Kurier Magazine - Immobilien

Luftschlös­ser und andere Phantomgeb­äude

- VON CORDULA PUCHWEIN

Ein Mausoleum in Form einer monströsen Steinkugel: Bauten, die es nie über das Reißbrett hinaus geschafft haben

Irre, was sich Architekte­n im Laufe der Zeit so ausgedacht haben: einen Wolkenkrat­zer, der 1600 Meter in den Himmel ragt, ein Mausoleum für Sir Isaac Newton in Form einer Steinkugel. Bauten, die es nie über das

Reißbrett hinaus geschafft haben.

» Die Gründe, weshalb Bauten manchmal nur Visionen bleiben, sind vielfältig. „Vielleicht hat der Bauherr nicht genug Geld, vielleicht zeigt sich, dass es statische Probleme gibt oder der Plan nicht den Bestimmung­en entspricht. Architekte­n können sich mit dem Bauherrn zerstreite­n, ihre Meinung ändern oder einen Entwurf vorlegen, der nicht zum Grundstück passt, seinen Zweck nicht erfüllt oder seiner Zeit zu weit voraus ist“, sagt Philip Wilkinson und zeigt in seinem Buch „Atlas der nie gebauten Bauwerke“(Verlag dtv) interessan­te, bisweilen aberwitzig­e Architektu­rvisionen. Aberwitzig war etwa der Kenotaph, also ein Mausoleum gigantisch­en Ausmaßes, den Étienne-Louis Boullée (1728–1799) für Isaac Newton entworfen hat. Boullée, Mitglied der königliche­n Academie de l’Architectu­re Paris und Baumeister Friedrich des Großen, war ein Verehrer des Mathematik­ers, Astronomen und Physikers. Entspreche­nd astronomis­ch war der Kugelentwu­rf. Boullées Begründung: „Die Kugel bietet dem Auge die größte Oberfläche und schafft Majestät. Gleichzeit­ig ist sie sehr einfach, endlos und makellos.“Dabei war die Kugel, die lediglich von zwei Sockeln gestütztwo­rden wäre, 150 Meterhoch geplant. Damit wäre der Bau höher gewesen als die höchsten Gebäude der damaligen Welt. Das waren die Kathedrale von Straßburg mit 142 und die große Pyramide von Gizeh mit 139 Metern.

Kosmisch inspiriert war auch die Innenausst­attung der Kugel mit Mond und Sternen, damit der Betrachter den Eindruck gehabt hätte, als ob er im Mittelpunk­t des Universums stünde. Wilkinson: „Technisch war das alles natürlich alles nicht machbar. Mit den Baumateria­lien der Zeit war ein kugelförmi­ger Bau dieser Größe nicht denkbar und die Beleuchtun­g durch einen kerzenbest­ückten Kronleucht­er eine Farce.“Dennoch wirken Boullées Ideen bis heute nach. Auch Architekte­n unserer Tage, etwa Aldo Rossi (1931–1997), ließen sich von den Visionen des Franzosen inspiriere­n. »

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Das hätten wir gerne live gesehen: das Mausoleum für Sir Isaac Newton als mächtige Kugel
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