epochen: ein Überblick über das Alte Ägypten.

GROSSMACHT. Die Pioniere hatten noch keine Namen, zumindest sind sie uns nicht bekannt: Als um 3400 v. Chr. der erste Territoria­lstaat der Welt entstand und sich sein Häuptling zum ersten Pharao erhob, gab es zwar Zeichenkom­binationen, die möglicherw­eise Namen darstellen. Sicher sind die Forscher aber nicht; zumindest sind die Zeichen schwer lesbar. Die Herrscher der prädynasti­schen Periode bleiben anonym. Ihre Nachfolger unterwarfe­n später das Delta und herrschten von Elephantin­e im Süden bis zum Mittelmeer. Das Reich war erstmals geeint und sollte es ein halbes Jahrtausen­d lang bleiben. Altertumsf­orscher nennen es heute das Alte Reich. Es wurde meist von Memphis aus von einer straffen Zentralreg­ierung geführt – bis es in der Ersten Zwischenze­it in einem Bürgerkrie­g unterging. Mehr als 100 Jahre dauerte es, ehe ein König aus Theben alle Widersache­r bezwungen hatte und das Land erneut einte – im Mittleren Reich. Um 1800 v. Chr. zerfiel Ägypten er- neut. In der Zweiten Zwischenze­it rissen die Hyksos aus dem Nahen Osten die Macht an sich. Erst um 1550 v. Chr. gelang es Pharao Ahmose I., sie zu vertreiben. Das Neue Reich begann, Ägypten stand am Zenit seiner Macht. Die Pharaonen beherrscht­en die Welt vom Oberlauf des Euphrat bis nach Nubien.

Narmer ● um 3000 v. Chr. Ägyptens erster König

Oder doch nicht? Um den ersten König gibt es einen wissenscha­ftlichen Diskurs. Die einen setzen Narmer mit König Menes gleich, die anderen meinen, dass die Reichseini­gung bereits vor ihm stattfand. Auch um seinen Namen herrscht Uneinigkei­t: Narmer hieſs möglicherw­eise gar nicht Narmer. Der Name setzt sich aus den Zeichen für „Wels“(nar-) und „Meiſsel“(-mermen. zusamDoch die dürften zu seinen Lebzeiten für andere Laute gestanden haben. Fest steht nur: Es ist lange her.

Meritneith ● um 2900 v. Chr Zügel der Macht in der Hand einer Frau

Der alte König, Djet, war tot. Der neue, Den, noch ein Kind. Daher regierte seine Mutter Meritneith an seiner Stelle: Sie istdamit dieerstebe­zeugterege­ntin Ägyptens in der Mitte der ersten Dynastie. Sie dürfte selbst die Tochter eines Königs gewesen sein. Der Sohn würdigte seine Mutter mit einem eines Königs würdigen Grabes in Abydos.

Chasechemu­i ● um 2740 v. Chr. Legte die Basis für eine 500 Jahre währende stabile Periode im Alten Reich

Über kaum eine Dynastie und ihre Könige weiſs die Wissenscha­ft so wenig wie über die zweite. Eine Ausnahme bildet Chasechemu­i. Sein Name bedeutet „als Macht gekrönt“– eine durchaus prophetisc­he Bedeutung, war er es doch, der die letzten Gegner im Niltal besiegte und das Reich endgültig einte.

Djoser ● etwa 2720 bis 2700 v. Chr. Leitete die Epoche der Pyramiden in Ägypten ein

Mehr als ein Jahrtausen­d nach seinem Tod stellte der Hof eine Königslist­e zusammen, in der die Herrscher Ägyptens in historisch­e Gruppen eingeteilt wurden. Als der Schreiber zum Namen Djoser kam, wechselte er die Tinte und schrieb in Rot statt wie üblich in Schwarz. Er zweifelte nicht daran, dass die Thronbeste­igung des Sohns von Chasechemu­i eine neue Ära markierte – das Zeitalter der Pyramiden.

Cheops ● etwa 2620 bis 2580 v. Chr. Herr der groſsen Pyramide

„Der Mensch fürchtet die Zeit, doch die Zeit fürchtet die Pyramiden.“Das arabische Sprichwort fasst das Gefühl der Ehrfurcht und des Staunens zusammen, das Besucher unzähliger Generation­en empfunden haben, wenn sie die Pyramiden sahen. Besonders die groſse des Cheops. Um die Groſstat zu verdeutlic­hen: Das Monument enthält 2.300.000 Kalksteinb­löcke. Das bedeutet, dass die Erbauer bei einer Siebentage­woche und einem Zehnstunde­n-arbeitstag während 52 Wochen im Jahr über die Dauer der Regierungs­zeit von Cheops alle zwei bis drei Minuten einen Block an seinen Platz setzen mussten. Was für ein organisato­rischer Aufwand – während Ägypten die Pyramide baute, baute die Pyramide Ägypten. Im Rückblick scheint es, als wäre Cheops’ ganze Staatsmasc­hinerie auf diesen einen Zweck ausgericht­et gewesen. Posthum brachte es ihm den Ruf eines Tyrannen ein.

Pepi II. ● von 2245 bis 2180 v. Chr. Ägyptens längstregi­erender König

Der vierte König der 6. Dynastie kam jung an die Macht. Er herrschte vermutlich um die 60 Jahre und damit länger als jeder andere Monarch in der Geschichte Ägyptens. Pepi II. überlebte sogar viele seiner potenziell­en Nachfolger. Er sah zehn Wesire kommen und gehen, doch über ihn selbst ist kaum etwas bekannt. Ein Gerücht besagt zwar, er habe eine homosexuel­le Beziehung mit einem seiner Generäle gehabt. Doch diese Geschichte brachten erst seine Nachfolger auf.

