MYTHOS MUMIENSAFT
Es gibt Menschen in Ägypten, die regelrecht vom vermeintlichen Lebenselixier besessen sind und Unsummen dafür zahlen würden.
Die Geschichte ist voll von skurrilen und unglaublichen Mumien-anekdoten: So schwor der Philosoph Francis Bacon auf Mumia. Im 17. Jahrhundert schrieb er über das beliebte Heilmittel, das gewonnen wurde, indem man die Mumie (inklusive Leichenteile, Harz und versteifte Binden) zu Pulver vermalte: „Mumia leistet hervorragende Dienste bei der Blutgerinnung.“Wer jetzt meint, derartige Geschichten gehören in die Vergangenheit, irrt gewaltig. Als im vergangenen Juli bekannt wurde, dass Archäologen in Alexandria einen Sarkophag entdeckt hatten, in dessen Inneren Knochen in einer roten Flüssigkeit schwammen, brach die Hölle los: Mehr als zehntausend Menschen unterzeichneten eine Onlinepetition mit dem Titel „Lasst die Leute die rote Flüssigkeit aus dem dunklen Sarkophag trinken“. „Die dachten, das sei ‚Red Mercury‘“, erzählt der Ägyptologe Zahi Hawass. „Es gibt Menschen in Ägypten, die regelrecht davon besessen sind. Das ist eine Legende, an die viele Leute glauben.“Tatsächlich gibt es in der Arabischen Welt nicht wenige Leute, die ein Vermögen für das legendäre „rote Quecksilber“zahlen würden, gilt der „Mumiensaft“doch als Lebenselixier. „Viele Leute glauben sogar daran, dass man die Teufel kontrollieren kann, wenn man Red Mercury besitzt“, sagt Hawass. Unlängst wurden in Ägypten sechs Leute verhaftet, die versucht hatten, ein Fläschchen Red Mercury für umgerechnet mehr als eine Million Euro zu verhökern. Und das, obwohl Archäologen immer wieder betonen, dass der Mumiensaft nur ein Mythos sei und sehr wahrscheinlich nicht einmal im alten Ägypten verwendet wurde. Sinnlos: Nach dem letzten Hype im Vorjahr sah sich das Antikenministerium gezwungen, eine Erklärung abzugeben, dass die Flüssigkeit im Inneren des Steinsarges kein „rotes Quecksilber“sei, sondern schlicht Abwasser.
ABERGLAUBE