Jetzt noch Schulden machen
Kredite sind billig wie nie. Der Kauf einer Immobilie kann sich lohnen. Das sollten Sie zur Finanzierung wissen
Ob Wohnung oder Haus: Kredite sind billig wie nie. Der Kauf einer Immobilie kann sich lohnen.
Doch man muss sorgfältig sein, damit die Top-Finanzierung nicht zur Falle wird.
» Seit März 2016 notiert der Europäische Leitzins bei 0,0 Prozent. Das ist natürlich schlecht für alle Sparbuchsparer, aber gut für Kreditnehmer, denn Geld auf Pump auszugeben, ist so günstig wie noch nie. Ob Wohnungs- oder Hauskredit: So tiefe Zinsen wird es nicht mehr lange geben.
Die Europäische Zentralbank denkt bereits laut darüber nach, die Zinsen wieder ab 2019 anzuheben. Trotzdem sollte man nicht vorschnell handeln, sondern bei Immobilienkrediten einige Regeln beachten, damit man als privater Kreditnehmer letztlich nicht draufzahlt. »
NULL-ZINSFÜHRTZUIMMO-BOOM. Der niedrige Leitzins der Europäischen Zentralbank wirkt sich unmittelbar auf den Euribor aus. Zum Beispiel notiert der Drei-Monats-Euribor aktuell bei minus 0,316 Prozent. Dieser Zinssatz ist auch für Immobilienkredite wichtig, denn die meisten Darlehenszinsen errechnen sich auf Basis des Drei- oder des Sechs-Monats-Euribor mit einem vorher definierten Aufschlag, der zwischen 1,0 und 1,5 Prozent bei variabel verzinsten Krediten liegt. Katja Fries, Finanzierungsexpertin Erste Bank: „Das niedrige Zinsniveau bringt eine hohe Nachfrage nach Wohnfinanzierungen. Die geringen Erträge im Sparbereich einerseits und die niedrigen Kosten für die Finanzierung lassen viele in eine Immobilie investieren. Für das eigene Wohnbedürfnis wird am meisten investiert, aber auch schon viel in Vorsorgewohnungen und in die Zukunftsplanung für Kinder und Enkelkinder.“Auch Christian Vallant, Mitglied der Geschäftsführung der Raiffeisen Bausparkasse, sieht einen deutlichen Aufwärtstrend in den ver- gangenen Jahren: „Das österreichweit aushaftendende Kreditvolumen für die Beschaffung sowie den Erhalt von Wohnraum ist in den letzten fünf Jahren um rund 20 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung ist einerseits auf stark gestiegene Mietkosten und die daraus resultierende langfristige Rentabilität von Wohneigentum sowie andererseits auf das historisch niedrige Zinsumfeld zurückzuführen.“
NICHT VORHERZUZSAGEN. Aber nicht jeder Kredit ist auf Dauer günstig. Entscheidend sind die Wahl der Kreditform und das zu erwartende Zinsszenario in der Zukunft. Erste Signale für einen Zinsanstieg sind vorhanden, aber Zinsprognosen auf Zeiträume von 20 bis 30 Jahren sind wie Kaffeesudlesen. Michael Bauer, Leiter der Abteilung Aktiv Management der BAWAG P.S.K.: „Derzeit wird ein immer größerer Anteil der Wohnbaukredite mit einem fixen Zinssatz abgeschlossen. Darüber hinaus sind Laufzeiten bis zu 35 Jahre sehr beliebt, weil die geringeren monatlichen Raten das Haushaltsbudget entlasten. Vielen Kunden sind auch die tilgungsfreien Zeiten beim Hausbau wichtig: Bis das Haus bezugsfertig ist, müssen noch die aktuellen Wohnkosten bezahlt werden. Durch tilgungsfreie Zeiträume wird eine Doppelbelastung von Miete und Kreditrate vermieden. Die Kapitalrückzahlung des Kredites beginnt erst mit dem Bezug des Hauses.“
AUF HERZ UND NIEREN GEPRÜFT. Wer einen Kredit aufnehmen will, sollte sich also gut vorbereiten. Markus Kosche, Vertriebsleiter Privatkunden, Geschäftskunden und Freie Berufe in der UNICREDIT Bank Austria: „Bei Hypothekarkrediten liegt der Focus vor allem auf der Leistbarkeit der
Finanzierung über die gesamte Laufzeit im Rahmen einer umfassenden Haushaltsrechnung. Eine solche Haushaltsrechnung muss auch ein in Zukunft geringeres Einkommen, zum Beispiel durch das Ausscheiden aus dem Berufsleben, mitberücksichtigen, wenn sich die Gesamtlaufzeit zum Beispiel bis in die Pension erstreckt. Auch eine Bewertung der Immobilie ist sehr empfehlenswert. Wir empfehlen bei der Finanzierung einen wünschenswerten Eigenmittelanteil von 30 Prozent.“
GUT VORBEREITET. Wolfgang Maurer, Geschäftsführer von Creditnet.at, einer der größten heimischen Kredit- vermittlungsplattformen: „Neben einer realistischen Einschätzung dessen, was man sich leisten kann, sollten Kreditwerber schon im Vorfeld einen Haushaltsplan erstellen, den sie bei der Bank vorlegen können.“Der Aufwand lohnt, denn wer gut »
vorbereitet zum Beratungsgespräch kommt, dessen Bonität wird vom Bankberater gleich besser eingestuft. Schlecht sind lange nicht bezahlte Rechnungen, hohe Schulden oder sogar negative Eintragungen bei Kreditschutzverbänden.
VORSICHT BEI DER ANFRAGE. Vorsichtig sollte man auch bei der Angebotsabfrage sein. Grund: Banken melden auch ohne Kreditangebote an den Kreditschutzverband, und das kann sich negativ auf die Bonitätsbewertung auswirken.
„Besonders kritisch ist ein abgelehnter Kreditantrag, der ebenfalls beim KSV verzeichnet wird. Damit wird eine Finanzierung anderswo fast unmöglich“, so Creditnet.at-Geschäftsführer Maurer. Viel besser ist es, anonymisiert über den persönlichen Finanzberater oder auch eine Internetplattform wie Creditnet.at Angebote einzuholen. Hier bleibt der Kunde so lange anonym, bis er ein Angebot unterschreiben will.
Übrigens lässt sich auch bei Krediten wie am Basar verhandeln – und das lohnt sich. Jedes Zehntelprozent schlägt sich gerade langfristig und bei hohen Kreditsummen beachtlich zu Buche. Neben den Kreditzinsen sollte man auch nicht auf die Gebühren vergessen. Creditnet.at-Geschäftsführer Wolfgang Maurer weiß aus Erfahrung: „Die Banken sind hier sehr kreativ und kennen Schätz- und Bearbeitungsgebühren, die sich mit einigem Geschick wegverhandeln lassen.“«