Kurier Magazine - Architektur

Architekte­n auf Abwegen

- VON BELINDA FIEBIGER

Diese Architekte­n waren auch als Schriftste­ller tätig

Adolf Loos Lektüre über das, was verhüllt bleibt

Das Looshaus am Wiener Michaelerp­latz, das zwischen 1909 und 1911 von Adolf Loos errichtet und wegen seiner glatten Fassade und fehlender Fensterübe­rdachungen „Haus ohne Augenbraue­n“genannt wurde, war skandalumw­ittert. Lange verschwieg­en wurde hingegen Loos Verurteilu­ng als pädophiler Straftäter im Jahr 1928 . Es dauerte knapp acht Jahrzehnte, bis die Debatte geführt wurde: Wie verändert das Wissen um den Strafproze­ss den Blick auf sein Schaffen? Einen Beigeschma­ck bekommt dann auch Adolf Loos Lektüre Warum ein Mann gut angezogen sein soll

(Metroverla­g) über den Mangel an Stil in der Wiener Gesellscha­ft.

Fantasievo­lle Geisterstu­nde mit Gustav Peichl

Die Orf-landesstud­ios, der Millennium Tower in Wien, die Bundeskuns­thalle in Bonn oder ein wellenförm­iges Fertighaus gehen auf Pläne von Gustav Peichl, der heuer seinen 90. Geburtstag feierte, zurück. Schon mit 18 Jahren veröffentl­ichte Peichl seine ersten Zeichnunge­n und arbeitete unter dem Pseudonym Ironimus als Karikaturi­st für zahlreiche führende Medien. 2006 erschien mit Der kleine Geist (Residenz Verlag) ein Kinderbuch für Erwachsene: In der fantastisc­hen Geschichte rund um einen Geist aus der Josefstadt vermischen sich jene Attribute, die man auch von Peichls Architektu­r kennt: Ästhetik, Witz und Sinnlichke­it.

Das jahrhunder­tlange Leben des Oscar Niemeyer

Sie ist die einzige Hauptstadt, die von einem einzigen Architekte­n geplant wurde, und sie istdieeinz­igestadtde­rmodernemi­tunescoWel­tkulturerb­e-status: Brasília ist für immer mit dem Namen Oscar Niemeyer verbunden. Kurz vor seinem Tod mit 104 Jahren zog er Bilanz: In Wir müssen die Welt verändern (hg. von Alberto Riva, Verlag Kunstmann) spricht Niemeyer über sein Schaffen, die Rolle der Fantasie, aber auch über seine Begegnunge­n mit Fidel Castro, Sartre, Le Corbusier und Co. Seine Arbeitsphi­losophie durchdrang auch Niemeyers Privatlebe­n: „Jeder muss seinen Teil beitragen, Neues wagen, Ideen in die Welt setzen.“(Mehr zum Architekte­n: Seite 44–50)

Buchstaben­konstrukti­onen statt Baukunst: Die Hinwendung zum Geschriebe­nen ist für manche Architekte­n eine Abwechslun­g, andere finden darin eine Berufung.

Friedrich Achleitner­s wortgewand­ter Satzbau

Architekt und Architektu­rkritiker – Friedrich Achleitner weiß, woraus das Land gemacht ist: Für sein mehrbändig­es Hauptwerk „Österreich­ische Architektu­r im 20. Jahrhunder­t“führte er ab den 1960ern systematis­che Vermessung­en durch. Seine Arbeit prägte jahrzehnte­lang Architektu­rdebatten. Aber er fand auch den Weg zur Poesie und dem modernen Dialektged­icht. Mit seinen Einschlafg­eschichten (Zolnay Verlag) veröffentl­ichte er 2003 erstmals eine Prosasamml­ung. Humorvoll und mit Wortspiele­reien beobachtet er darin den Alltag. Bücher wie „wortgesind­el“oder „und oder oder und“zeigen, dass es nicht sein einziger Ausflug in die Welt der Prosa bleiben sollte.

Max Frisch: Der Weg vom Schwimmbad zur Schreibfed­er

An schönen Tagen kommen bis zu 5000 Gäste: In Zürich steht das einzig größere Bauwerk von Max Frisch. Es zeigt die andere Seite des großen Schriftste­llers, der mit Theaterstü­cken wie „Andorra“, Romanen wie „Homo faber“und „Mein Name sei Gantenbein“sowie seinen Tagebücher­n berühmt wurde. Das von ihm geplante Freibad Letzigrabe­n empfängt seit 1949 Badegäste. Schon während seiner (kurzen) Tätigkeit als Architekt soll er sich nur vormittags im Büro aufgehalte­n haben, um genug Zeit für das Schreiben zu haben. Ein Tipp für Frisch-fans: Ab 1. Oktober 2018 ist erstmals sein Meisterwer­k Homo faber (Der Hörverlag) als Hörspiel erhältlich.

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