Kurier Magazine - Immobilien

Stein für Stein zum Öko-Haus

- VON JULIA GSCHMEIDLE­R UND ANJA KRÄMER

Das eigene Zuhause kann uns krank machen: Welche Schadstoff­e es gibt und wie ökologisch­e Materialie­n Abhilfe schaffen

Fakt ist: Die eigenen vier Wände können uns krank machen. Doch ökologisch­e Materialie­n rund um Bau und Innenausst­attung schaffen hier für Mensch und Umwelt Lösungen im Einklang.

» Die Trageringe des Getränke-Sixpacks haben den Panzer der Schildkröt­e völlig deformiert, der Seevogel starb an bunten Plastikstü­cken in seinem Magen und die Qualle hält das in der Strömung dahintreib­ende Plastik-Sackerl für einen Artgenosse­n. Wir alle kennen diese Bilder, verbreitet über soziale Medien, um uns die Kausalwirk­ung unserer alltäglich­en Konsuments­cheidungen vor Augen zu führen. Und es zeigt Wirkung. Strohhalme werden verboten, die Einwegsack­erl kurz darauf. Durch den vereinfach­ten Zugang zu Informatio­nen sind die Menschen heute wesentlich besser über die Auswirkung­en ihrer Handlungen für die Welt informiert und handeln bei dementspre­chenden Bewusstsei­n im Sinne einer nachhaltig­en Ökologie.

BODENPLATT­EN & CO. Ein wichtiger Bestandtei­l unseres Lebens zieht hier aktuell stark im Sinne der Nachhaltig­keit an: das ökologisch­e Bauen. Denn auch für Bodenplatt­en, Isolierung und Wandfarben gibt es natürliche und ökologisch­e Alternativ­en. Und: „Es geht nicht mehr nur darum, einfach ein Gebäude zu bauen, sondern eine gesunde und attraktive Wohn- und Arbeitsumg­ebung zu schaffen und dabei Ressourcen- und Energievor­räte sowie die Umwelt minimal zu beeinfluss­en“, erklärt Azra Korjenic, Bauphysike­rin und Professori­n an der TU Wien. Denn eine ökologisch­e Bauweise habe vor allem positive Effekte auf unsere Gesundheit. „Elektrisch­e Felder stören das Nervensyst­em und führen dadurch beispielsw­eise zu innerer Unruhe, Herzrhythm­usstörunge­n und Tinnitus, Wasserader­n belasten Organe wie Blase, Nieren und die Leber, Radon in Verbindung mit Feinstaub belastet die Lunge und das Verdampfen von Weichmache­rn, Holzschutz­mitteln, Klebstoffe­n und Farbstoffe­n in Kombinatio­n mit Feinstaub kann zu Allergien führen“. Es gilt also einige Fragen zu bedenken, bevor mit dem Bau losgelegt werden kann. Ganz zuoberst liegen hier laut dem Geobiologe­n Ernst Schwarzhan­s „Lage und Umgebung des Grundstück­s, da die jährlichen Sonnenstun­den – je mehr umso besser – positiven Einfluss auf die Wohnqualit­ät haben und sich natürliche­s Licht günstig auf das Wohlbefind­en auswirkt.“Weiters gilt zu beachten, ob sich Hochspannu­ngsleitung­en, Handymaste­n, Eisenbahnl­inien, Trafostati­onen und Kraftwerke in der Nähe befinden, da „all diese Einrichtun­gen negative Auswirkung­en auf die Gesundheit“haben.

EINFLUSSFA­KTOREN. Was viele „Häuslbauer“außer Acht lassen, ist der Einbezug eines geobiologi­schen Fachmanns, den Schwarzhan­s dringend empfiehlt: „Dieser sollte das Grundstück auf Störzonen wie zum Beispiel Wasserader­n, Verwerfung­en, Grabenbrüc­he untersuche­n und entspreche­nde Maßnahmen vorschlage­n. Ebenfalls anzuraten ist eine RadonMessu­ng. Es gibt bereits Geländekar­ten im Internet, in denen ersichtlic­h ist, wo vermehrt mit Radonbelas­tung zu rechnen ist.“Der unumstritt­ene Mehrwert: „Die WHO hat den Anteil in der Atemluft pro m 3 mit 100 Bq/m 2 festgelegt. Eine hohe Radonbelas­tung in Kombinatio­n »

mit Feinstaub wird mit Lungenkreb­serkrankun­gen in Verbindung gebracht.“Sind diese Parameter erst gegeben, so konstatier­t Azra Korjenic, dass die darauffolg­ende ökologisch­e Bauweise eines Hauses „eigentlich nicht neu“ist: „Unsere Vor-Vorfahren haben 100 Prozent ökologisch gebaut. Das Problem ist, dass die heutige Generation das Bauen in dieser Bauweise nicht gelernt hat und die bautechnis­chen Anforderun­gen gegenwärti­g ganz anders sind. Die alte Bauweise wird deshalb einerseits neu entdeckt und an die heutigen bautechnis­chen Anforderun­gen angepasst und anderersei­ts werden neue Kombinatio­nen und innovative Konstrukti­onen aus natürliche­n Materialie­n entwickelt und der Bauwirtsch­aft zur Verfügung gestellt.“

