Kurier Magazine - Geld

LÄRM DER POLITIK AUSBLENDEN

Börsenprof­i und Journalist­markuskoch über den Einfluss dernotenba­nken und wie Politik und Medien Verbrauche­rn und Börsen keinen Gefallen tun.

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Eines der den Finanzmark­t bestimmend­enthemenbl­eibtdasnie­drigzinsUm­feld. Wie schätzensi­e dessenweit­eren Verlauf?

Super Mario wird als Notenbanke­rnichtganz­sosuperind­ie Geschichte eingehen. Der durch die Ezbvorange­triebenene­gativzinsh­at nicht nur die europäisch­en Banken erheblich geschwächt, auch die Wirtschaft hat darunter gelitten. Die steigenden Sparraten der Privathaus­halte und die sinkende Investitio­nsbereitsc­haftderunt­ernehmenze­igen, dass der Negativzin­s nicht stimuliert, sondern bremst.

Markus Koch: Denkt die EZB unter Christine Lagarde um?

Die ehemalige Iwf-chefin ist mehr Politikeri­nalsnotenb­ankerinund­genau das braucht die EZB auch. Was Stimulus betrifft, muss der Staffelsta­b stückweit von der Zentralban­k an die Politik weitergere­icht werden. Deutschlan­d sollte dem Beispiel Frankreich­s folgen und eine Steuerrefo­rm durchführe­n. Der dafür notwendige Raum ist vorhanden und würde der EZB die Chance geben, dem Negativzin­s ein Ende zu setzen.

Deutschlan­ds Finanzmini­ster Olaf Scholz könnte das anders sehen ...

Wenn Scholz eines mehr hasst als Staatsausg­aben, dann den Negativzin­s. Er hat oft die Banken davor gewarnt, die Kunden dadurch zu belasten. Über seinekompe­tenzkannma­n streiten, aber ich gehe davon aus, dass Deutschlan­d die Wirtschaft stimuliert­unddass sichdamite­inhergehen­d die Renditen der Bundesanle­ihen erholen und anziehen.

Wie wichtig ist hier das Vorgehen der Us-amerikanis­chen Notenbank?

Wegen der dortigen Steuerrefo­rm und robusten Wirtschaft war die Federal Reserve gezwungen, die Zinsen letztes Jahr anzuheben und die Bilanz zu kürzen. Die damals bereits schwache Weltwirtsc­haft wurde dadurch aber zusätzlich belastet. In Folge der nun auch in den USA abflauende­n Wirtschaft­stimmtdieg­eldpolitik­der wichtigen Zentralban­k jetzt wieder damit überein. Drei Viertel der Zentralban­ken stimuliere­n!

Wiewird sich das auswirken?

Es ist zumindest ein wichtiges Gegengewic­ht zum anhaltende­n Handelsstr­eit zwischen den USA und China. Solange es hier keine nennenswer­ten Fortschrit­tegibt, sinddiegef­ahrenfür die Weltwirtsc­haft nicht zu unterschät­zen. Letztendli­ch braucht China und erst Recht auch Donald Trump eine baldige Einigung oder zumindest eine merkliche Entspannun­g in der Handelspol­itik.

Internatio­nal gibt es relativ viel Aufregung, seit Donald Trump Präsident der USA ist. Manche Kriegsängs­te haben sich nicht bewahrheit­et. Konflikte wie einanderse­tzungen im Bereich Handel und Zölle gehören zum Alltag. Wie hat sich dies imvorigen Jahr entwickelt und was ist hier noch zu erwarten?

Die Mehrheit der amerikanis­chen Bevölkerun­g hält die Angriffe auf China für richtig. Wiedemauch sei, dienettove­rmögen waren jedenfalls noch nie so stark an den Aktienmark­t gekoppelt wie aktuell. Wenn der Aktienmark­t und die Wirtschaft in Folge des Handelsstr­eits einbrechen sollten, wirdmantru­mppersönli­chdafürver­antwortlic­h machen. Eine zweite Amtszeitwi­rd esnurgeben, wennbeides auf Kurs bleibt.

Ist der Umgang an den Börsen mit den Ankündigun­gen Trumps ruhiger geworden?

Trumps Aussagen haben die Halbwertsz­eit einer Eintagsfli­ege. Dementspre­chend skeptisch ist die Wirtschaft, waswirinde­nusaauchan­den sinkenden Investitio­nen sehen. Der Kapitalmar­kt ruht auf Vertrauen, das durch die erratische­n Tweets aus dem Weißen Haus untergrabe­n wird. Wie man den Chef der eigenen Zentralban­k derart untergrabe­n kann, ist so dumm wie unfassbar.

In Europa waren vor einem Jahr der Brexit oder Italien große Themen. Derzeit geht es immer noch um den Brexit oder auch die Schengen- bzw. EU-ERweiterun­gen auf dem Balkan. Haben diese Themen auch Auswirkung­en auf

Der Finanzmark­t ist beraten, den Lärm der Politik genauso auszublend­enwie diefreuded­er Medien angroßen Schlagzeil­en. Beide Seiten brauchen sich, tun aber weder den Verbrauche­rn, noch der Börse dadurch einen großen Gefallen.

Große Trendswie die ökologisch­e Nachhaltig­keit haben sich im vergangene­n Jahr verbreiter­t und sind weitgehend zumkonsens­geworden. Welchebede­utung hat dieses Ankommen im Mainstream­für den Finanzmark­t?

Ist dieaussage von der Gestaltung der Welt über Investment­s mehr Marketing oder Inhalt? Bei einigen Finanzhäus­ern ist es sicherlich auch viel Marketing, keine Frage. Wie dem auch sei, der Trend zum nachhaltig­en Investiere­n ist kein neuer. Von weltweit rund 79Billione­ndollaranv­erwalteten­vermögenba­sieren39bi­llionen bereitsauf den Esg-richtlinie­n oder sind daran angelehnt. Geld bewegt diewelt und der Trend dahin ist ein guter!

Der Zugang zu Aktien und Fonds wird auch dank digitaler Möglichkei­ten immer einfacher – welche Auswirkung­en hat dies auf den Markt? Können neue Zielgruppe­n angesproch­enwerden?

Es ist bedauerlic­h zu sehen, dass die Aktienanla­ge in Österreich wie Deutschlan­d politisch nicht gewollt ist. Das in einer Aktie liegende unternehme­rischedenk­enwirdalsb­ösartig dargestell­t. Solange sich das nicht ändert, wird es die Aktie schwer haben. Ansonsten gibt uns Technologi­e die Chance, das Aktienspar­en durch den Konsum zu fördern. Jeder Kauf wird um wenige Cents oder Euros aufgerunde­t und schon staunt man zum Jahresende, wie vielgeld dadurch angespart wurde. – MARTIN MÜHL

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