Kurier Magazine - Architektur

Frank Gehry

- VON DOROTHE RAINER

Der Meister des Dekonstruk­tivismus

In über 50 Jahren architekto­nischen Schaffens hat Frank Gehry Bauten errichtet, die die Symmetrie beiseite lassen und durchaus auch als Kunstwerke betrachtet werden können.

Umgeben von Industriea­nlagen, Schnellstr­aßen und Hafenanlag­en hebt sich dasgug gen heim museum in Bilbao wie ein strahlende­r Phönix aus der Asche empor. Ein architekto­nisches Meisterwer­k aus Stahl, Titan und Beton von Star-architekt Frank Gehry, das nach vierjährig­er Bauzeit 1997 eröffnet wurde. Aber nicht nur die Konstrukti­on beeindruck­t, der Bauistderb­eweis, wienachhal­tigund positiv Architektu­r eine Stadt verändern kann. Denn vordem Museumsbau warbilbao eine unscheinba­re provinz stadt. Mit der Eröffnung bekam die Stadt ein unübersehb­ares, wuchtiges Wahrzeiche­n, das mindestens so einprägsam wieder eiffelturm in paris oder die oper vonsidney ist .„ mit dem Museum und dessen monumental­en Wellen formen in einer glänzenden titan- zink-blech haut etablierte­s ich diese Ausdrucksw­eise als LandmarkGa­rantie für öffentlich­e Bauaufgabe­n und erzeugte den danach benannten ‚Bilbao Effekt‘“, erklärt Matthias Boeckl von der Universitä­t für Angewandte Kunst. Dieser begriff bezeichnet nichts anderes als die gezielte aufwertung von orten durch spektakulä­re bauten, wie es Gehry in der Hauptstadt des Baskenland­es beispielha­ft gelungen ist. Aber nicht nur das, die gesamte Museumsarc­hitektur profitiert­e :„ dasgug genheim museum inbilbao ward er wegbereite­r für zahllose weiteredyn­amisch-expressive Signature- bauten von vielen anderen Architekte­n in allen Erdteilen, deren Bauherren sich so öffentlich inszeniere­n, aber auch technisch-ästhetisch­e Innovation­en

zitiert:

„Ich trage immer ein kleines Skizzenbuc­h mit mir herum, in das ich Entwürfe kritzle, die mir spontan einfallen. Pro Zeichnung brauche ich nicht länger als 15 Sekunden. Meine Hand weiß aus Vorgespräc­hen eine Menge über den Bauplatz, das Budget und die Wünsche des Bauherrn. Nach 30 bis 40 Skizzen kommt irgendwann die Zündsekund­e. Dann lächeln die Götter auf mich herab und sagen: Diese Skizze ist es!“

Frank Gehry über seine Arbeitswei­se

liefern können“, so Boeckl. Gehry gehört zuden innovativs­ten und brillantes­ten Architekte­n unserer Zeit, der seit 50 Jahren die Architektu­rwelt nachhaltig verändert. Seine architekto­nische handschrif­t,se in esignature, ist der De konstrukti­vismus.

NEUES ERSCHAFFEN.

In den 1970erJahr­en entwickelt­e sich eine Bewegung in der Architektu­r, die alles Bisherige von Formen und Konstrukti­on infrage stellte. Ihr Prinzip war es, traditione­lle Strukturen zu zersplitte­rn und neu zu ordnen. Symmetrie, Reihung und Regelmäßig­keit verloren ihre Bedeutunge­n – die Dekonstruk­tion wird zum Maß aller Dinge. Frank Gehry war von Anfang an bei dieser architektu­r revolution dabei. Er wurde 1988 von Philip Johnson und M ar kWigleyein­ge laden, inder namens gebenden ausstellun­g„ de constructi­v ist Architectu­re“im New York er Museumof Modern Artgeme ins amu.a. mit DanielLib es kind,Rem Koolhaas, Peter Eisenman, Zaha Hadid und Coop Himmelb(l)au seine Bauten und Entwürfe auszustell­en. „Da mitgehörte­r zu den pionieren der so begründete­n Bewegung de konstrukti­vistischer Architektu­r, die in freien Formen eine raumprägen­de Ausdrucksk­raft und Dynamik zelebriert “, soboeckl, de rande r universitä­t Architekt urgeschich­te unterricht­et. Gehrys Bauwerke wie das Binocular Building oder die Walt Disney Concert Hall in Los Angeles, das Ginger-&-fred-hausinprag, dasvitra-museum in Weil/ Rhein oder das Guggenheim Museum in Bilbao

sind in ihrer Konstrukti­on so beispielge­bend, dass Gehry 1989 mit dem Pritzker-preis, dem Nobelpreis für Architektu­r, ausgezeich­net wurde.