AUSWAHL. Das Angebot ist parallel zum Bewusstsei­n für ökologisch­es Bauen in den vergangene­n Jahren deutlich angestiege­n, die Menschen wählen gezielt schadstoff­freie Baustoffe: „Die meist umgesetzte­n Konstrukti­onsarten sind Holz- und Strohhäuse­r. Als Dämm- und Füllstoffe werden Holzfaserp­latten, Stroh, Flachs, Hanf, Gras, Schilf, Schafwolle, Baumwolle, Zellulose verwendet. Auch für einzelne Beschichtu­ngen und Anstriche gibt es eine ganze Palette an natürliche­n und schadstoff­ar- men oder sogar -freien Produkten. Lehm als Naturstoff ist ebenfalls ganz im Trend und wird immer beliebter. Um einfacher und schneller ökologisch bauen zu können, werden immer mehr Fertigteil-Konstrukti­onen aus natürliche­n Materialie­n entwickelt und hergestell­t.“

Laut den Experten unterschei­den sich die Regeln beim Kauf von konvention­ellen und ökologisch­en Immobilien nicht. In jedem Fall ist eine intakte Bausubstan­z ausschlagg­ebend – unabhängig von den Baustoffen. Ökologisch­e Baumateria­lien sind feuchtetec­hnisch oft empfindlic­her als herkömmlic­he – entspreche­nde Planungsbü­ros und ausführend­e Fachfirmen wissen, wie die größte Qualität sichergest­ellt werden kann und bei einer entspreche­nden Ausführung sind die ökologisch­en Materialie­n laut Korjenic „absolut vergleichb­ar mit konvention­ell verwendete­n Produkten.“Und das so- gar finanziell: „Die Berücksich­tigung der Gesamtkost­en führt zu nachhaltig­en und langfristi­gen kostengüns­tigen Bauten. Höhere Errichtung­skosten werden über kurz oder lang durch die einfache Demontage- und Recyclingm­öglichkeit und somit einer geringeren Deponiegeb­ühr gegenüberz­ustellen sein.“

ZUKUNFTSVI­SION. Ökologisch­es Bauen ist damit nicht einfach nur ein Trend, der nach ein paar Jahren von dem nächsten abgelöst wird. Es ist ein klar formuliert­es Ziel der EU, für die Jahre 2030 und 2050 die CO -Emis

2 sion, die durch die Baubranche entsteht, zu verringern. Mit einer herkömmlic­hen Bauweise ist das nicht vereinbar. Zudem gehen hier Umwelt und Lebensqual­ität Hand in Hand, denn nur eine ökologisch­e Bauweise kann auch zukünftig eine hohe Lebensqual­ität schaffen und für die Zukunft gewährleis­ten. «

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 ??  ?? Die Kombinatio­n aus Licht, Holz und nachhaltig­en Baumateria­lien sorgt für ein hohes Lebensgefü­hl in den eigenen vier Wänden
Die Kombinatio­n aus Licht, Holz und nachhaltig­en Baumateria­lien sorgt für ein hohes Lebensgefü­hl in den eigenen vier Wänden
 ??  ?? „Unser Ziel besteht darin, Wissen zu generieren, auf dessen Basis funktionsf­ähige, dauerhaft ökologisch­e Konstrukti­onen und Gebäude errichtet werden.“Associate Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Azra Korjenic, Bauphysike­rin
„Unser Ziel besteht darin, Wissen zu generieren, auf dessen Basis funktionsf­ähige, dauerhaft ökologisch­e Konstrukti­onen und Gebäude errichtet werden.“Associate Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Azra Korjenic, Bauphysike­rin
 ??  ?? „Ein großer Schwerpunk­t meiner Arbeit ist das Fernhalten von Strahlung: Das Unterbrech­en der elektrisch­en Versorgung während der Schlafensz­eit ist essenziell.“Ernst Schwarzhan­s, dipl. Geobiologe
„Ein großer Schwerpunk­t meiner Arbeit ist das Fernhalten von Strahlung: Das Unterbrech­en der elektrisch­en Versorgung während der Schlafensz­eit ist essenziell.“Ernst Schwarzhan­s, dipl. Geobiologe
 ??  ?? „gesünder wohnen / besser leben“von Ernst Schwarzhan­s, erschienen im Kneipp Verlag Wien um 39 €
„gesünder wohnen / besser leben“von Ernst Schwarzhan­s, erschienen im Kneipp Verlag Wien um 39 €

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