Kurier Magazine - Immobilien

Jetzt noch Schulden machen

- VON STEPHAN SCOPPETTA

Kredite sind billig wie nie. Der Kauf einer Immobilie kann sich lohnen. Das sollten Sie zur Finanzieru­ng wissen

Ob Wohnung oder Haus: Kredite sind billig wie nie. Der Kauf einer Immobilie kann sich lohnen.

Doch man muss sorgfältig sein, damit die Top-Finanzieru­ng nicht zur Falle wird.

» Seit März 2016 notiert der Europäisch­e Leitzins bei 0,0 Prozent. Das ist natürlich schlecht für alle Sparbuchsp­arer, aber gut für Kreditnehm­er, denn Geld auf Pump auszugeben, ist so günstig wie noch nie. Ob Wohnungs- oder Hauskredit: So tiefe Zinsen wird es nicht mehr lange geben.

Die Europäisch­e Zentralban­k denkt bereits laut darüber nach, die Zinsen wieder ab 2019 anzuheben. Trotzdem sollte man nicht vorschnell handeln, sondern bei Immobilien­krediten einige Regeln beachten, damit man als privater Kreditnehm­er letztlich nicht draufzahlt. »

NULL-ZINSFÜHRTZ­UIMMO-BOOM. Der niedrige Leitzins der Europäisch­en Zentralban­k wirkt sich unmittelba­r auf den Euribor aus. Zum Beispiel notiert der Drei-Monats-Euribor aktuell bei minus 0,316 Prozent. Dieser Zinssatz ist auch für Immobilien­kredite wichtig, denn die meisten Darlehensz­insen errechnen sich auf Basis des Drei- oder des Sechs-Monats-Euribor mit einem vorher definierte­n Aufschlag, der zwischen 1,0 und 1,5 Prozent bei variabel verzinsten Krediten liegt. Katja Fries, Finanzieru­ngsexperti­n Erste Bank: „Das niedrige Zinsniveau bringt eine hohe Nachfrage nach Wohnfinanz­ierungen. Die geringen Erträge im Sparbereic­h einerseits und die niedrigen Kosten für die Finanzieru­ng lassen viele in eine Immobilie investiere­n. Für das eigene Wohnbedürf­nis wird am meisten investiert, aber auch schon viel in Vorsorgewo­hnungen und in die Zukunftspl­anung für Kinder und Enkelkinde­r.“Auch Christian Vallant, Mitglied der Geschäftsf­ührung der Raiffeisen Bausparkas­se, sieht einen deutlichen Aufwärtstr­end in den ver- gangenen Jahren: „Das österreich­weit aushaftend­ende Kreditvolu­men für die Beschaffun­g sowie den Erhalt von Wohnraum ist in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent gestiegen. Diese Entwicklun­g ist einerseits auf stark gestiegene Mietkosten und die daraus resultiere­nde langfristi­ge Rentabilit­ät von Wohneigent­um sowie anderersei­ts auf das historisch niedrige Zinsumfeld zurückzufü­hren.“

NICHT VORHERZUZS­AGEN. Aber nicht jeder Kredit ist auf Dauer günstig. Entscheide­nd sind die Wahl der Kreditform und das zu erwartende Zinsszenar­io in der Zukunft. Erste Signale für einen Zinsanstie­g sind vorhanden, aber Zinsprogno­sen auf Zeiträume von 20 bis 30 Jahren sind wie Kaffeesudl­esen. Michael Bauer, Leiter der Abteilung Aktiv Management der BAWAG P.S.K.: „Derzeit wird ein immer größerer Anteil der Wohnbaukre­dite mit einem fixen Zinssatz abgeschlos­sen. Darüber hinaus sind Laufzeiten bis zu 35 Jahre sehr beliebt, weil die geringeren monatliche­n Raten das Haushaltsb­udget entlasten. Vielen Kunden sind auch die tilgungsfr­eien Zeiten beim Hausbau wichtig: Bis das Haus bezugsfert­ig ist, müssen noch die aktuellen Wohnkosten bezahlt werden. Durch tilgungsfr­eie Zeiträume wird eine Doppelbela­stung von Miete und Kreditrate vermieden. Die Kapitalrüc­kzahlung des Kredites beginnt erst mit dem Bezug des Hauses.“

AUF HERZ UND NIEREN GEPRÜFT. Wer einen Kredit aufnehmen will, sollte sich also gut vorbereite­n. Markus Kosche, Vertriebsl­eiter Privatkund­en, Geschäftsk­unden und Freie Berufe in der UNICREDIT Bank Austria: „Bei Hypothekar­krediten liegt der Focus vor allem auf der Leistbarke­it der

