DIE TRICKS DER ONLINEBETRÜGER
Das Internet wird immer mehr zum Tatort von Finanzbetrügern. Es wird mit Promis in Fake-Anzeigen für schnellen Reichtum geworben, teure Trainings sollen zu hochriskanten Geschäften verleiten und mit immer raffinierteren Methoden werden Kontodaten abgefrag
» Andreas Treichl, der bekannte ExChef der Erste Bank, wirbt angeblich in einem Film auf Facebook für 30 Prozent Renditen – „Bitcoin macht die Menschen reich“. Scheinbar hat auch ORF-Nachrichtensprecher Armin Wolf auf Facebook eine verborgene Masche zu explosionsartig steigendem Wohlstand entdeckt. Und auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz verrät vermeintlich „seine geheime Einkommensquelle“, mit der er auf einer neuen Plattform in sechs Monaten das Geld für ein neues Haus verdiente. Der Haken: Es ist alles Lug und Betrug. Es werden in den Fake-Anzeigen die Bilder der ahnungslosen Promis missbraucht, im Hintergrund versucht eine andere Stimme, durch vollmundige Versprechen potenzielle Opfer zu gewinnen. Auch die Beteuerung, mit 250 Euro mit Amazon-Aktien in 30 Tagen stolze 16.940 Euro gewinnen zu können, ist immer wieder zu sehen. So und ähnlich häufen sich Inserate in den sozialen Medien und sogar auf den Online-Seiten seriöser Tageszeitungen. Natürlich ist das alles getürkt. Im besten Fall soll ahnungslosen Opfern durch teure und hochriskante Spekulationsgeschäfte das Geld aus der Tasche gezogen werden, im schlimmsten Fall ist es reiner Finanzbetrug. Und Facebook spielt mehr oder weniger ahnungslos mit: Wer solche Anzeigen anklickt, dem werden immer häufiger solche oder ähnlich dubiose Offerte angezeigt. Das erste Ziel solcher Online-Werbung sind die persönlichen Kontaktdaten, um dann die Interessenten am Telefon weichzukochen. Fiona Springer, Leiterin der Verbraucherinformation bei der Finanzmarktaufsicht FMA: „Es kommt immer wieder vor, dass Menschen ihre Daten im Internet eingeben und dann angerufen werden.“Natürlich gibt es auch zahllose Betrüger, die von vornherein nur auf den Telefonkontakt setzen, um dann das Blaue vom Himmel zu versprechen.
DEUTLICHER ANSTIEG. Viele dieser Betrugsfälle landen dann bei der FMA. Seit Beginn der Covid-19Pandemie ist generell ein deutlicher Anstieg der Betrugsfälle zu verzeichnen, zum Beispiel mit immer raffinierter gestalteten Phishing-Aktivitäten. Das sind Versuche, Personen zur Preisgabe vertraulicher Konto informationen zu verleiten. Bei vielen Methoden dreht es sich weiterhin um Investitionen in Krypto-Produkte. Die Schadenssummen sind erschreckend hoch. FMA-Expertin Springer :„ Der durchschnittliche Verlust liegt heuer derzeit bei 35.000 Euro. Der höchste Schaden war letztes Jahr 660.000 Euro, heuer sogar 800.000 Euro.“Die gemeldeten Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs. Viele Geschädigte melden sich aus Scham gar nicht erst. Manche Opfer tappen sogar gleich mehrfach in die Falle, etwa beim Autoritätsbetrug. Springer :„ Bei 50 Prozent aller, die sich zum Anlagebetrug bei uns gemeldet haben, war das Thema der ,AuthorityFraud’, bei welchem sich Betrüger als Mitarbeiter der FMA, der Österreichischen Nationalbank oder auch der deutschen Finanzmarkt aufsichtBaF in ausgaben. Diese vermeintlichen FMA-Mitarbeiter kontaktieren zumeist jene Leute, die bereits einmal Betrugsopfer geworden sind und versprechen diesen, ihr verlorenes Investment zurückzuholen. Dafür müssen
die Opfer aber ihre Daten, Bankverbindung und so weiter bekannt geben, oder auch vorab eine Bearbeitungsgebühr bezahlen – das nennt man dann Anschlussbetrug oder Nachschussbetrug.
GROSSE, LEERE VERSPRECHEN. Nicht immer geht es um große Summen. Es gibt zahlreiche Personen und Unternehmen, die bewerben, dass sie das beste Konzept kennen, um ganz schnell zu viel Geld zu kommen. FMA-Expertin Springer: „Dabei werden vor allem jungen Leuten Abonnements für Webinare, Trainings oder sonstige Finanzschulungen angeboten, die oft mehrere Hundert Euro kosten. Damit die Unternehmen schneller zu vielen Kunden kommen, bedienen sie sich zusätzlich eines sogenannten Multi Level Marketings.“Bei solchen Pyramiden-Strukturvertrieben werden Kunden teilweise Abonnement-Kosten erlassen, wenn sie dafür weitere Kunden anwerben.
Inhaltlich werden den Abonnenten insbesondere über Videos und Apps zunächst allgemeine Informationen gegeben, die man auch bei seriösen Anbietern findet. Manche der Tipps sind durchaus berechtigt – zum Beispiel sich einen Überblick über die eigenen Einnahmen und Ausgaben zu verschaffen. Dann werden die Kunden häufig in Richtung von Zocker-Veranlagungen gelenkt. Springer: „Es folgen meist Informationen zum Handel mit Währungs produkten, binären Optionen und Krypto-Assets. Solche Produkte sind risikoreich, sehr komplex ausgestaltet und tragen ein sehr hohes Verlustpotenzial.“Den Abonnenten wird dann ganz im Gegenteil der Eindruck vermittelt, sie müssten nichts weiter tun, als den allgemeinen Produkt empfehlungen des Anbieters zu folgen und könnten so „über Nacht“Geld verdienen. Häufig wird in diesem Zusammenhang auch der Begriff „passives Einkommen“verwendet. Der Handel mit diesen Produkten wird auch oft so dargestellt, dass es bisher nur vermögenden Personen und Banken möglich gewesen sei, ihren Reichtum zu vermehren und man nun auch dem Durchschnittsbürger Zugang zu dieser Möglichkeit der leichten Geldvermehrung gebe. FMA-Konsumentenschützerin Springer: „Wir können nur warnen. Diese Unternehmen werden nicht durch die Finanzmarktaufsicht beaufsichtigt.“
Teure Schulungen sollen zu hochriskanten Anlagen mit hohem Verlustpotenzial locken.
Fiona Springer, Betrugsexpertin der Finanzmarktaufsicht FMA
IMMER NEUE METHODEN. Eines ist sicher: Die Täter sind sehr flexibel und entwickeln laufend neue Betrugssysteme. Die aktuellsten Tricks der Finanzbetrüger sind auf der FMA-Seite https://www.fma.gv.at/finanzbetrueger-erkennen aufgeführt. Und ganz gleich, mit welchen neuen Drehs die Täter arbeiten, gelten zwei goldene Regeln zur Vorsicht: Es gibt keine risikolosen Wege zu schnellem Reichtum. Und was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist fast immer gelogen.
– MARTIN KWAUKA