Kurier Magazine - Geld

Ausblick auf 2019

Welche Themen die Finanz 2019 bestimmen

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» Eine lange Ära geht zu Ende, der 1990 begonnene tiefe Fall der Zinsen. Damals war feine zehnjährig­e österreich­ische Bundes anleihe über neun prozent ab .28 Jahre später, Anfang November 2018, waren es nur noch mikroskopi­sche 0,6 Prozent. Komplett unter Wasser sind die Zinsen imkurzen Bereich: Der 3-Monats-euribor notiert bei minus 0,32 prozent. Dieser wichtige basis zinssatz für privatkred­it e sorgt dafür, dass variabel verzinste Hypothek ar darlehen so günstig wie nie sind. Viele Kreditnehm­er zahlen unter dem Strich weniger als ein Prozent. Doch diese paradiesis­chen Zustände haben ein Ablaufdatu­m. »

Im Dezember 2018 endet als erster Schritt das milliarden­schwere Programm von Anleihen durch die Europäisch­e Zentralban­k EZB, das bisher die Renditen massiv drückte.

ZINSNORMAL­ISIERUNG.

Offen ist noch, wann die in Frankfurt ansässige Notenbank den zweiten Schritt setzt und die Leitzinsen anhebt. Viele Experten rechnen mit September 2019. Peter Brezinsche­k, Chefvolksw­irt der Raiffeisen Bank Internatio­nal, erwartet, dass dadurch der 3-Monats-euribor Ende 2019 einen halben Prozentpun­kt höher liegt. Umgelegt auf 100.000 Euro kredit summe bedeutet das eine Zinsverteu­erung um 500 Euroimjahr. Dochdas ist nurderanfa­ng. Die meisten Analysten erwarten den Beginn einer jahrelange­n Zinsnormal­isierung in kleinen Schritten ( siehe Grafik). Für Kreditnehm­er mit langjährig­en variablen Hypotheken stellt sich jetzt die Frage, ob nicht ein Wechsel auf fixe Zinsen ratsam ist. Diese bewegens ich derzeit auf sehr attraktive­m Niveau. Laut erhebung des Kreditmakl­ers Infina werden für 15 Jahre Fixzinsen aktuell im Schnitt 2,06Prozentv­erlangt. Dasistzwar­etwa 1,1 Prozent mehr als bei variabler Kondition. Doch es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch variable Kredite wieder mehr als zwei Prozent kosten. Dazu ein Tipp: Warten Sie nicht lange, wenn Sie die Zinsen fixieren wollen, sonst laufen ihnen die Konditione­n davon. Zum Vergleich: In den USA, wo die Zinsen schon länger steigen, kosten variable Hypotheken schon vier Prozent.

BESSERE KONDITIONE­N.

Leider werden sich dieSp ar zinsen auch im kommenden Jahr kaum vom Fleck bewegen. Schließlic­h parken die europäisch­en banken noch rund 1800 milliarden Euro überschüss­ige Liquidität bei der EZB und zahlen dafür im Monat 620Million­en Euro Strafzinse­n. Warum sollten Banken also den Sparern bessere Zinsen zahlen, nur um dann noch höhere Verluste zu machen? Auch mit Euro-anleihen wird man 2019 eher nicht von der Zinswende profitiere­n. Zwar bekäme derjenige, der im kommenden jahr neu einsteigt, wohl ein bisschen mehr Rendite. Wenn man aber bereits niedrig verzinste Papiere imdepot hat, verlieren diese an wert, wenn es neue angebote mit besseren Konditione­n gibt. Vorsichtig sollten anlege rauch bei unternehme­ns anleihen sein. Hier sind die Zins aufschläge gegenüber den Staatsanle­ihen zu gering geworden und entspreche­n inder Regeln ichtdemRe strisiko von Zahlungs ausfällen. Und dieses dürfte steigen, wenn die nächste Wirtschaft­skrise vordertür steht. Für Friedrich Strasser, Vorstand der Bank Gut mann, ist deshalb das segment der Anleihen auf absehbare Zeit nicht als Ertragsbri­nger anzusehen: „Anleihen sind aus unserer Sichte in reiner Stabilität­s baustein. Wir entfernen alle Risiko faktoren in diesem bereich und nutzen das freiwerden­de risiko budget für eine Erhöhung der Aktienquot­e.“Für die Börse sprechen unter anderem die laufenden Dividenden, die deutlich höher ausfallen als die Anleihen

„Wir entfernen Risiko und nutzen das Budget für eine Erhöhung der Aktienquot­e.“ Friedrich Strasser, Bank Gutmann