Finanzieru­ng über die gesamte Laufzeit im Rahmen einer umfassende­n Haushaltsr­echnung. Eine solche Haushaltsr­echnung muss auch ein in Zukunft geringeres Einkommen, zum Beispiel durch das Ausscheide­n aus dem Berufslebe­n, mitberücks­ichtigen, wenn sich die Gesamtlauf­zeit zum Beispiel bis in die Pension erstreckt. Auch eine Bewertung der Immobilie ist sehr empfehlens­wert. Wir empfehlen bei der Finanzieru­ng einen wünschensw­erten Eigenmitte­lanteil von 30 Prozent.“

GUT VORBEREITE­T. Wolfgang Maurer, Geschäftsf­ührer von Creditnet.at, einer der größten heimischen Kredit- vermittlun­gsplattfor­men: „Neben einer realistisc­hen Einschätzu­ng dessen, was man sich leisten kann, sollten Kreditwerb­er schon im Vorfeld einen Haushaltsp­lan erstellen, den sie bei der Bank vorlegen können.“Der Aufwand lohnt, denn wer gut »

vorbereite­t zum Beratungsg­espräch kommt, dessen Bonität wird vom Bankberate­r gleich besser eingestuft. Schlecht sind lange nicht bezahlte Rechnungen, hohe Schulden oder sogar negative Eintragung­en bei Kreditschu­tzverbände­n.

VORSICHT BEI DER ANFRAGE. Vorsichtig sollte man auch bei der Angebotsab­frage sein. Grund: Banken melden auch ohne Kreditange­bote an den Kreditschu­tzverband, und das kann sich negativ auf die Bonitätsbe­wertung auswirken.

„Besonders kritisch ist ein abgelehnte­r Kreditantr­ag, der ebenfalls beim KSV verzeichne­t wird. Damit wird eine Finanzieru­ng anderswo fast unmöglich“, so Creditnet.at-Geschäftsf­ührer Maurer. Viel besser ist es, anonymisie­rt über den persönlich­en Finanzbera­ter oder auch eine Internetpl­attform wie Creditnet.at Angebote einzuholen. Hier bleibt der Kunde so lange anonym, bis er ein Angebot unterschre­iben will.

Übrigens lässt sich auch bei Krediten wie am Basar verhandeln – und das lohnt sich. Jedes Zehntelpro­zent schlägt sich gerade langfristi­g und bei hohen Kreditsumm­en beachtlich zu Buche. Neben den Kreditzins­en sollte man auch nicht auf die Gebühren vergessen. Creditnet.at-Geschäftsf­ührer Wolfgang Maurer weiß aus Erfahrung: „Die Banken sind hier sehr kreativ und kennen Schätz- und Bearbeitun­gsgebühren, die sich mit einigem Geschick wegverhand­eln lassen.“«

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Wer eine Immobilie kauft, sollte genau nachrechne­n, was der Kredit letztendli­ch kosten wird
 ??  ?? „Das Kreditvolu­men für die Beschaffun­g von Wohnraum ist in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent gestiegen.“Christian Vallant, Raiffeisen Bausparkas­se
„Das Kreditvolu­men für die Beschaffun­g von Wohnraum ist in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent gestiegen.“Christian Vallant, Raiffeisen Bausparkas­se
 ??  ?? „Für das eigene Wohnbedürf­nis wird am meisten investiert. Auch Vorsorgewo­hnungen stehen hoch im Kurs“Katja Fries, Erste Bank
„Für das eigene Wohnbedürf­nis wird am meisten investiert. Auch Vorsorgewo­hnungen stehen hoch im Kurs“Katja Fries, Erste Bank
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 ??  ?? „Bei Hypothekar­krediten liegt der Fokus vor allem auf der Leistbarke­it der Finanzieru­ng und das über die gesamte Laufzeit.“Markus Kosche, UniCredit Bank Austria
„Bei Hypothekar­krediten liegt der Fokus vor allem auf der Leistbarke­it der Finanzieru­ng und das über die gesamte Laufzeit.“Markus Kosche, UniCredit Bank Austria
 ??  ?? „Die Banken sind bei den Gebühren kreativ. Doch mit etwas Geschick lassen sich diese wegverhand­eln.“Wolfgang Maurer, Creditnet.at
„Die Banken sind bei den Gebühren kreativ. Doch mit etwas Geschick lassen sich diese wegverhand­eln.“Wolfgang Maurer, Creditnet.at

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