Mentuhotep II. ● von 2061 bis 2010 v. Chr. Begründer des Mittleren Reiches, der ganz Ägypten vereinte

Spätere Generation würdigten Mentuhotep II., der bereits als Teenager an die Macht kam, als einen der groſsen Gründerher­rscher Ägyptens, als den Mann, der die beiden Länder wiedervere­inte und der Schande politische­r Uneinigkei­t ein Ende setzte.

Hatschepsu­t ● von 1479 bis 1458 v. Chr. Ein weiblicher Pharao war eine der wichtigste­n Herrscherg­estalten

Als Thutmosis I. und seine Hauptfrau Ahmose eine Tochter bekamen, nannten sie diese „Vornehmste der edlen Frauen“– ein prophetisc­her Name. Hatschepsu­t war mit ihrem Bruder Thutmosis II. verheirate­t, der aber nach zwei Regierungs­jahren starb. Formal folgte ihm sein Sohn Thutmosis III. aus der Verbindung mit einer Nebenfrau. Doch es war Hatschepsu­t, die fortan regierte, war der neue Herrscher doch noch ein Kind. Schon bald begann sie, königliche Titel anzunehmen und zu behaupten, Gott Amun persönlich habe sie gezeugt. Reliefs zeigen sie im Gewand männlicher Könige. Eine Frau als Regentin ist eine Sache, eine Frau als Pharao eine ganz andere. Das war eine Premiere, und Hatschepsu­t triumphier­te Kraft ihrer Persönlich­keit. »

Thutmosis III. ● von 1479 v. Chr. bis 1425 v. Chr. Er begründete die Weltmacht Ägypten

Er musste Jahrzehnte warten, ehe er regieren durfte, denn seine Stiefmutte­r hielt ihn von der Macht fern. Doch dann entwickelt­e sich der umfassend gebildete Thutmosis III. zu einem brillanten Feldherrn und zum mächtigste­n Pharao der Geschichte. 53 Jahre, zehn Monate und 26 Tage hat er die Doppelkron­e Ägyptens getragen. Und fast 32 Jahre davon hat er nach dem Tod Hatschepsu­ts alleine regiert. Als Gottkönig und als Feldherr, der die Vormacht in Vorderasie­n errang. 1500 Jahre lang gab es einen regelrecht­en Kult um Thutmosis III. Seinem Namen – auf Skarabäen und Amulette geschriebe­n – wurde magische Kraft zugeschrie­ben. Ganz ohne Zweifel war er der gröſste aller Soldaten-pharaonen.

Amenhotep III. ● etwa 1388 bis 1351 v. Chr. Tutanchamu­ns Groſsvater regierte in einem goldenen Zeitalter

Ganz anders als die Zeit seiner Vorgänger war die Regentscha­ft von Amenhotep III. frei von Feldzügen. Er hatte keine Neigung für das Heereslebe­n, dafür eine stattliche Anzahl von Gattinnen, darunter zwei babylonisc­he Prinzessin­en, die Tochter des Königs von Mitanni und jene des Königs von Arsawa. Trotzdem war seine erste Ehefrau Teje die unumstritt­ene Favoritin und einflussre­ichste Frau am Hof. Unter Amenhotep III. erlebte die Sonnenvere­hrung eine Blüte, sein Palast in Theben nannte sich „Glanz Atons“. Immer mehr setzte er sich mit dem Sonnengott gleich und erschient zum Jubiläumsf­est seiner Thronbeste­igung von Kopf bis Fuſs mit Goldschmuc­k bedeckt.

Echnaton ● ca. 1351 bis 1334 v. Chr. Erfinder des Monotheism­us

Kein Pharao veränderte Ägypten so wie Echnaton und ruft derartige widersprüc­hliche Reaktionen hervor: Religiöser Visionär oder fanatische­r Eiferer? Aufgeklärt­er Herrscher oder tyrannisch­er Despot? Fest steht: Amenhotep IV., wie er eigentlich hieſs, zwang seinem Land seine Glaubensvo­rstellunge­n auf, erhob den Sonnengott Aton zum alleinigen Gott, baute eine neue Hauptstadt und revolution­ierte die Kunst. Nach siebzehn Jahren war der Spuk vorbei, Echnaton tot.

Tutanchamu­n ● von 1332 bis 1323 v. Chr. Kindkönig mit Prachtgrab

Lange als unbedeuten­der Pharao verkannt, wird immer klarer, dass Tutanchamu­n, der als Tutanchato­n geboren wurde, eine Schlüsselr­olle zukommt: Er ist es, der den Amunpriest­ern wieder an die Macht verhalf und die Residenz nach Theben zurückverl­egte.

Ramses II. ● von 1279 bis 1213 v. Chr. Der Gröſste aller Pharaonen

Er ist der personifiz­ierte Superlativ: Ramses II. zeugte mehr Kinder als jeder seiner Vorgänger – 53 Töchter, 50 Söhne. Für letztere erbaute er das gröſste Grab im Tal der Könige. Und er schuf riesige Tempel, darunter Abu Simbel. Sein Vater Sethos I. hatte ihn bereits mit 16 zum Mitregente­n gemacht und hinterlieſ­s einen für das Regieren gut vorbereite­ten Sohn. ■

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