ENTWICKLUN­G.

Zu Beginn seiner Karriere baute der geborene kanadier noch konvention­ell, erst Ende der 1970er-jahre veränderte er seine architekto­nische Formenspra­che, indem er begann, vermeintli­ch ärmliche Materialie­n wie Sperrholz und Wellblech einzusetze­n. Charakteri­stisch für seinen Stil sind abgewinkel­te Ebenen, kippende Räume, umgekehrte Forme nun deine gebrochene Geometrie. Seine Bauten haben, als typisch de konstrukti­vis tische Gebäude, oft einen collagenha­ft aufgebaute­n

Charakter, indem auseinande­r strebende Bauelement­e verknüpft werden, die ein ineinander fließender räume realisiere­n sollen. Weniger bekannt ist, dass er auf diese Art auch zahlreiche Inneneinri­chtungen sowie Möbelentwü­rfe konzipiert­e. Sein eigenes Wohnhaus in SantaMonic­ai st beispielge­bend für diese art des Bauens und Konstruier­ens, und eine Pilgerstät­te für alle, die mehr über Gehry erfahren möchten. „Dieses Haus ist mein Ideenlabor und mein Manifest“, betont der Star-architekt stets in Interviews. Doch begonnen hat Gehry, der als Ephraim Goldberg in torontogeb­o ren wurde, ganz unten und musste gerade zu Beginn seiner Karriere auch viele Rückschläg­e ein- stecken, ließ sich aber nie beirren. So erzählte er einmal in einem Interview, dass er sich im Jahr 1954 als junger Idealist bei Richard Neutra beworben hat, der damals Mietshäuse­r für Menschen mit wenig Geld entworfen hatte. Neutra gefielen Gehrys Zeichnunge­n und wollte ihn engagieren. Beider Frage nach der Bezahlung meinte Neutra :„ Machen Sie sich keine Gedanken, meine assistenti­n wird ihnen sagen, was Sie zahlen müssen, um bei mir arbeiten zu dürfen .“Gehryhatde­n Job nie angetreten, sondern sich auf eigene Beine gestellt. Seit 1962 betreibt er ein eigenes Architektu­rbüro in Los Angeles und er ist Professor für Architektu­r an der Columbia University.

GLASWOLKE.

Architektu­r liebhaber schätzen gehrysstil­un der kennen sofort seine handschrif­t, andere bewundern einfach seinen Ideenreich­tum und seine waghalsige­n Konstrukti­onen. Den internatio­nalen durchbruch schaffte Gehry trotzdem erst relativ spät, nämlich 1989 mit demvitra design Museum in Weil am Rhein, erst danach kam das Guggenheim in Bilbao. Zuletzt sorgte er 2014 abermals mit einem museums bau für aufsehen. Für Bernard Arnault entwarf er die Fondat ion louisvuitt­on,e in museum für die Sammlung des milliarden­schweren Kunstmäzen­s. Das futuristis­che Gebäude amWe strand von Paris hat ein fläche von 11.000 quadratmet­ern und mutet mit seiner raffiniert­en Konstrukti­on trotzdem wie eine Wolke aus Glas an, ein de konstrukti­vis tischen Meisterwer­k aus der Hand des Altermeist­ers. Der 89- jährige lebt mit seiner zweiten Frau berta inder erwähnte nr esidence ins antamoni ca und arbeitet nach wie vor, obwohl mittlerwei­le sein sohn das Büro in Los Angel es führt. Noch immer entwirft gehry jeden tag skizzen und macht Pläne, weil man in seinem Beruf nie in Pension geht, man bleibt dem Metier bis zum Tod treu, wie er sagt: „Architekte­n werden erst ab 50 oder 60 richtig gut, weil sie in einem Erfahrungs­beruf arbeiten und viele Jahre brauchen, um eine einzigarti­ge Sprache zu entwickeln“. Er selbst ist das beste Beispiel dafür.

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