der Unternehme­n. Imschnitt werden im kommenden Jahr für europäisch­e Aktien gemessen am aktuellen Kurs 3,9 Prozent Dividende ausgeschüt­tet. Ob dazu im Jahr 2019 auch Kursgewinn­e anfallen, ist naturgemäß schwierig vor herzusagen. Es spricht jedenfalls einiges für steigende Kurse. So erwarten die Experten ein Andauern des weltweiten Wirt schafts aufschwung­s, wennauch mit etwas wenigertem­po. Die Bewertung der Aktien ist nach dem heftigen Kursrutsch im Oktober wieder deutlich günstiger geworden. Auf Basis der tatsächlic­h gemeldeten Gewinne in den vergangene­n zwölf Monaten weist der deutsche aktieninde­x DAX ein Kurs-gewinn-verhältnis(kgv) von 14 auf, die wiener börse ist mit einem Wert von 12 noch günstiger. Indenusasi­nd diebewertu­ngen jedenfalls deutlich teurer. Die Unternehme­nimdow-jonesnotie­ren zum 17-Fachen ihrer gemeldeten Gewinne, dietechnol­ogie-börsenasda­q sogar zum 41-Fachen. Wenn die Gewinne der Unternehme­n wie erwartet weiter steigen, würde das KGV im Jahr 2019 entspreche­nd sinken. Und die Profite, die wichtigste Kennzahl für Aktionäre, sollten weiter zulegen. So wird für den wichtigste­n Welt aktieninde­x, den MSCIWorld,e in Gewinnwach­stum von 9,5 Prozent prognostiz­iert. Auch wenn man zur Vorsichte inen ab schlag vornimmt, bleibt doch einiges Potenzial. Johannes müller, Anlage stratege der Fonds gesellscha­ftdws, erwartet deshalb einstellig­e Kursgewinn­e( siehe Interview ).

POLITISCHE­S RISIKO.

Wie die Bilanz Ende 2019 tatsächlic­h ausfällt, hängt ganz wesentlich von politische­n »

„Wir investiere­n in die Trinkwasse­r-versorgung von immer mehr Menschen.“ Anita Frühwald, BNP Paribas

Faktorenab. Esistunkla­r, wasmitdem Brexit passiert. Noch kritischer ist die Lage in italien. Die populistis­c he regierung hat durch die deutlich steigende Neuverschu­ldung diezinsen für italienisc­he Staatsanle­ihen auf das Doppelte erhöht. Wenndielag­e eskaliert, könnte das die nächste Krise der Eurozone auslösen. Amgefährli­chsten istausglob­aler Sicht der von Us-präsident Donald Trump ausgelöste Handelskon­flikt. Hier standen die Zeichenanf­ang November zwar wieder auf Entspannun­g, was aber angesichts von Trumps Sprunghaft­igkeit nicht viel heißt.

BREITE STREUUNG.

Wosoll man nun investiere­n? Die Erfahrunge­n der ver- g an genen jahre sprechen für eine breite globale Streuung. Mit Welt aktienfond­s ließ sich in denv ergangenen zehn jahren das geld mehr als verdoppeln. Konservati­vere Anleger sind zum Beispiel mit speziellen Dividenden aktienfond­s gut aufgehoben, die sich auf unternehme­n mit überdurchs­chnittlich­en Ausschüttu­ngen konzentrie­ren. Tendenziel­l sicherer ist das Geld auch in Branchen angelegt, die weniger von der Konjunktur abhängen. Dazugehöre­n lebensnotw­endige Bereiche wie die Gesundheit, außerdem die Ernährung oder die Wasservers­orgung. Hier, so Anita Frühwald, die Österreich-fondschefi­n von BNP Paribas,spielena spe kt eder nachhal- tigkeit eine wichtige Rolle, zum Beispiel beim Themenfond­s Parvest Aqua (ISIN LU11651354­40): Frühwald: „Jedes Jahr müssen zusätzlich 80 Millionen menschen versorgt werden. Dementspre­chend steigt der Bedarf an sauberem Trinkwasse­r .“

TECHNOLOGI­E-AKTIEN.

Auf der anderen Seite der Risikoskal­a stehen Technologi­e-aktien. Diese sind in den vergangene­n Jahren sehr stark gestiegen und werden auch langfristi­g weiter dynamisch wachsen. Doch kurzfristi­g ist die Börse keine Einbahnstr­aße, wenn die hohen Erwartunge­n enttäuscht werden: Obwohl der Onlinehänd­ler Amazon, ein High-flyer des Jahres 2018, den Umsatz imdritten Quartal um 29 Prozent steigerte und den Gewinn vervielfac­hte, hatten die anleger noch mehr erhofft. Die Aktie verlor dadurch imoktober zwischenze­itlich ein Viertel des Kurswertes. Wer in diesen Sektor mit gebremstem Risiko einsteigen will, ist mit einem Fondssparp­lan gut bedient (das gilt übrigens generell für alle Aktienfond­s).

SCHWELLENL­ÄNDER.

Besonders zu kämpfen hatten heuer die Börsen der Schwellenl­änder. Es gab einige Krisenländ­er wie die Türkei, außerdem litt besonders China unter dem Handelskon­fliktmitde­nusa. Samvecht, Manager des Blackrock Strategic Funds Emerging Markets (LU12899700­86), sieht die Aktien wieder so günstig wie im Jahr 2016: „Die Unternehme­nsgewinne entwickeln sich generell positiv. Wirsuchen jetzt in vielenmärk­ten nach dem besten Einstiegsz­eitpunkt.“Bisher hat Vecht das Timing gut erwischt. Mit einer Durchschni­ttsrendite von 14,1 Prozent pro Jahr ist er derzeit laut morningsta­r. at der beste Fonds für Schwellenl­and-aktien im Dreijahres­vergleich. Heuer liegt er, Stand Anfang November, mit 5,1 Prozent im Plus. Die Konkurrenz­fonds haben durchschni­ttlich 12 Prozent verloren. Doch auch solche Verluste sind an der Börse rasch aufholbar. Wenn der Wind für die Schwellenl­änder dreht, könnten diese 2019 wieder zu den besten Investment­s zählen. – MARTIN KWAUKA

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